Kernelement Herkunft

Reform des deutschen Weinrechts

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 15. Juni 2020


DEUTSCHLAND (Berlin) – Ein heikles Thema, das noch viele Diskussionen nach sich ziehen wird, ist der Entwurf von Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, zum neuen Weingesetz. Visuell zielt das mit Spannung erwartete Paket der Änderungen darauf ab, die Herkunftsangabe auf den Etiketten der Weinflaschen in den Fokus zu stellen. Bei den vorgeschlagenen Änderungen weinrechtlicher Vorschriften ginge es im Wesentlichen darum, „bessere Vermarktungschancen für die deutschen Winzer, insbesondere der Ausbau von Marktanteilen heimischer Weine – national wie international – und gleichzeitig den Verbrauchern mehr Orientierung zu ermöglichen“, stellte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft den Referentenentwurf am Freitag vor. „Noch dieses Jahr, voraussichtlich im Dezember – sofern der Rechtssetzungsprozess ohne Verzögerungen abliefe – könne der Gesetzentwurf in Kraft treten“, heißt es in der Pressemeldung.

Je kleiner die Herkunft, desto höher die Qualität

Wie das Ministerium in seiner Pressemeldung weiter betont, sei das Kernelement des Referentenentwurfs eine veränderte Herkunftsangabe auf den Etiketten. Diese Angabe soll sich zukünftig stärker an der „geografischen Herkunft“ orientieren. Als Grundlage diene hierzu eine „sogenannte Qualitätspyramide“, angefangen beim „deutschen Wein“ bis hinauf zum Lagenwein an der Spitze. Dabei soll jede Herkunft für ein klares Profil stehen und dem Grundsatz folgen „je kleiner die Herkunft, desto höher die Qualität“.

Bislang stellte das deutsche Weinrecht die Angabe der Rebsorten in den Mittelpunkt, oft verbunden mit dem Jahrgang und Namen der Weinbergslage. Das soll sich nun ändern. Die Novellierung orientiert sich an dem System der romanischen Länder. In Frankreich, Spanien und Italien steht traditionell die Herkunftsangabe im Zentrum. Weine von hier, deren Trauben aus besten Parzellen stammen und damit auch für Weine höherer Qualität stehen, verweisen auf den Etiketten auf diese Lagen. Bei den Landweinen steht allenfalls die Region auf den Etiketten.

Doch nicht die gesamte deutsche Weinindustrie ist damit einverstanden – es formiert sich bereits Widerstand. Kommt die Novellierung, fühlen sich große Kellereien und Genossenschaften benachteiligt. Erste kritische Äußerungen sind schon diesem Lager zu entnehmen.

Vermeidung eines Überangebots – mehr Mittel für die Winzer

Im Rahmen der Novellierung des Weingesetzes vertritt Julia Klöckner ebenfalls, die genehmigungsfähige Fläche für Neuanpflanzungen auf jährlich 0,3 Prozent der tatsächlich mit Reben bepflanzten Gesamtfläche zu begrenzen. Diese Einschränkung versteht die Bundesministerin als Abwehr gegen ein drohendes Überangebot und soll mindestens bis 2023 gültig sein. Außerdem soll die Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft mehr Geld zur Unterstützung von Winzern bekommen. Und schließlich soll der Absatz stärker gefördert werden, in dem „wichtige Exportmärkte weiter erschlossen und ausgebaut werden“. Hierzu sollen EU-Gelder „sinnvoll“ eingesetzt werden. 

Von Seiten des Deutschen Weinbauverbandes (DWV) wird die Novelle gelobt. Deren Pressestelle sagt, dass das Bundesministerium „dem Bestreben der Weinwirtschaft entsprochen habe“, das Weinrecht „mehr am herkunftsorientierten Ansatz des EU-Rechts anzugleichen“. Einzelnen Weinbaugebieten stellt man frei, ihre eigenen Gebietsprofile in Eigenregie auszuarbeiten. DWV-Präsident Klaus Schneider und -Generalsekretär Christian Schwörer äußerten sich insofern hoffnungsvoll, dass „der nächste Schritt auf dem Weg hin zu einem qualitätsorientierten Herkunftssystem nun gemacht sei“.

Julia Klöckners Weinepisode

Die heutige Bundesministerin wurde in ein Weingut an der Nahe (Guldental) geboren. Ihr Berufsweg als Winzerin war eigentlich programmiert. 1994 wählte man sie zur Nahe-Weinkönigin, ein Jahr später übernahm sie als Studentin für Politikwissenschaft, katholische Theologie und Pädagogik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz das Amt als deutsche Weinkönigin und absolvierte über 200 Termine für den deutschen Wein. Aber schon ihre Studienschwerpunkte –  Internationale Politik, Agrarpolitik sowie Sozialethik, Wirtschafts- und Bioethik – ließen einen Weg abseits als Winzerin erahnen. Das Thema ihrer Magisterarbeit lautete „Struktur und Entwicklung der europäischen Weinmarktpolitik“. Julia Klöckner schloss ab mit dem Grad als Magistra Artium in den Fächern Theologie, Politikwissenschaft und Pädagogik. Zusätzlich legte sie das Erste Staatsexamen für ein Lehramt an Gymnasien für die Fächer Sozialkunde und katholische Religion ab. Im Anschluss hospitierte sie ab 1998 beim SWR in Mainz und war dort als freie Mitarbeiterin in der Abteilung für Landeskultur bis 2002 tätig. Es folgte ein Volontariat beim Meininger Verlag in Neustadt an der Weinstrasse. Dort reifte sie zur Redakteurin, die zeitweise auch den Chefposten des Sommelier-Magazins übernahm. Diese journalistische Weinepisode krönte Julia Klöckner mit ihrem Buch „Der Wein erfreue des Menschen Herz – Geschichten über den Wein und die Menschen in der Bibel“.

Anfang der Jahrtausendwende war es Michael Prinz zu Salm-Salm, damals Verbandspräsident der Deutschen Prädikatsweingüter und Vorsitzender der CDU Kreisverband Bad Kreuznach, der Julia Klöckner für Politik interessierte. Über den Eintritt in die CDU, zuerst in die Junge Union (JU), später geschliffen im Wahlkampf gegen den ehemaligen rheinland-pfälzischen Landesvater Kurt Beck, fand sie schließlich den Weg in den Bundestag. Seit dem 14. März 2018 ist sie Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft im Kabinett Angela Merkel – bereits seit 2012 gehört sie zu den fünf stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden.

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