Gastronomie in Aufruhr
Weinautomaten beleben die Weinszene
Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 24. September 2018
Gekühlte Fränkische Weine aus dem Automaten
DEUTSCHLAND (Würzburg) Es ist gerade mal drei Wochen her, da wurde der erste "Bocksbeutelautomat" in Würzburg aufgestellt und in Betrieb genommen. Die Platzierung könnte besser nicht sein. Im Herzen der Stadt, direkt neben einem Lebensmittelmarkt, gelegen in der viel frequentierten Domstrasse, bietet der Automat 24/7 gekühlten Frankenwein aus der Flasche an. Angefangen von der Miniaturflasche für drei Euro, gefüllt mit Silvaner vom Volkacher Kirchberg, über Kerner und Grauburgunder aus Thüngersheim sowie Müller-Thurgau und Bacchus aus dem Weinort Erlabrunn bis hin zum Bocksbeutel, gefüllt mit Silvaner vom Würzburger Stein für 15 Euro.
Die Voraussetzung für den Kauf am "Bocksbeutelautomaten" ist einfach: der Konsument ist 16 Jahre alt, nachzuweisen durch einen Ausweis, der vor dem Kauf in das Lesegerät am Automaten gesteckt werden muss. Betrieben wird der Automat von einem zu Edeka gehörenden Lebensmittelmarkt, wo er auch aussen angebracht ist. Ein Sprecher des Marktes wird in der regionalen Tageszeitung zitiert: "Die Idee kam uns durch Automaten, die Grillfleisch anbieten. Und da wir uns mitten im fränkischen Weinbaugebiet befinden, wir selber eine grosse Vielfalt fränkischer Weine anbieten, lag die Idee nahe, es mit Wein zu probieren. Wir haben bisher zwar nur eine Erfahrung von rund drei Wochen, aber die Akzeptanz ist zufriedenstellend, am Wochenende sogar sehr gut."
"In-Treff" Würzburgs
In unmittelbarer Nähe des Supermarktes führt die Domstrasse in ihrer Verlängerung auf die alte Mainbrücke. Seit Jahren agieren an den beiden Brückenenden insgesamt vier Gastronomen. Deren besonderer Vorteil ist es, dass Weinkonsum auf der Alten Mainbrücke seitens der Stadt erlaubt ist, was Bürger der Region wie gleichfalls Touristen ausgiebig nutzen. Dort ist somit auch das kommunikative Zentrum der Stadt, der "In-Treff" Würzburgs. Hier trifft man sich mit Freunden zum Quatschen und Weintrinken oder startet von hier aus in die Stadt oder verabredet sich zum Feierabendschoppen. Hierhin findet jeder Tourist, macht Fotos der majestätischen Marienburg, des imposanten Käppele (Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung auf dem Nikolausberg) und des Mains.
Der Automat ist ein Witz
"Der Automat ist ein Witz", wird einer der vier Gastronomen in der regionalen Presse zitiert. "Da versuchen immer mehr auf die Welle Brückenschoppen aufzuspringen. Uns vier Gastronomen obliegt es, den Brückenwächter zu bezahlen und der ist nicht billig. Und uns ist es untersagt, flaschenweise den Wein anzubieten, wir dürfen nur schoppenweise ausschenken. Was tun die Leute? Sie bringen eigenen Wein mit auf die Brücke. Und vor allem, wir sind es dann, die leere Flaschen einsammeln und entsorgen."
Auch die GWF (Kitzinger Gebietswinzergenossenschaft Franken), die das "MAINWEIN" Weinbistro an der Alten Mainbrücke betreibt, betrachtet den Betrieb eines "Bocksbeutelautomaten" mit gemischten Gefühlen. "Das Thema ist sehr sensibel und schwierig zu bewerten", wird ein Sprecher der GWF in der regionalen Presse zitiert. "Uns feindet man ständig an, weil wir die Alte Mainbrücke belagern und als Vinothek missbrauchen würden. Wir dürfen zwar Bocksbeutel verkaufen, die dürfen aber nicht aus dem Kühlschrank kommen. Damit soll ein direkter Verzehr auf der Alten Mainbrücke möglichst verhindert werden. So sehr wir eine neue Station zum Verkauf von Bocksbeutel begrüssen, so bleibt es ein zweischneidiges Schwert."
Alle warten auf die Entscheidung der Stadt
Während die Diskussion andauert, prüft die Stadt Würzburg in Bezug auf Zulässigkeit und in Sachen Jugendschutz. Noch ist eine Genehmigung des Betriebs des "Bocksbeutelautomaten" auf Dauer nicht endgültig entschieden. Touristen und Einheimische begrüßen den individuellen Kauf von gekühltem Frankenwein – ihnen sind die Bedenken der Gastronomen egal. Nimmt aber die Menge leerer Flaschen und sonstiger Abfall auf der Alten Mainbrücke zu, so wird dies sicherlich die Kontrahenten weiter in Atem halten.