Südpfälzer Newcomer
16.11.2011 - R.KNOLL
DEUTSCHLAND (Kleinfischlingen) - „Probier mal, der junge Mann macht gute Weine“, sprach eine liebe Bekannte aus der Pfalz, die von einer Regionalmesse zwei Flaschen Wein mitgebracht hatte. Der Name des Betriebes (Ellermann-Spiegel) sagte Nullkommanichts, der Ort Kleinfischlingen war zumindest dem Namen nach bekannt. Er gehört zur Südpfalz oder Südliche Weinstraße, liegt nicht weit weg von Edenkoben, trat aber weinbaulich trotz einer bis 772 zurück reichenden Weinbaugeschichte bislang nicht sonderlich in Erscheinung.
Ist auch kein Wunder. Die Gegend ist flach, kann keine Hang- oder gar Steillagen vorweisen wie die Fluren in den bekannten und angesehenen Südpfalz-Orten Siebeldingen oder Birkweiler. Ein weinbauliches Aushängeschild in diesen „Masuren der Pfalz“ (so die etwas spöttisch angehauchte Beschreibung von Winzern aus der renommierten Mittelhaardt) ist allenfalls der Süßwein-Spezialist Jürgen Frey in Essingen, der sich auf die Erzeugung von Beeren- und Trockenbeerenauslesen sowie Eiswein spezialisiert hat. Ansonsten: Fehlanzeige...
...aber jetzt nicht mehr. Nach der ersten Bekanntschaft mit zwei Weinen von Jungwinzer Frank Spiegel (prächtiger Weißburgunder, feingliedrige Scheurebe Auslese) war die Neugierde geweckt. Was er nach einer Anforderung schickte, war durchgängig ebenfalls überzeugend: Grauburgunder, Auxerrois, Riesling in den Versionen als Gutswein und mit Goldkapsel sowie Chardonnay aus dem Jahrgang 2010 machten Spaß, eine rote Cuvée zeigte viel Tiefgang und ließ ein gutes Händchen für Rotwein erkennen. Spätburgunder und St. Laurent präsentierten sich als gute Ergänzung im Basis-Sortiment.
Die dazu gehörigen Preise zeigten auf, dass der Bekanntheitsgrad des Weingutes noch gering ist: zwischen 4,50 bis 8 Euro haben Schnäppchencharakter. Das erkannten inzwischen auch einige Top-Restaurants, die Ellermann-Spiegel listeten. Doch in Weinführern wie dem Gault Millau oder Eichelmann ist Kleinfischlingen bislang nicht vertreten.Was verzeihlich ist. Denn der Betrieb hat zwar 48 Hektar unter Reben. Aber erstmals mit dem Jahrgang 2008 strengte man sich an, bessere Qualität zu machen. Zuvor war Senior Harald Ellermann, der Stiefvater von Frank Spiegel, ausschließlich Produzent von Fasswein und vor allem Lieferant von Großkellereien.
Der 33-Jährige hatte in seiner Jugend wenig mit Wein im Sinn, obwohl es Zuhause Weinbau gab („die Mitarbeit in den Weinbergen fand ich monoton und langweilig“ gibt er im Rückblick zu). Als die Mutter zum zweiten Mal heiratete, lernte er via Harald Ellermann „die enorme Vielseitigkeit des Weinbaus“ richtig kennen und entschloss sich, Winzer zu werden. Das gleich richtig: Nach zwei Lehrjahren in den renommierten Pfälzer Gütern Münzberg und Knipser sowie Praktikas in Beaujolais und der Wachau studierte er in Geisenheim und absolvierte dazu ein Auslandssemester in Bordeaux.
2006 stieg er dann in den (stief-)elterlichen Betrieb ein, wo er sich langsam dran machte, eigenständige Weine zu erzeugen. Ab 2008 wurde intensiv mit der Direktvermarktung begonnen. Um die Änderung in der Philosophie des Hauses nach außen hin deutlich zu machen, wurde aus dem Ellermann’schen Weingut Ellermann-Spiegel - was am Betriebsgebäude selbst noch nicht so recht deutlich gemacht ist.
Natürlich war es nicht möglich, sofort radikal umzuschalten und nur mehr Flaschenwein zu füllen. Dafür fehlte schlicht die Kundschaft. Aber inzwischen ist Frank Spiegel schon bei etwa 10 Hektar angelangt, die für die Eigenvermarktung genutzt werden. Langsam soll es mehr werden. Die Zielsetzung verdeutlicht er mit etlichen geleerten Flaschen im Probierraum. Man findet hier Top-Bordelaiser und Pfälzer Vorbilder wie Knipser und Fritz Becker. „Ich lege immer wieder mal mit guten Freunden zusammen, um solche Weine probieren zu können“, erzählt der junge Mann mit dem gepflegten Drei-Tage-Bart.
Im Weingut und in den Reben (zuständig vor allem Harald Ellermann) ist die Neuorientierung schon recht weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Die Bodenbearbeitung und –pflege wurde gänzlich umgestellt. „Die echten Fortschritte werden wir wohl erst in einigen Jahren spüren“, meint Frank Spiegel. Im Keller wurde und wird immer noch etwas improvisiert, um die gesunden und vollreifen Trauben (die früher keine Selbstverständlichkeit waren) in überzeugende Weine umzuwandeln. Aber inzwischen wagt sich das Winzertalent an ein längeres Lager auf der Vollhefe, um die Weißweine noch gehaltvoller zu bekommen.
„Durch meine Ausbildung wurde die absolute Leidenschaft geweckt, selbst gute Weine mit Herbstblut zu erzeugen.“ Seine Ausbilder haben offenbar gute Arbeit geleistet. Und auch in Geisenheim und Bordeaux hat Junior Frank viel Fachwissen in sich aufgesogen, das er gut umsetzt. Irgendwann wird er auch noch Zeit haben, sich um einen zeitgemäßen Internet-Auftritt zu kümmern. Derzeit ist unter www.ellermann-spiegel nicht viel mehr als die Adresse zu finden. „Ich bin eben lieber im Keller zugange“, lacht der Kleinfischlinger.
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