„WienWein“ setzt neue Akzente
15.04.2010 - R.KNOLL
ÖSTERREICH (Wien) - Zwar steckt den meisten noch der verhagelte Jahrgang 2009 in den Knochen, als die große Wiener Renommierlage Nussberg fast hundertprozentig geschädigt wurde. Aber dennoch richten Wiens Spitzenwinzer den Blick nach vorn und haben ihren 2006 gegründeten Verein „WienWein“ mit vier Betrieben jetzt gleich um 50 Prozent erweitert. Die zwei Neulinge, die sich zu den jugendlichen Dynamikern Rainer Christ (Stadtteil Jedlersdorf), Michael Edlmoser, Richard Zahel (beide Mauer) und Obmann Fritz Wieninger (Stammersdorf) gesellen, sind für Insider alte Bekannte: Mayer am Pfarrplatz und das Weingut der Stadt Wien haben beide viel Tradition und sind in den letzten Jahren wieder gut in Form gekommen.
Bei Mayer am Pfarrplatz führte lang der große, alte Mann des Wiener Weinbaus, Franz Mayer, Regie. Aber 2007 spielte die Gesundheit nicht mehr so recht mit, so dass er sich endgültig zurück ziehen musste und an den ehemaligen Werber Hans Schmid verkaufte. Der stellte eine neue Führungsmannschaft auf, in der heute der Weinviertler Gerhard Lobner das Sagen hat. Franz Mayer (81) nimmt nach wie vor Anteil an der Entwicklung des Hauses und hat mit seiner Nichte Barbara Wimmer, die seit 13 Jahren im Keller tätig ist, immer noch einen „verlängerten Arm“ im einstigen Familienbetrieb, der 1683 gegründet wurde. Ludwig van Beethoven lebte hier ein Jahr (1817) und feilte an seiner „Neunten“.
Mayer am Pfarrplatz erlebte gewisse Qualitätsschwankungen, mehr noch das Weingut der Stadt Wien, das zeitweise so kritische Tropfen erzeugte, dass Wiens genussfreudiges Stadtoberhaupt, Bürgermeister Michael Häupl, im eigenen Haus zum Kostverächter wurde und auf andere Erzeuger auswich. Dann übernahm Thomas Podsednik vor fünf Jahren die Betriebsleitung und schöpfte das Potenzial der Lagen richtig aus. Dabei halfen größere Investitionen in Weinberge und den Keller.
Das Sextett will, wie vorher das Quartett, möglichst oft gemeinsam auftreten und intensive Diskussionen und Gedankenaustausch betreiben. Genau genommen handelt es sich um sieben Betriebe. Denn zum Besitz des Mayer am Pfarrplatz-Eigners Hans Schmid gehört noch als Zweitweingut das Rote Haus, ebenfalls geleitet von Lobner. Die Weine dieses eigentlich selbstständigen Betriebes werden bei Präsentationen von „WienWein“ dabei sein.
Selbstbewusst verkündet Obmann Franz Wieninger: „Wir vereinen jetzt die gesamte Spitze des Wiener Weinbaus und haben unsere Schlagkraft als Organisation enorm gestärkt.“ Ein paar kleinere Produzenten werden hier vielleicht murren. Sicher ist auf jeden Fall, dass die Aushängeschilder Wiens alle im Boot sitzen und mit den gemeinsamen knapp 170 Hektar rund 25 Prozent der Rebfläche auf sich vereinen.
Bei einer solchen Größenordnung kann man auch weingesetzlich aktiv werden. Bereits 2006 definierte die Gruppe einen Kriterienkatalog für den klassischen „Gemischten Satz“, der in Wien Tradition hat. Im Herbst dieses Jahres sollen diese strengen Kriterien in eine Verordnung des Landwirtschaftsministeriums einfließen. Jetzt schon ist der früher von Kennern eher verächtlich angesehene Mischsatz aus mehreren Sorten durch die hohen Qualitätsansprüche von „WienWein“ salonfähig geworden.