Weinmarktentwicklung Australien

Australiens Winzer erobern Weinmarkt in Marokko

14.02.2017 - arthur.wirtzfeld

AUSTRALIEN (Coonawara) – In Australiens Weinregion Coonawara (wegen der roten Ton-Kalksteinböden auch "Terra Rossa" genannt), wo vor allem Reben der Sorten Cabernet Sauvignon und Shiraz im Ertrag stehen, lebt und wirkt Weinmacher Gavin Hogg. Zusammen mit seinen Geschäftspartnern hat er sich eine Lizenz für die Einfuhr von Alkohol im islamisch geprägten Königreich Marokko gesichert. Ja, Sie lesen richtig - eine Verkaufslizenz für Alkohol. Schon ist ein Lager in Marokko gemietet und die Zusammenarbeit mit zwei regionalen Distributoren ist vertraglich in trockenen Tüchern. Im kommenden März geht der erste Container mit Hoggs Weinen auf dem Seeweg nach Marokko.

 

"Wir haben viel Zeit und Mühen investiert, um eine Lizenz für die Einfuhr unserer Weine und Brände nach Marokko zu erhalten", erzählt Hogg. Die erste Charge sind 12.000 Flaschen Wein, aufgeteilt in Hoggs Marken Kopparossa, Hoggies und Olivia. "Es ist vorerst ein Risiko. Wir wollen sehen, wie der Markt in Marokko reagiert. Jedenfalls sind wir guter Hoffnung, dass die Konsumenten ausreichend neugierig sind", sagt Hoog. Die gegenwärtige Verfügbarkeit von Wein ist in Marokko ziemlich eingeschränkt. Obwohl das nordwestafrikanische Königreich sehr nah an Europa grenzt, sind hier überwiegend nur Weine aus Frankreich bekannt. 

Als Tor zu Afrika ist Marokko Teil der wachsenden Nationen und gehört zur Gruppe der "Afrikanischen Lions". Es sind die sich schnell entwickelnden Märkte in Afrika, die die Global Player längst im Fokus haben. Auch Australien will hier Fuß fassen. Ende 2017 soll Australien in Marokko eine Botschaft eröffnen – bisher kümmert sich die australische Botschaft in Frankreich um Belange in Marokko. Das seit 1956 unabhängige Königreich Marokko ist traditionell ein islamisches Land. Hier leben rund 35 Millionen Menschen, 95 Prozent von ihnen sind Muslime.

Politisch gesehen wird Marokko als liberalstes islamisches Land der Welt betrachtet. Es gibt unzählige Bars, Hotels und Spirituosenläden. Über zehn Millionen Touristen besuchen jährlich das Land, an die wiederum 80 Prozent der verfügbaren Alkoholika ausgeschenkt werden. "Wenn wir nur mal die Touristen als Zielgruppe sehen und nur fünf Prozent von diesen Besuchern unsere Weine konsumieren, haben wir gute Chancen auf dem Markt", erklärt der umtriebige Hugg, der sein Geschäftskonzept nicht nur auf den Verkauf seiner eigenen Weine stützt. "Wir werden zuerst unsere eigenen Marken etablieren und dann sind wir frei für Kooperationen. Meine Partner und ich können uns durchaus vorstellen, auch Weine anderer australischer Erzeuger auf diesem Markt zu etablieren, wodurch eine Refinanzierung unserer Vorarbeit unterstützt würde", erläutert Hogg.

Gavin Hogg gehört zu den Winzern im Süden Australiens, wo auch das legendäre Château Mildura* beheimatet ist. Hier räumten Hugg und seine Winzerkollegen in den 1980er und 1990er Jahren eine Reihe von internationalen Preisen ab – darunter auch den Gewinn der begehrten Jimmy Watson Trophy im Jahr 1989, einer der renommiertesten Weinpreise Australiens. "Obwohl wir dieser uns bietenden Chance in Marokko konsequent nachgehen, werden wir dennoch behutsam den Markt erobern", erläutert Hogg weiter. Neben Südafrika gehört Nigeria zu den beiden einzigen Nationen Afrikas, wo die australische Weinindustrie bisher Fuß gefasst hat. Mit Hogg werden die Australier nun ein drittes afrikanisches Land in die Exportliste aufnehmen können.

"Rückblickend ging es rasend schnell. Erst vor zwei Jahren habe ich mit meinen Geschäftspartnern, die selbst starke Kontakte in Marokko haben, das Projekt in die Wege geleitet", erzählt Hogg. "Wir haben uns mehrmals getroffen und wir haben Musterweine nach Marokko geschickt. Gleichzeitig haben wir uns um die Lizenz bemüht, was ein schwieriges Unterfangen war." Hogg und seine Partner konzentrieren sich nicht nur auf den Export von Wein nach Marokko, sondern sie haben auch eine Lizenz für die Einfuhr von Fleisch, Honig und Butter erhalten. "Wir haben nicht nur den Markt in Marokko im Blick, sondern wir werden uns zukünftig auch um die Märkte entlang der Nordwestküste Afrikas kümmern", erläutert Hogg zukünftige Pläne.

 

*Château Mildura: Es waren die Brüder George und William Benjamin Chaffey, beide kanadischen Ingenieure und spezialisiert auf Bewässerungssysteme, die Anfang der 1880er Jahre von der Regierung des australischen Bundesstaates Viktoria, einen wegweisenden Auftrag erhielten. Damals herrschte hier im heutigen Bereich "Murray Darling" anhaltende Dürre und die Brüder Chaffey sollten diese in den Griff bekommen. Ihre Lösung waren großflächige Nutzflächen für die Landwirtschaft – am Leben erhalten durch künstliche Bewässerung, gespeist vom Murray River. Erfolge stellten sich schnell ein und im Jahr 1887 wurde in der Region die heutige Stadt Mildura gegründet. In kurzer Folge zogen weit über 3.000 Siedler in diese Region. Nach getaner Arbeit und von der Zukunft dieser Region überzeugt, kauften sich die Brüder Chaffey im Jahr 1888 rund um die ehemalige Schafstation "Jamiesons Run" Land, das Sie auf geeigneten Flächen von insgesamt 150 Hektar mit Reben bepflanzten. Gleichzeitig errichteten Sie ein Weingut und nannten es Château Mildura.

In 1891 lancierten die Chaffey-Brüder ihren ersten Jahrgang unter primitiven Bedingungen. Es folgte ein Weinboom in der Region Viktoria, der im frühen 20. Jahrhundert wieder endete. In 1910 wandte sich das Château Mildura aufgrund großer Nachfrage der Produktion von Sherry und Brandy zu. Unter der Leitung von Ron Haselgroves, damals Leiter der Produktion, wurden Ende der 1930er Jahre die Brände und Sherrys durch Exporte weltbekannt. Obwohl Château Mildura über das 20. und im frühen 21. Jahrhundert mit wechselnden großen Unternehmen der Weinbranche verschmolz, blieb die Produktion von Wein erhalten.

Die Vision der Chaffey-Brüder, durch ihr Bewässerungssystem die Dürre in Südaustralien zu besiegen und eine Zukunft für den dortigen Weinbau zu schaffen hat nunmehr weit über 100 Jahre Bestand. Die so bewässerten Gebiete im südaustralischen Sunraysia und Riverland produzieren heute 50 Prozent der australischen Tafelweine und von hier stammen 80 Prozent der Exporte.