Frankreichs Behörden fordern mehr Warnhinweise für Schwangere auf Weinetiketten

30.01.2017 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Paris) – Seit 2007 gibt es ein Gesetz, dass Weinproduzenten vorschreibt, Gesundheitswarnungen für schwangere Frauen auf dem Rückenetikett zu führen. Dabei besteht die Wahl zwischen einem Symbol (Frau mit Weinglas) oder entsprechend schriftlicher Hinweise. Nun soll das Piktogramm, das bisher ein Minimum von 0,5 Zentimeter erreichen musste, auf einen Zentimeter verdoppelt werden. Das Dekret, ausgelöst vom französischen Ministerium für Gesundheit, lässt das Raunen und das Hochziehen der Augenbraunen der französischen Winzerschaft förmlich spüren.

 

Die erweiterten Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit bezüglich des Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) wurden noch im Dezember letzten Jahres in einer interministeriellen Ausschusssitzung angekündigt. Laut einem Bericht dieses Ausschusses sei Alkoholkonsum während der Schwangerschaft die führende Ursache für genetische und geistige Behinderung bei Kindern. Etwa eins von 1.000 Kindern werde in Frankreich mit FAS geboren. Die Verpflichtung der doppelten Größe des Piktogramms ist den Mitgliedern des Ausschusses aber noch nicht genug. Es wird weiterhin befürchtet, dass auch eine Vergrößerung und damit bessere Sichtbarkeit des Warnhinweises durch andere Erfordernisse auf dem Etikett untergehen könnte.

Hinsichtlich des Warnhinweises für Schwangere führte die Direktion Générale de la Santé (DGS), eine Abteilung des französischen Ministeriums für Gesundheit, im Jahr 2013 eine Umfrage über die Reaktion der Frauen auf das warnende Piktogramm. Dabei wurde festgestellt, dass 98,6 Prozent der befragten Frauen wissen, dass Alkohol während der Schwangerschaft unbedingt zu vermeiden ist und ihnen ist auch bekannt, dass Experten davor warnen. 79,1 Prozent der befragten Frauen hatten das warnende Piktogramm oder warnende Texthinweise auf Weinetiketten wahrgenommen.

Die rund 21 Prozent der Frauen, die bei der Befragung aussagten, die Warnhinweise auf Etiketten noch nie wahrgenommen zu haben, bekümmern den Ausschuss sehr. Was leider bei der Umfrage nicht berücksichtigt wurde, war die Frage, ob Frauen, die den Warnhinweis wahrgenommen haben, auch Wein während ihrer Schwangerschaft konsumiert haben oder nicht. "Diese Antworten wären interessant gewesen, um den Wert der Umfrage zu bestimmen", ist der Tenor der französischen Weinindustrie und Kritiker des Dekrets.

Dass FAS in Frankreich ein ernstes Problem darstellt, belegen die Zahlen. Rund 49.000 erwachsene Franzosen sterben jährlich in Folge von übermäßigem und unkontrolliertem Alkoholgenuss. "Uns ist natürlich bekannt, dass FAS eine ernste Sache ist und wir sind ausnahmslos dafür, dies zu bekämpfen. Aber immer mehr Vorschriften können auch die Effizienz schwächen" wird Hervé Grandeau, Präsident der Fédération des Grands Vins de Bordeaux (FGVB) in Frankreichs Medien zitiert. "Wir fördern groß angelegte Maßnahmen, etwa Investitionen in Präventionen, in Aufklärung und auch in die Ausbildung von medizinischem Personal. Wir halten dies für effektiver, als Piktogramme auf Etiketten zu drucken."

Das französische Ministerium für Gesundheit hofft, das Dekret zur neuen Größenordnung des Warnhinweises im ersten Quartalt dieses Jahres durchsetzen zu können. Die Weinindustrie hat dann ein Jahr Zeit, entsprechend die Etiketten zu gestalten und einzuführen. Die Skepsis, die in der Weinbranche herrscht und auch die Stimmung beschreibt Grandeau, indem er sagt: "Warum ein Zentimeter, warum nicht zwei oder drei Zentimeter. Wenn es doch nur so einfach wäre."