Ein Ruck gibt sich einen Rux
02.01.2012 - R.KNOLL
DEUTSCHLAND (Stuttgart / Mühlhausen) - Mit dem 1. Januar 2012 brach für einen fränkischen Winzersohn eine neue Zeitrechnung an. Bis zum 31. Dezember 2011 stand Christoph Ruck noch als Betriebsleiter auf der Gehaltsliste des Schlossgutes Lehrensteinsfeld in Württemberg, das er seit seinem ersten Jahrgang 2003 auf einen guten Kurs gebracht hatte. Jetzt wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit, gemeinsam mit seiner ihm seit 2004 angetrauten Heike, die schon vorher Rebgelände in den Terrassen der Lage Cannstatter Zuckerle bewirtschaftet hatte und diese jetzt in das Weingut einbrachte. Zwei Hektar mit Riesling, Trollinger, Spätburgunder und etwas Sauvignon blanc können die beiden derzeit vorweisen, eine Flächenerweiterung ist vorprogrammiert.
Beim Weingutsnamen spielt das Ehepaar Ruck etwas mit seinem Namen und sorgt gleichzeitig dafür, dass es durch die Namensgebung „Rux“ nicht zu Verwechslungen mit dem Betrieb in Franken kommen kann. Dort könnte Christoph Ruck heute das Sagen haben. Wenn er nicht erst 1974 das Licht der Welt erblickt hätte. Sein Bruder war drei Jahre früher dran und bekam von der Iphöfer Familie den traditionellen Vornamen für den Erstgeborenen und späteren Eigentümer verpasst.
Ehernes Gesetz im Haus am Iphöfer Marktplatz ist, dass der Senior Johann, der aktive Winzer Hans und der erste Junior Hansi genannt wird. An die letzte Umstellung muss man sich selbst in der Familie erst gewöhnen. Der langjährige, inzwischen 61-jährige Chef mit dem charakteristischen Riechkolben hört noch nicht so recht auf „Johann“. Und Hans unterschreibt gelegentlich noch mit „Hansi“…
Aber zurück zu Christoph Ruck, dem schon in der Jugend klar war, dass er das elterliche Weingut wohl nicht übernehmen würde. Denn der ältere Bruder Hansi tendierte damals schon klar zum Weinbau. Er arbeitete zwar eifrig im Weingut mit, begann dann aber Germanistik zu studieren und dachte über eine Laufbahn als Journalist nach. Doch vor dem Examen war Schluss mit diesen Gedankenspielen. „Mein Wein-Gen machte sich bemerkbar“, lacht Ruck. „Ich wollte und musste einfach was mit Wein machen.“
Vater Hans (heute: Johann) und Mutter Birgit waren hocherfreut, als er das Studium in Geisenheim startete. Es wurde begleitet von Praktikas bei Ludwig Knoll in Würzburg (Weingut am Stein) und Schmitt’s Kinder in Randersacker sowie bei Manincor in Kaltern (Südtirol). Dass es in anschließend nach Württemberg zog, lag an der Stuttgarterin Heike, die im Untertürkheimer Weingut Wöhrwag eine Winzerausbildung absolvierte und in Geisenheim Getränketechnologie studiert hatte, weil ihr Opa für seinen knappen Hektar jemand brauchte, der weiter machen würde.
Die Fläche konnte zuletzt immerhin schon verdoppelt werden. Besonders stolz sind Heike (38) und Christoph (37) auf ihren auf Muschelkalk gewachsenen Trollinger namens „Nimbus“. Es handelt sich hier um eine Selektion von sehr alten, noch wurzelechten Reben, die vor über hundert Jahren von Heikes Ur-Ur-Opa gepflanzt wurden.
Im Gegensatz zu den sonst reich tragenden Trollinger-Reben wachsen maximal fünf, sechs Trauben am Stock. Das aktuelle Ergebnis, der 2010er lag vier Wochen auf der Maische, ehe er in einem Mini-Barrique (114 Liter) ausgebaut wurde. „Ein echter Kracher“, meint Christoph Ruck und erklärt den Namen „Nimbus“ so: „Der Wein hat etwas Geheimnisvolles an sich.“ Wie war. Wer ihn trinkt, ohne auf das Etikett zu schauen, würde bei diesem komplexen, mutig herben Wein nie an Trollinger denken.
Da es von diesem Super-Trolli nur eine Mini-Auflage gibt, wagten sich die beiden Rucks an einen sortenuntypischen Preis von 18,50 Euro. „Vielleicht spinnen wir, aber das Zeug schmeckt uns eben extrem gut“, erläutert Ruck. Alternativ hat er für sparsamere Genießer noch einen Einstieg-Trollinger für 5 Euro und einen von Alten Reben für 8,50 Euro zu bieten.
Die zweite Rotweinsorte Spätburgunder wurde erst 2006 gepflanzt, in enger Pflanzdichte, mit Klonen aus Geisenheim, Freiburg/Breisgau und Frankreich. Die teilweise Belegung in neuen Barriques trägt zur guten Struktur des saftigen, ausgewogenen Burgunders bei. Bei Riesling und Sauvignon blanc heißt es derzeit warten auf den Jahrgang 2011. Auch Lemberger wird bald die Kollektion bereichern.
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