Wahre Werte

Schätze des Burgund (Teil-1)

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 28. September 2019


FRANKREICH (Dijon) – Sie sind der Traum von Weinenthusiasten, bringen Begierden bis zum Überlaufen, sind das Kleinod jeder Sammlung und bleiben doch so unerreicht, schlummern oftmals im Verborgenen. Wenn sie dann mal das Tageslicht sehen, dann zumeist auf Weinauktionen. Für den Auktionator sind sie mit Kronjuwelen vergleichbar, das Auktionshaus schwelgt im Glück und der Bieter kann es nicht fassen, wenn er den Gral seiner Wünsche ersteigern kann. Zugegeben, das sind Träume, die nur selten wahr werden. Aber es gibt diese Träume, und sie lassen sich realisieren. Dazu gehört viel Geduld, Glück, ein entsprechendes Netzwerk, profunde Kenntnis und eine gut gefüllte Schatulle.

Hier ist die Rede von Weinschätzen, ihren Geschichten, Sammlern und Produzenten. Folgen Sie mir in die Welt legendärer Persönlichkeiten mit ebenso legendären Weinen. 

Doris Duke: Das Millionen Dollar Baby

Sie war eine Unternehmerin aus den USA. Sie sammelte Kunst, war im Tierschutz aktiv und galt als Mäzenin. Noch zu Lebzeiten betitelten die Medien sie als „Millionen-Dollar-Baby“ und später als reichste Frau der Welt. Ihre Leidenschaft zum Wein war zwar Insidern bekannt, aber welche Schätze sie hortete, erfuhren Weinsammler erst, als ihr Weinkeller im Jahr 2004 unter den Hammer kam.  Begleitend zu diesem Ereignis titelten die Medien ihre elitäre Weinkollektion als „Zeitkapsel mit Vintage-Schätzen aus den 1920er und 1930er Jahren“. Der Erlös der Versteigerung übertraf das Dreifache der Schätzung, die Sammlung wurde zu 100 Prozent verkauft und brachte dem Auktionshaus einen Umsatz von knapp 3,5 Millionen Euro.

Die Tabakerbin und Philanthropin war vielleicht die berühmteste Sammlerin von so genannten „Unicorn Wines“, einer Kategorie von äußerst begrenzten Tropfen, von denen Weinsammler wie Sommeliers träumen. In ihrer Sammlung fanden sich 12 Flaschen Les  Gaudichots Jahrgang 1929 von der Domaine de la Romanée-Conti (DRC), die einem Bieter für 80.500 Euro zugeschlagen wurden. Dieser wohl kaum noch existierende Wein stammte aus einem sensationell reifen Jahr. 1932, nach vielen juristischen Auseinandersetzungen, wurde der größte Teil von Les Gaudichots in die Grand Cru La Tâche integriert. Die letzten Jahrgänge aus Les Gaudichots, produziert in den späten 1920er und frühen 30er Jahren, versehen mit dem DRC-Label, sind daher wertvolle Weine, die hohe Preise erzielen.

Henry Jayer: Der Hirte der Trauben

Als ein Fall aus dem Keller von Henry Tang, einem der bedeutendsten Sammler der Welt, in 2013 bei einer Auktion in Hongkong angeboten wurde, versammelten sich weltweit an den Telefonen und auch vor Ort die Oberliga der betuchten Weinsammler. Die Rede ist hier vom „Paten des Burgund“ oder auch dem „Hirten der Reben“. So betitelt wurde Henry Jayer, der mit seinen Pinot Noirs, diejenigen in das Reich der Legenden führt, die einmal seine Kredenzen probieren dürfen. 

Jayer, legendärer Winzer aus dem Burgund, kann man als „Weinflüsterer“ bezeichnen. Er kann mit einer unglaublichen Sensibilität Weine herstellen, denen Weinkenner eine unerreichte Eleganz bescheinigen. Dem geschuldet wurde der Fall Vosne Romanée Cros Parantoux Jahrgang 1996 von Henry Jayer für 79.000 Euro versteigert.

Sir Alex Ferguson: Ein illustrer Fussballmanager

Sir Alex Ferguson, einst strahlender Manager von Manchester United, ist auch als Liebhaber von fantastischen Pinot Noirs bekannt. Er konnte es sich leisten zu abendlichen Dinner-Parties einen La Tâche von der Domaine de la Romanée-Conti (DRC) zu öffnen. Sir Alex pflegte darüber hinaus auch seine edlen Weine mit anderen Fussballmanagern beim Betrachten der Spiele zu teilen, insbesondere um Spannungen zu entschärfen, wie er mal einem Reporter verriet.

La Tâche ist eine Monopollage der berühmten DRC. Die Weine dieser Lage verfügen über eine ungeheure Kraft und Präzision, vorherrschend sind asiatische Gewürz- und Lavendelnoten, die sich über die Böden in den Trauben und später im Glas präsentieren. Ein Fall des La Tâche Jahrgang 1992 war einem Bieter einer Hongkonger Auktion in 2014 rund 37.200 Euro wert.

Anne-Claude Leflaive: Die große Dame des Burgund

Die viel zu früh verstorbene Anne-Claude Leflaive, Pionierin des biologisch-dynamischen Weinbaus im Burgund, war zu Lebzeiten eine absolute Überzeugungstäterin und anerkannte Winzerin. 1990 übernahm sie vom Vater die Domaine Leflaive, deren berühmte Grand Cru Lage sich über die Gemeinden Puligny und Chassagne erstreckt. Ihre Weine aus der Sorte Chardonnay haben großes Potential zu altern, eine Fähigkeit die Weinkenner erregt, weil sich der Wein bei zunehmender Reife zu einem ambrosischen Nektar entwickelt. 

Der 2005 Montrachet der Domaine Leflaive wird von Weinkennern als Titan eines Weins betitelt. Seine pulsierende Säure ist das Rückgrat des Chardonnay, die das Geschmacks-Pottpourie von Zitrone, Aprikose, Pfirsich und Eisenkraut vollkommen im Griff hat, aber dennoch glänzen lässt. Ein Fall des Montrachet Jahrgang 2005 erzielte bei einer Versteigerung in 2016 rund 53.000 Euro.

Lalou-Bize Leroy: Eine Frau mit elementarer Kraft

Lalou-Bize Leroy Zeit ihres Wirkens eine Naturgewalt. Sie übernahm 1955 die Leitung der Domaine Leroy und hielt den hohen Standard ihres Vaters Henri aufrecht, der die besten Trauben von der Côte d'Or für die Produktion unter seinem eigenen Label gekaufte. Die Familie war stark mit dem anderen großen Namen im Burgund, der Domaine de la Romanée-Conti, als Miteigentümer verbunden. Die Qualität der Weinherstellung auf beiden Weingütern war so hoch, dass die Weine heute zu den begehrtesten der Welt gehören.

In den späten 1980er Jahren kaufte Lalou-Bize Leroy Weinberge und nicht nur Fässer, wie ihr Vater es getan hatte, und begann, Weine aus den Lagen Richebourg und Romanée St Vivant herzustellen. Sie behauptet, dass 90 Prozent der Arbeit des Gutes im Weinberg liegt, wo es den Reben ermöglicht sein sollte, zu gedeihen, ohne übermäßig zu schneiden, einhergehend mit einem überwachenden Selektionsprozess. Die Produktion ist winzig. In großen Jahren, wie etwa in 2010, wurden nur zwei Fässer Chambertin Grand Cru produziert. Die nur mit großer Feinsinnigkeit wahrzunehmenden Aromen der Grand Crus von Leroy zeigen sich üppig strukturiert und verfügen über großes Alterungspotential.

2017 erzielte ein Fall Richebourg Jahrgang 1995 einen Auktionspreis von 33.600 Euro.

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