"Ölskandal in Italien"? (Teil II) - Die Fakten: Tunesisches "Made in Italy"

31.01.2012 - arthur.wirtzfeld

ITALIEN (Lamporecchio) - (Fortsetzung Teil I...) - Italien erzeugt nicht mal genügend Olivenöl (300 000 t), um den Eigenbedarf (450 000 t) zu decken. Exportiert werden zusätzlich nochmals 350 000 Tonnen. Die in Italien ansässigen Ölfirmen haben somit einen Bedarf von 800 000 Tonnen Öl und müssen 500 000 Tonnen zusätzlich zum italienischen Öl aus dem Ausland einführen. Diese Zahlen sind öffentlich bekannt und allein kein Grund zur Aufregung.

 

Dass Italien der weltgrößte Olivenölhändler ist, ist ebenfalls kein Geheimnis. Deshalb sollte die Entdeckung, dass der größte Teil des unter italienischen Markennamen kommerzialisierten Olivenöls nicht aus Italien stammt, niemanden überraschen und eigentlich auch nicht als Stoff für Schlagzeilen taugen.

Es ist zwar irreführend und unmoralisch - aber nicht ungesetzlich -, dass diese zur Hauptsache nicht-italienischen Mischungen unter italienischen Markennamen und toskanisch oder ligurisch klingenden Bezeichnungen vertrieben werden: Luccese, Carapelli, Bertolli, Cantinelle, Dante, Sasso, Rubino, Villa La Badia, Bancetto, etc.

Das Gesetz (EU-Verordnung 182/2009) schreibt vor, dass die Herkunft eines Öls auf dem Etikett deklariert werden muss. Dies ist ein möglicher Text für ein Olivenöl aus italienischen Oliven: "Prodotto ottenuto da olive coltivate in Italia". Stammt ein Öl aus anderen EU-Staaten, muss es so heißen: "Miscela di oli di oliva comunitari", kommt es aus Produktionsländern außerhalb der EU: "Miscela di oli di oliva non comunitari", und falls es sich um eine Mischung aus europäischen und nichteuropäischen Ölen handelt: "Miscela di oli di oliva comunitari e non comunitari". Diese obligatorischen Texte sind stets kleingedruckt, aber für den aufmerksamen Konsumenten theoretisch lesbar.

Es ist nicht verboten, ein spanisches Öl unter der Marke Carapelli zu vertreiben, aber es ist illegal, dieses Öl als "Made in Italy" auszugeben. Eigentlich wären die Ölvermarkter auf die Angabe einer falschen Herkunft überhaupt nicht angewiesen, denn kaum ein Verbraucher kommt über die Lektüre des in großen Lettern auf dem Etikett prangenden italienischen Namens und des ebenso prominenten Firmensitzes - Lucca, Firenze, etc. - hinaus. Das Kleingedruckte bleibt - wie beabsichtigt - in der Regel ungelesen.

Aus dem Repubblica-Artikel geht leider nicht hervor, welcher Vorwurf den betroffenen Firmen gemacht wird. Geht es darum, dass afrikanisch-spanische Mischungen mit italienischen Markennamen vertrieben werden oder dass die EU-Verordnung (das Kleingedruckte) missachtet wird? Der Unterschied ist grundsätzlicher Natur. Denn es geht um die Frage, ob es sich bloß um rücksichtsloses Marketing oder um strafbaren Betrug handelt...