Wirbel um den Gault Millau - Armin Diel geht
12.07.2009 - R.KNOLL
DEUTSCHLAND (München) - "Aufruhr im Keller" titelte ddp und vermeldete "Top-Winzer wehren sich gegen den Gault Millau". 14 Betriebe kündigten in einem "offenen Brief" an den Christian Verlag in München an, dass sie keinen Wert darauf legen, für die nächste, Mitte November fällige Ausgabe bewertet zu werden.
Die meisten dieser Erzeuger haben - neben exzellenten Bewertungen - auch schon mal die Ehre erfahren, so etwas wie "Winzer des Jahres" oder "Entdeckung des Jahres" zu werden. Sogar der letztjährige "Winzer des Jahres", Werner Knipser aus der Pfalz, reihte sich in die Reihen der Streithansl ein, fühlte sich aber zugleich in einigen veröffentlichten Aussagen in den Medien nicht richtig zitiert ("da wurde einiges aus dem Zusammenhang gerissen").
Ursache für den Aufstand war die Offerte des Verlages, freiwillig ein "nützliches Paket" mit Werbemaßnahmen und Artikeln zu erwerben. Preis 195 Euro, darin enthalten neben Urkunde, Aufkleber und Logo die Genehmigung, die Veröffentlichung im Gault Millau für die eigene Werbung zu verwenden - was bisher schon von etlichen Erzeugern ohne Schamgefühl und ohne Erlaubnis einfach so praktiziert wurde und eigentlich kostenpflichtig gewesen wäre.
Verleger Clemens Hahn warb um diese "Unterstützung" und machte zugleich deutlich, dass diejenigen, die nicht zahlen, dennoch wie bisher bewertet werden und die Leute an der Front - die beiden Herausgeber Armin Diel und Joel Payne sowie ihre Regionalverantwortlichen - nicht erfahren, wer zu den Verweigerern gehört. Mehr als die Hälfte der Betriebe, die angeschrieben wurden, habe das Angebot nach dem letzten Stand der Dinge akzeptiert. Das ist vermutlich mehr, als der Verlag selbst erwartet hatte.
Aber das Kind fiel dennoch in den Brunnen. Denn die Revolte forderte ein Opfer. Armin Diel, selbst Weingutsbesitzer und deshalb für seine Doppelrolle als Winzer und zugleich kritischer Herausgeber eines Weinführers von etlichen in der Branche (und von einigen Journalisten) immer wieder angefeindet, erklärte seinen Rücktritt. Dabei wusste Diel in seiner Arbeit durchaus zu trennen. Wer mit ihm viel verkostet, weiß das. Zudem opferte er überreichlich Zeit für die Tätigkeit als Regionalvorsitzender des VDP Nahe, brachte diesen einst müden Laden auf Vordermann und engagierte sich darüber hinaus enorm im Bundes-VDP. Aber jetzt fühlte er sich persönlich zu hart attackiert und wohl zudem enttäuscht von Leuten, die er förderte oder als faire Kollegen betrachtet hatte. Sein Kollege und Freund Joel Payne soll es jetzt allein richten.
Tatsache ist, dass einige der Protestler schon länger damit liebäugelten, nichts mehr anzustellen und den Verleger-Brief jetzt als willkommenen Auslöser für eine Absage ansahen. Gründe dafür sind zum Beispiel Beurteilungen, mit denen man nicht einverstanden war oder persönliche Animositäten gegen Regionalverkoster.
Spricht man die Winzer darauf an, dass sie sehr wohl bei diversen Weinwettbewerben an den Start gehen und hier auch Gebühren entrichten (meist deutlich mehr, als vom Gault Millau erbeten), so heißt es: "Das ist etwas ganz anderes und nicht mit einem Weinführer vergleichbar." Auf jeden Fall haben die deutschen Produzenten beim Gault Millau in den letzten Jahren viel Geld gespart, zieht man den Vergleich mit Führern im Nachbarland Österreich. Dort ist es Usus, dass bis zu 600 Euro abkassiert werden, alternativ sind mindestens 20 Bücher abzunehmen. Die Österreicher werden entweder über die Deutschen lachen oder sich selbst zum Aufstand animiert sehen...
* PS: Der Autor, Rudolf Knoll, ist beim Gault Millau für Franken zuständig. Er bekam schon Anrufe von Winzern, die den Protest als "absoluten Unfug" bezeichneten, weil man einen Führer wie den Gault Millau unbedingt brauche und man davon enorm profitiert habe. Er geht jetzt gleich wieder in den Keller, um die nächste Kollektion zu probieren und denkt sich, dass die Arbeit dafür so schlecht bezahlt wird, dass seine Raumpflegerin im Vergleich fürstlich entlohnt wird. Aber man macht es ja, um dem deutschen Weinbau auf die Sprünge zu helfen. Zugleich würde er die nicht eben glorreiche 14 am liebsten in den Kindergarten schicken und sie zum Backen von Sandkuchen verurteilen. Und zum Verspeisen derselben… Mahlzeit!