Edle Weinmärkte steuern in Richtung Osten - Hong Kong steht im Mittelpunkt
19.08.2008 - arthur.wirtzfeld
CHINA (Hong Kong) - Nur Wochen nachdem Hong Kong dieses Jahr den Einfuhrzoll von 40 Prozent für Weine abgeschafft hat ist der amerikanische Unternehmer und Weinkenner Stephen Bachmann dort hin geflogen, um die Geschäftsmöglichkeiten zu erforschen.
Bachmann, der ein edles Weingut in San Francisco führt, wird diesen Herbst im Süden Chinas ein großes Lager aufbauen in der Hoffnung, von Asiens boomendem Appetit für Wein zu profitieren. Der ehemalige Investment Banker berichtet, dass sogar vor der Senkung des Einfuhrzolls im Februar fast die Hälfte der Geschäfte seiner Firma von Online-Käufern aus Hong Kong und Macau getätigt wurden.
"Es war irgendwie als ob New York City auf einmal online geht", sagt er. "Jemand hat den Vorhang zurückgezogen und da war diese schimmernde Stadt voller Menschen, die Wein kaufen wollten." "Ich kam kurz nach der Senkung des Einfuhrzolls im März nach Hong Kong und dachte, naja, das ist doch eine gute Gelegenheit und sagte mir, lass es uns jetzt durchziehen."
Das Unternehmen Bachmann's, Vinfolio, hatte diese Woche einen der 240 Stände auf der ersten Weinmesse für Selbstanbau in Hong Kong. Diese Messe stellt das Tor zu Chinas wachsender Mittelschicht sowie zum Handelszentrum dar.
Der Weinkonsum in Asien ist in den vergangenen Jahren beträchtlich gestiegen und der Trend scheint sich definitiv fortzusetzen. Ökonomen gehen von einem jährlichen Wachstum in Asien von 10 bis 20 Prozent in den nächsten 5 Jahren aus, im Vergleich mit einem Prozent Wachstum weltweit - mit China ganz vorn.
Gregorz De'eb, Mitbegründer des edlen Hong Kong Weinlagerunternehmens Crown Wine Cellars, sagt, "die Entscheidung der ehemaligen britischen Kolonie, den Einfuhrzoll für Wein abzuschaffen, ist eine der bedeutendsten Entwicklungen der Weinindustrie in den vergangenen 100 Jahren." "Offen gesagt bin ich der Meinung, dass Hong Kong bereits das Weinhandelszentrum in ganz Asien ist. Bis zu 23 Prozent aller bei Auktionen international gekauften Weinen gehen nach Hong Kong. Die Auswirkungen (der Einfuhrzollssenkung) waren jedoch dramatisch," sagt er.
Ein Großteil der edlen Weine, die wohlhabenden Asiaten gehören, wurden aus Tradition in London gelagert. De'eb berichtet jedoch, dass seine Firma, die von einem ehemaligen Munitionsbunker des zweiten Weltkrieges aus agiert, einen Geschäftszuwachs von 300 Prozent verzeichnet hat, da asiatische Investoren ihre Weinsammlungen nun näher bei sich haben möchten.
„In den ersten drei oder vier Tagen wurden 10 Container voll von seltenen und edlen Weinen angekündigt, die zu uns geschickt werden sollten. Wir hatten uns darauf vorbereitet indem wir ein zweites Lager aufmachten und momentan arbeiten wir sogar an einem dritten, um Platz für die ein kommenden Weine zu schaffen“, erklärt er.
Hong Kong's Status als die einzige größere Volkswirtschaft, die keinen Einfuhrzoll auf Wein erhebt, hat sogar Auktionshäuser aus der ganzen Welt dort hingezogen. Anfang dieses Jahres verkaufte der US Versteigerer Acker, Merral Weine im Wert von mehr als 64 Millionen Hong Kong Dollar (8.2 Millionen US Dollar) an einem einzigen Tag und schuf somit den asiatischen Rekord. Bonhams hielt dort auch einen Weinverkauf ab und Christie's plant einen für November (Wir berichteten)
Der amtierende Finanzminister Carrie Lam eröffnete diese Woche die International Wine Fair und lobte die rasante Reaktion der Weinmärkte auf die Steuersenkung. Er fügte hinzu, dass er hoffe, dass Unternehmen in Hong Kong nun Kapital aus der steigenden Nachfrage Chinas schlagen können.
Don St. Pierre Sr, Gründer des größten Weinimporteurs Chinas, ASC, ist jedoch skeptisch gegenüber den Vorstellungen, dass Hong Kong das Tor zu den Märkten auf dem Festland ist. "Hong Kong macht uns ganz einfach noch einen weiteren Strich in die Rechnung. Sie müssen sich in China ja immer noch mit der ganzen Bürokratie herumschlagen", sagt er. "Das macht alles für mich keinen richtigen Sinn."
St. Pierre hat durchaus genügend Erfahrung mit den Schwierigkeiten die sich daraus ergeben, Geschäfte in China zu tätigen. Sein Sohn, der nun die Firma leitet sowie die Verkaufsdirektorin von ASC wurden Anfang des Jahres festgenommen und von Zollbeamten festgehalten, die Weinimporteure wurden eingehend befragt (Wir berichteten). Beide wurden später ohne jegliche Anklage oder Strafe wieder freigelassen.
Der Großteil der Weinindustrie stimmt überein, dass China im Bezug auf die edle Weinindustrie auch weiterhin ein gefährliches Land ist und bleibt, nicht zuletzt, da Zollbeamte das Recht haben, drei Flaschen von jeder beliebigen Sendung herauszunehmen um diese zu untersuchen.
"Das ist ja in Ordnung, wenn man 200 Kästen voller normaler Weine importiert, aber nicht wenn es 6 Flaschen voller 96er Lafite sind," erklärt De'eb. "Was dabei herauskommt ist ganz einfach, dass der edle Weinmarkt auf dem Festland China überhaupt keine Fortschritte machen wird, außer im Bezug auf Konsum."
Um dies zu vermeiden, gibt es Lobbys der Weinmärkte, die sich dafür einsetzen, dass China die Zollzulassung Hong Kongs akzeptieren, um den Bedarf an zusätzlichen Grenzkontrollen zu vermeiden. Der Zoll in China würde dann jedoch immer noch bezahlbar sein.
Zumindest scheint es im Moment so, als ob der Großteil der steigenden Anzahl an Käufern von edlem Wein in China lieber ihr Investment trinken als es zu behalten, um es dann weiterzuverkaufen. "Sie sind große Käufer der klassifizierten Gewächse, der Latours und der Lafites, sie behalten diese Weine jedoch nicht", sagt St. Pierre. "In diesem Markt geht es nur darum anzugeben, man lädt seine Freunde zu sich ein und sagt 'schaut mal, ich habe hier einen 82 Latour, lasst uns doch ein Schlückchen trinken."