Dirk Würtz- Weinmacher und Visionär

16.03.2009 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Gau-Odernheim) - Das Weinportal YOOPRESS hat den Anspruch, neben seinen täglich erscheinenden Artikeln den Lesern darüber hinaus zukünftig authentische Informationen anhand brandheißen Interviews mit lebenden Zeitzeugen der Weinszene zu liefern. Heute starten wir mit dieser Reihe der Kategorie "Portrait". Und mit wem fangen wir an? Das war eine äußerst schwierige Frage in unserer Redaktion.

 

Wir haben uns für einen Weinmacher entschieden, einem Revoluzzer und Qualitätsfanatiker aus Rheinhessen, der neben seiner Tätigkeit als querdenkender Weinerzeuger aktuell auch noch die neuen Medien ekzessiv nutzt. Nicht nur damit bringt er seine Winzerkollegen ins Grübeln, sondern er mischt gleichzeitig die Weinliebhaber aber auch die Internet-Gemeinschaft ordentlich auf.

Wir sprachen mit Dirk Würtz - ein gestandener Vater, ambitionierter Amateur auf dem Rennrad, Querdenker, Provokateur, Blogger, Twitterer, kurz gesagt ein Visionär im Weinmarketing und Vordenker für das Wein im Web 2.0-Zeitalter sowie gleichzeitig, dabei scheinbar locker, nebenher auch noch Weinmacher und ein unkomplizierter netter Mensch.

YOOPRESS: Wie ordnen Sie sich innerhalb dieser Aktivitäten ein?

DIRK WÜRTZ: Das Radfahren hat sich aufgrund meines Unfalls ja leider erst einmal erledigt. Vielleicht wird es ja wieder. Aber ernsthaft: Ich kann mit diesen Attributen eigentlich wenig anfangen. Ich bin in erster Linie Weinmacher und habe eine hohe Affinität zum web.

YOOPRESS: Woher nehmen Sie die Zeit für Ihre intensiven und vielfältigen Tätigkeiten und wie organisieren Sie sich?

DIRK WÜRTZ: Gute Frage. Vielleicht sollten Sie das meine Frau besser fragen. Es ist ja glücklicherweise so, dass der Tag 24 Stunden hat..

YOOPRESS: Wie steht Ihre Familie, Ihre Frau zu Ihren umtriebigen Aktivtäten?

DIRK WÜRTZ: Meistens eher skeptisch. Ich bin schnell für etwas zu begeistern und auch schnell wieder gelangweilt. Das macht Sie zwar seit 16 Jahren irgendwie mit, aber ich muss sie immer vom Nutzen einer Aktivität überzeugen.

YOOPRESS: Sie sind offensichtlich der aktivste Internet-Winzer Deutschlands. Ihre Beiträge zu diversen Themen im World Wide Web sind als Winzer unerreicht. Was treibt Sie an?

DIRK WÜRTZ: Das www ist für mich absolut perfekt. Ich kann mich mitteilen, auch wenn es nicht jeden interessiert, ich kann unsere Produkte vorstellen und ich kann mich über das was die Leute wirklich beschäftigt schnell und unkompliziert informieren.

YOOPRESS: Aktuell haben Sie seit dem 6. November 2008 über 1.000 Tweeds im Twitter unterbracht. Mal ehrlich, wie werten Sie als erfahrender Twitterer das Abenteuer Twittern für die Weinszene?

DIRK WÜRTZ: Twitter ist ein zweischneidiges Schwert. Zum Einen ist es ein perfektes und schnelles Kommunikationsmittel. Zum Andern kann man es auch privat nutzen. Es hilft jedenfalls Weinthemen zu transportieren

YOOPRESS: Vor kurzem gab es einen innovativen Event auf der CeBIT mit dem Thema "Deutschlands Erste Twitter-Weinverkostung" . Wie ist Ihr Fazit?

DIRK WÜRTZ: Alles in Allem sehr gut. Es war natürlich, wie bei allem neuen, etwas chaotisch. Aber erstens muss das so sein und zweitens hat Marlene Duffy mit Ihrer charmanten und professionellen Art, das Ganze gut vom Eis geholt.

YOOPRESS: Wo liegt die Wertigkeit dieser Art der Verkostung? Würden Sie eine Wiederholung empfehlen und wenn ja, unter welchen geänderten Voraussetzungen?

DIRK WÜRTZ: Auf jeden Fall sollten Twitter Verkostungen zum Standart werden. Man braucht halt einfach nur etwas mehr Zeit.

YOOPRESS: Was sind Ihre elementaren Ziele zwischen Ihrem viel beachteten Internet Blog und dem von Ihnen geplantem Mitwachweb?

wein.over-blog.com

 

DIRK WÜRTZ: Das liegt eigentlich auf der Hand. Ein Blog wird einfach nur gelesen, sprich konsumiert. Die nächste Stufe ist die Einbindung eines Social Networks, an dem sich jeder beteiligen kann. Insbesondere auch gestalterisch. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Jedem der sich im Netz auf diese Art bewegt muss klar sein, dass das nur funktioniert, wenn er sich völlig "nackt" macht. Dazu gehört auch, viel Kritik einzustecken und sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die auch mal unangenehm sind.

YOOPRESS: Sie hatten letztes Jahr einen unglücklichen und schweren Radunfall. Wie hat dieses tiefgreifende Erlebnis Ihre Aktivitäten beeinflusst und welche Pläne sind nach der Genesung daraus entstanden?

DIRK WÜRTZ: Wenn man eine gewisse Zeit einen Rollstuhl und Gehhilfen braucht, lernt man demütig zu sein. Beeinflußt in meinen Aktivitäten hat mich der Unfall eigentlich nicht. Ich werde sicher wieder Rad fahren - vielleicht künftig etwas langsamer ;) Wenigstens hatte ich so einmal wirklich viel Zeit, beispielsweise für das bloggen.

YOOPRESS: Beeinflussen bzw. inspirieren Sie die Kontakte aus der Blogger- und Twitter-Szene beim Erzeugen Ihrer Weine?

DIRK WÜRTZ: Nein.

YOOPRESS: Was sind Ihre Prioritäten bei der Ernte und Vinifizierung Ihrer Weine?

DIRK WÜRTZ: Wir versuchen, wie eigentlich alle, gesunde und geschmacklich ausgereifte Trauben zu ernten. Wenn das der Fall ist, vinifizieren die sich eigentlich von selbst. Da ist einfacher als kochen.

YOOPRESS: Was zeichnet Ihre Weine aus, was ist ihr Charakter?

DIRK WÜRTZ: Sie haben Ecken und Kanten und sind absolut trocken.

YOOPRESS: Was sind Ihre Ziele in der Weinbereitung und im Weinmarketing?

DIRK WÜRTZ: Das Ziel ist immer die Produkte zu verkaufen, sonst müsste ich ja noch mehr trinken.

YOOPRESS: Wo ist der Bezug zwischen Ihren Webaktivitäten und dem Marketing für Ihre Weine?

DIRK WÜRTZ: Die beiden Dinge gehören absolut zusammen. Durch die Aktivitäten im www erfahren immer mehr Menschen, das wir Wein produzieren, den man erwerben und trinken kann.

YOOPRESS: Können Sie bereits abschätzen, ob Ihr intensiv betriebener Blog und Ihr intensives Twittern den Umsatz mit Ihren Weinen beeinflusst?

DIRK WÜRTZ: Das ist schwer exakt messbar. Aber ja, ich merke in der letzten Zeit durchaus einen Effekt.

YOOPRESS: Neben Ihren Internet- Aktivitäten sind Sie gefragter Teilnehmer in Diskussionen zum Thema Wein. Was beschäftigt Sie momentan am meisten, etwa die neuen anstehenden EU-Verordnungen?

DIRK WÜRTZ: Das ist in der Tat ein spannendes Thema. Die anstehende Weinmarktreform birgt sehr viele Chancen für die Weinproduzenten. Dafür muss sie aber zuerst einmal in nationales Recht umgesetzt werden. Und ich befürchte, dass wird nicht ganz so einfach. Da herrscht viel Skepsis, Unkenntnis und Angst etwas zu verlieren.

YOOPRESS: Welchen Neuerungen der EU-Verordnungen stehen Sie skeptisch gegenüber und welche könnten Sie so wie sie sein mögen guten Gewissens akzeptieren?

DIRK WÜRTZ: Ich persönlich kann sie eigentlich alle akzeptieren, da ich ein großer Freund der Marktliberalisierung bin. Wenn wir auf Dauer hier in Deutschland Wettbewerbsfähig sein wollen, dann müssen wir uns öffnen und endlich begreifen, dass es nur einen gibt, der über Wohl und Weh bestimmt: Der Kunde. Es kann einfach nicht sein, das Steuergelder in Multimillionenhöhe für die Stützung von Produkten verblasen wird, für die es keinen Bedarf gibt.

YOOPRESS: Was ist Ihrer Meinung nach die aufregendste Neuerung der geplanten EU-Weinmarktreform?

DIRK WÜRTZ: Das Herkunfts- und Bezeichnungsrecht. Hier könnten wir uns enorm profilieren. Das ist eine echte Chance die sich hier bietet.

YOOPRESS: Was möchten Sie Ihren Winzerkollegen empfehlen?

DIRK WÜRTZ: Macht euch auf in das Wein im Web 2.0, bevor wir bei 2.1 sind. Nutzt die Chancen, die hier angeboten werden.

YOOPRESS: Kommen wir nun zu den "wirklich prickelnden" Fragen. Was hat Sie "geritten" die Empfehlung auszusprechen, Ihre Rieslinge mit Cola zu mischen, etwa ein Marketing-Geck?

DIRK WÜRTZ: Weil ich das selbst oft trinke. In unserer Gegend hier ist der "Colaschoppen" ein ganz normales Alltagsgetränk. Das kennt hier jeder und das trinkt auch fast jeder. Das die Gralshüter der reinen Weinwahrheit damit natürlich nichts anfangen können, oder wollen, ist klar. Die heftigen Reaktionen haben mich allerdings schon ein wenig überrascht. Wobei ich sagen muss, dass sie Zustimmung größer ist, als die Ablehnung.

YOOPRESS: Sie tragen auf vielen Fotos und wie ich sehe auch im richtigen Leben eine Schirmmütze, Sie nennen sie "Arbeitsmütze", ist dies eine Marotte?

DIRK WÜRTZ: Ja und zwar eine ganz gewaltige. Ohne fühle ich mich irgendwie nackt.

YOOPRESS: Was sind zur Zeit Ihre privaten Wünsche und Träume?

DIRK WÜRTZ: Ich hätte gerne eine ganze Schar von Kindern. Aber dafür ist es leider etwas zu spät. Und mein größter Wunsch ist, dass meine Familie gesund bleibt.

YOOPRESS: Sie zitieren in einer Rubrik Ihres Blocks: "In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst", "Lasst uns aufeinander achten und uns zur Liebe und zu guten Taten anspornen" sowie "Achtet nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das des anderen". Was verbindet Sie mit diesen Parabeln?

DIRK WÜRTZ: Das sind keine Parabeln, sondern Zitate aus der Bibel. Ich bin katholisch.

YOOPRESS: Welcher Winzerkollege ist Ihr Vorbild, welche Rebsorte finden Sie interessant, welcher Wein eines Winzerkollegen hat Sie bisher am meisten beeindruckt?

DIRK WÜRTZ: Ich habe eigentlich keine Vorbilder im klassischen Sinn. Jedenfalls keine fassbaren. Ich bin ein absoluter Fan des Pinot Noir und ich schätze und liebe fast alle Weine aus dieser Rebsorte. Wer mich am meisten mit seinen Weinen und auch seiner Persönlichkeit beeindruckt ist Klaus Peter Keller und auch Patrick Johner. Letzterer nicht nur wegen seiner Weine, sondern wegen seiner Vorreiterrolle und Kreativität was das Wein im Web 2.0 angeht.

YOOPRESS: Zum Abschluss.Was ist von Dirk Würtz in Zukunft zu erwarten?

DIRK WÜRTZ: Wenn ich das wüsste...

YOOPRESS: Herr Würtz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Mehr über Dirk Würtz, studierter Betriebswirt, Politologe, Philologe und ehemaliger Kellermeister bei Weil, erfahren Sie auf seinem Blog, oder twittern Sie einfach mit ihm, er ist um keine Antwort verlegen.

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