Neue Chefin im rheinhessischen VDP-Gut Liebrecht

09.03.2010 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Bodenheim) - Schöne Ehrung für Fritz Nacke, den Eigentümer der Oberstleutnant Liebrecht’schen Weingutverwaltung. Während an Land die Weinberge mal blau, grün, violett oder rot leuchteten, bekam der Bodenheimer Gutsbesitzer bei einer Schiffstour auf dem Rhein ein Dankeschön für die 100-jährige Mitgliedschaft seines Betriebes im Verband der Prädikatsweingüter (der VDP feiert 2010 bekanntlich ebenfalls diesen runden Geburtstag).

 

Zugleich wurde bekannt, dass das Traditionsgut eine neue Chefin bekommt: Sabine Fleischer, Juniorin vom Mainz-Hechtsheimer Weingut Fleischer/Stadt Mainz, entschloss sich mit ihrer Familie, kurz vor dem Herbst 2009 einen Pachtvertrag mit der Familie Nacke über 25 Jahre abzuschließen. Damit besteht die Möglichkeit, dass ein Enkel des 88-jährigen Nacke (Kandidat ist der fünfjährige Felix) vielleicht in einem Vierteljahrhundert wieder in den Familienbesitz einsteigt.

Dessen Mitgliedschaft im VDP war schon seit Jahren in Frage gestellt, weil die Qualität nicht mehr stimmte. Es war wohl lediglich der Respekt vor dem Alter, der die Regionalverantwortlichen des VDP dazu veranlasste, die „rote Karte“ nicht zu zücken. Dass bei dem Betrieb ein Verkauf oder eine Verpachtung anstehen, wurde schon länger gemunkelt. Nachdem ein Freund der Nackes und der Fleischers den Kontakt herstellte, müssen jetzt einige Bodenheimer Winzer, die auf „Filetstücke“ in den guten Lagen der Weingutsverwaltung gelauert hatten, ihre Ambitionen begraben.

Für Sabine Fleischer ist die Übernahme des Weingutes ein zweiter Berufsweg. Sie ist eigentlich Juristin und zugelassene Rechtsanwältin. Vielleicht angeregt durch den weinigen Erfolg ihres Bruders Michael, der mit Rotwein Furore machte, entschloss sie sich doch, professionellen Weinbau zu studieren. Zwei Semester hat sie in Geisenheim noch vor sich, aber jetzt schon arbeitet sie fleißig im Hechtsheimer 20-Hektar-Familienbetrieb mit.

Der erste Liebrecht’sche Jahrgang unter ihrer Regie blubbert nach einer Spontanvergärung noch im Holzfass-Keller (Riesling und Silvaner) in Bodenheim. Ein größerer Teil der Weine wurde offiziell für das Weingut der Stadt Mainz zugekauft. Er wird in Hechtsheim ausgebaut. Die 38-jährige Seiteneinsteigerin rodete bereits einige Neuzüchtungen wie Juwel und Reichensteiner, die in Grosse Gewächs-Fluren gepflanzt waren. Sie wird hier Spätburgunder pflanzen.

Im Weinberg gelten neue Gesetze: Nicht mehr nur viel Öchsle und stattliche Mengen, wie sie Fritz Nacke früher angestrebte, sondern drastische Ertragsreduzierung und Umstellung auf biodynamischen Weinbau. Ihr Wirken beschreibt Sabine Fleischer als „konsequent und radikal“. Man darf auf ihren 2009er gespannt sein…

Die Mitgliedschaft beim VDP ruht derweil. Sabine Fleischer wird erst eine Bewährungsphase bestehen müssen, um offiziell aufgenommen zu werden. Die Ertrags- und Preisuntergrenzen des VDP will sie ab sofort einhalten. Für den Hechtsheimer Betrieb wird die Mitgliedschaft im VDP nicht angestrebt. Senior Willi Fleischer weiß: „Von unserer Sortenstruktur passen wir nicht dazu.“

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