Im Trend: Looping, Muschi und Trolli-Cocktail

22.06.2009 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Weinsberg) - Trinken Sie noch Wein pur? Wie langweilig! Es geht längst anders und hat nichts mit der konventionellen Schorle (in Österreich G'spritzter genannt und von der Weinwerbung durchaus forciert) zu tun. Man kann Wein auch mit anderen Getränken kombinieren - und das sogar erfolgreich. Was dabei getan wird, ist zwar nach Auffassung konservativer Genießer ein Frevel, zu bestrafen mit mindestens einigen Fegefeuer-Jahren. Aber der Bruch mit Traditionen kann verkaufen helfen.

 

Niemand wird gezwungen, das zu bejubeln. Aber schließlich gibt es jede Menge nicht sehr erfreulicher "normaler" Weine, bei denen man den Daumen senken muss und sich über die Unverfrorenheit von Erzeugern wundert, so etwas in Flaschen zu füllen. Ergo: Warum nicht Cocktails mit Wein? Das Staatsweingut in Weinsberg (Württemberg) verkauft vom "Looping" einige hunderttausend (!) Flaschen. Es handelt sich dabei um eine Mischung von schwarzem Johannisbeersaft mit Traminer und Lemberger, die mit ihrer angenehmen Fruchtigkeit durchaus Spaß macht.

Konsequent geht man im Ländle noch weiter und empfiehlt den Trollinger neuerdings als wesentlichen Bestandteil verschiedener Cocktails. Die Genossenschafts-Weinwerbung schrieb sogar einen Wettbewerb für Barkeeper und andere Tüftler aus. Im Herbst sollen die besten Trolli-Cocktails prämiert werden. Man will damit die für Württemberg wichtige Sorte (über 20 Prozent Flächenanteil) von ihrem altmodischen Image befreien und neue Zielgruppen erschließen. Das gelang schon mal bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises in Berlin, als sich manche Prominenz ein Glas einschenken ließ und den bei solchen Anlässen üblichen Prosecco offenbar überhaupt nicht vermisste. Der wird neuerdings übrigens in München, nach einem Vorbild aus dem Veneto, nicht mehr solo vertilgt, sondern mit Eiswürfeln, Soda, Zitronen- oder Orangenscheiben und etwas Aperol. Das "Sommergetränk" wird als "Sprizz" oder "Sprissetto" bezeichnet.

Das alles aber ist noch gar nichts gegen das "Rotwein Cola Zeugs", auch genannt "Kalte Muschi". Denn hier handelt es sich um die teuflisch anmutende Kombination Cola mit Wein, die jetzt in handlichen 0,35-l-Flaschen im Sixpack auf den Markt kam. Der Einzelflaschenpreis beträgt 1,39 Euro, das Sextett kostet 7,99 Euro. Der Hamburger Kult-Fußballclub FC St. Pauli hat, so weist es die Ausstattung aus, das Getränk bereits zum "offiziellen Kaltgetränk" erkoren. Das "Vereinswappen" der Kiez-Kicker, ein Totenkopf, prangt auf einer Halsschleife.

Im Selbstversuch zeigte sich, dass man die Mixtur, deren Name sich vom traditionellen (!) spanischen Wein-Cola-Getränk "Calimocho" ableitet, trinken kann, ohne Schaden zu nehmen. Urheber sind vier Freunde aus Essen, die für die Vermarktung die Firma TSAC gründeten und sich über bislang gute Akzeptanz im Handel ab Hessen bis in den hohen Norden freuen können.

Wer die Nase rümpft, sollte zwei Dinge bedenken: In den Weinbaugebieten Rheinhessen und Pfalz ist es "cool", sich mit "Cola Rot" und "Cola Weiß" zu erfrischen, das ist auch nichts anderes als eine Wein-Cola-Mischung. Und mit dem Getränk wird Wein vom Markt genommen, der ansonsten schwer verkäuflich geworden ist.

Der rote Cola-Partner ist deutscher Dornfelder. Die Sorte, vor einigen Jahren noch voll im Trend, bekam durch einen extremen Flächenzuwachs gewaltige Absatzprobleme, verbunden mit einem Preisverfall. Im 6er Pack steckt rund ein Liter Dornfelder, das bedeutet einen grob geschätzten Regalpreis von etwa fünf Euro/Liter - viel mehr, als derzeit für diesen Wein in einer Normalflasche im LEH zu erzielen ist. Die TSCA'lers sind also schon fast so etwas wie Wohltäter der deutschen Weinwirtschaft und machen zudem bei den derzeit geringen Einstandspreise für Dornfelder keinen schlechten Schnitt...

Vielleicht denken sie bereits darüber nach, nicht nur Trikot-Sponsor in St. Pauli zu werden, sondern mit einigen anderen deutschen Kult-Fußballclubs zu paktieren. Anbieten würde sich der 1. FC Kaiserslautern, hier in roter Ausstattung nach den Vereinsfarben, das Getränk könnte Rotwein Cola Rote Teufel heißen, obwohl die Kicker vom Betzenberg in den letzten beiden Jahren vom Publikum oft verteufelt wurden. Südlich der Donau wäre vielleicht mit dem TSV 1860 München ein Geschäft zu machen. Hier empfiehlt sich blaue Ausstattung. Und der Name ergibt sich aus dem Zweitnamen der Sechziger wie von selbst (Rotwein Cola Löwen) - auch wenn nach den Leistungen der letzten Jahre eher doch wieder eine (zahme) Katze Symbolfigur sein könnte.