„Hilfe, ich werde 70“ – der Pfälzer Werner Knipser musste feiern

08.03.2017 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Laumersheim) – Die Einladung las sich fast wie ein Hilfeschrei. „Ich werde 70 – und muss trotzdem feiern. Kommt vorbei und helft!“ Die sieben Jahrzehnte vollendet hatte Werner Knipser, Winzer in Laumersheim in der Pfalz und einer der großen Stars der deutschen Weinszene. Und selbst wenn er es eigentlich ablehnte, zum Geburtstag im Mittelpunkt zu stehen, war es ihm dennoch ein innerliches Fußbad, langjährige Weggefährten aus der Kundschaft und vor allem aus dem Weinbau begrüßen zu können. Es kamen unter anderem Joachim Heger aus Baden, Helmut Dönnhoff von der Nahe, Wilhelm Haag und Uli Stein von der Mosel sowie Daniel Gantenbein aus der Schweiz.

 

Gefeiert wurde in einem Restaurant, das die Knipser-Familie mit viel finanziellem Aufwand in länger währender Bauzeit aus einer Ruine zu einem Schmuckstück umgewandelt hatte. Das „Halbstück“ in Bissersheim, ursprünglich gedacht nur als Weinstube und Verkaufsstätte mit etwas kulinarischer Begleitmusik, hat sich seit der Eröffnung im Juni 2014 zu einem ausgewachsenen Restaurant entwickelt, in dem die Knipser-Tochter Sabine (derzeit werdende Mutter) den Ton angibt.

Bei der Feier wurden keine langen Reden geschwungen. Bruder Volker und Sohn Stephan übernahmen mit Werners Frau Christa die Honneurs. Der Jubilar überwand sich, mit verschmitzter Mimik die Versammlung selbst zu begrüßen, und ließ ansonsten den Wein und die Küche sprechen. Entkorkt wurden jede Menge reifer Rotweine von Großen Gewächsen vom Spätburgunder bis hin zur Cuvée „X“ aus dem Jahrgang 2003, dazu Riesling und Sauvignon Blanc.

An einem solchen Abend durften auch Gedanken zurückschweifen, wie alles begonnen hatte mit den Knipsers. Die Ursprünge der Familie liegen in Südtirol. Die Ahnenforschung ergab, dass ein Meraner Bürgergeschlecht mit diesem Namen erstmals 1573 urkundlich erwähnt wurde und zu gleicher Zeit ein Gaudenz Knipser Stadtbaumeister und Ratsmitglied in Meran war. Ihm haben die Nachfahren mit einer roten Einstiegs-Cuvée ein weiniges Denkmal gesetzt. Der Enkel von Gaudenz wanderte um 1615 in die Pfalz aus und tummelte sich in Bockenheim und Wachenheim. Erst 1876 wurden die Nachfahren in Laumersheim ansässig. Hier betrieben sie einen landwirtschaftlichen Mischbetrieb, wie in jener Zeit üblich, und verkauften Wein im Fass an den Handel.

Heinz Knipser, der Vater von Werner, begann bereits 1948 mit der Flaschenfüllung und dem Verkauf an Privatkunden und die Gastronomie. Für eine echte Zäsur sorgte Sohn Werner, der komplett auf Weinbau umstellte, fast nur noch durchgegorene Weine abfüllte und Mitte der 1980er-Jahre mit dem Ausbau in Barriques begann. Eigentlich hatte er Chemie studiert, was ihm als Winzer durchaus hilfreich war, weil er natürliche Zusammenhänge bestens einzuordnen wusste. Eine Art Urknall war der Sieg beim Deutschen Rotweinpreis 1987, erstmals ausgerichtet vom Weinmagazin VINUM. Mit einem 1985er Spätburgunder, der erst – Knipser-typisch – Wochen nach Ablauf der Anmeldefrist bei der Redaktion eingegangen war, aber noch akzeptiert wurde, landete das damals völlig unbekannte Weingut auf dem Siegertreppchen.

Von da an ging es nur mehr bergauf. Es folgten serienweise weitere Erfolge, die Aufnahme in den VDP (1993), Ehrungen wie „Winzer des Jahres“ im Gault&Millau (zwischendrin war man auch mal mit Berufskollegen auf dem Kriegspfad und wollte keine Weine mehr anstellten) und etliche sonstige Auszeichnungen (zuletzt ganz aktuell der Ehrenpreis für sein Lebenswerk von Weinführer-Autor Eichelmann). Man darf unterstellen, dass Werner und sein später nachfolgender, jüngerer Bruder Volker sowie Sohn Stephan (die drei firmieren gemeinsam als Eigentümer) darob nie abhoben, dafür aber sehr stolz waren, wenn wieder mal ein Knipser-Lehrling (davon gibt es jede Menge) nach der Ausbildung in die Erfolgsspur kam.