Wein in Plastikflaschen - Französische Winzer überwinden ihren Stolz

05.04.2011 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Rieuy-Minervois) - Die Tradition stirbt zuerst an den Ausläufern der Pyrenäen im Südwesten Frankreichs. Die Nachfrage nach leichten unzerbrechlichen Flaschen lässt gallische Winzer ihren Stolz achselzuckend beiseite schieben. „Na ja, Kunststoff-Flaschen sind für mich schwierig, denn die französische Weinkultur hat die Glasflasche mit Naturkork in unseren Genen eingraviert“, sagt Pascal Fernandez, Winzer aus der Pepieux Genossenschaft im Languedoc.

 

Aber Farnandez und weitere 16 Erzeuger, die sich alle um die regionale Kellerei Celliers Jean d´Alibert scharen, sagen, dass es an der Zeit ist, kulturelle Tabus zu überwinden und sich den Anforderungen der Verbraucher zu beugen, wenn sie überleben wollen. „Wir hatten in den letzten 7 Jahren einen stetigen Preisverfall. Aktuell sind die Preise auf den Stand von 2004 gesunken“, sagt Fernandez. „Es ist zwar in 2010 etwas besser geworden, aber das hilft uns nicht.“

Viele in der Region haben bereits aufgegeben. „Erzeuger mit 15 Hektar oder weniger haben heute keine Chance mehr“, erklärt Fernandez. "Dagegen stehen die Großen mit rund 500 Hektar und mit nachhaltig bewirtschafteten Rebflächen. Die kleinen Winzer müssen nach und nach aufgeben. Sie können Ihre Kinder nicht mehr ermutigen in ihre Fußstapfen zu treten - die Zeiten sind zu schwierig."

Angefangen mit dem Abfüllen in Plastik-Flaschen hat das Vermarktungs-Trio Hugh Kevin & Roberts. Ihre erste Bestellung von 75.000 Flaschen erhielt die in Bordeaux, Languedoc-Roussillon und in Neuseeland produzierende Gruppe von Asda, einer britischen Tochter des amerikanischen Mammut-Discounters Walmart. „Es ist mehr als ein Test“, sagt Robert Joseph. „Wir bedienen damit einen neuen Markt.“

Experten der Weinszene bestätigen Roberts Meinung. Die Umstellung auf Plastik-Flaschen resultiert rein aus der Nachfrage, sagen Analysten. Angetrieben von Fluggesellschaften, großen Supermarktketten, Monopolisten aus dem Alkoholbranchen und sogar von Restaurant-Ketten entsteht gerade eine Plastik-Weinkultur. „Die Weinwirtschaft ist auf brutale Art kapitalistisch“, resümiert Roberts Joseph. „Dabei übernehmen wir die Rolle als Leit-Hammel - wir machen einfach nur das, was der Markt will.“

Bedient werden mit den Plastik-Flaschen vorwiegend pragmatische Zecher, die unzerbrechliche Flaschen haben wollen, dazu sollten diese noch unkompliziert zu öffnen und zu schließen sein und leicht sollten sie sein. Außerdem könnten die Plastik-Flaschen auf bestimmten Events oder innerhalb sensiblen Bereichen Zugang finden, wo aus Sicherheitsgründen Glas verboten ist. Dazu sagt Lotte Parsons, Sprecherin der Asda „Die Weine in Plastik-Flaschen werden Sie überall finden, beispielsweise in der Yacht-Szene und insbesondere auch bei Festivals und Konzerten, wo Glasflaschen verboten sind. Allein durch diese Events erwarten wir eine positive Umsatzentwicklung, insbesondere in den kommenden Sommermonaten.“

Distributoren und Händler bezeugen dem Trend positive Signale. Die Plastikflaschen, in der Branche unter dem Namen PET bekannt, würden die Klimabilanz aufhellen und pro Versandeinheit das Gewicht von fünf auf drei Tonnen verringern. „Wir erwarten in 2011 ein Auftragsvolumen von der Asda von 360.000 Flaschen,“ sagt Philippe Lauret, Präsident von Celliers Jean d´Alibert. „Und wir haben noch einen weiteren Auftrag - 150.000 PET-Flaschen gehen nach Finnland an einen Alkohol-Monopolisten.“

„PET-Flaschen sind ideal für die Einstiegsweine, beispielsweise unsere Couleurs du Sud,“ erklärt Franck Autard, CEO des Erzeugers Skalli aus dem Languedoc, deren Produktion von PET-Flaschen von Null in 2009 auf bis zu 2,5 Millionen Flachen in 2010 gesteigert werden konnte. Und Christine Cornil, Export-Managerin für den Languedoc Produzenten Auguste Bonlouis sagt: „Wir haben schon einen Auftrag von 20.000 Flaschen nach den USA abgewickelt und füllen gerade für einen Auftraggeber aus Großbritannien.“

Unaufhörlich setzen sich PET-Flaschen auch in Frankreich durch. Allein in 2010 gingen 1 Million Flaschen an französische Supermärkte, 2 Millionen an die französische Restaurant-Kette Flunch und 50.000 Bio-PET-Flaschen an den französischen Händler Monoprix. „Ich denke wir können beides haben, Plastik- und Glasflasche“, sagt Pascal Fernandez.

Aber es gibt auch Gegenwind. So hat die Gewerkschaft der Winzer des Boujolais ihren Mitgliedern untersagt, PET-Flaschen zu füllen. Dazu sagt Nathalie Berges-Boisset von Grands Vins Jean Claude Boisset: „Als wir überlegten, unsere Beaujolais in PET-Flaschen zu füllen, weil wir auf den Umweltgedanken unserer Kunden in Japan, Kanada und den USA Rücksicht nehmen wollten, reagierten die Verbände und auch andere Produzenten empört. Ich sehe das aber eher entspannt und glaube an die PET´s. Wir sollten uns keine Tabus auferlegen, wir sollten an die Umwelt denken“.

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