Neusiedlersee: Der Irrtum mit Rot

Rebfläche

6700 Hektar

Produktion

350 000 bis 400 000 Hektoliter

Top 3-Traubensorten

Welschriesling, Zweigelt, Blaufränkisch

Weinart

Stets sehr gehaltvolle, würzige Weissweine und ebensolche Rotweine, die Ausbau in Barriques gut vertragen, dazu rassige edelsüsse Trockenbeerenauslesen und andere Süssweine mit langer Haltbarkeit

Früher musste das Gebiet mit Vorurteilen leben. «Gibt es da überhaupt trockene Weine», murrte Anfang der 80er Jahre ein österreichischer Weinautor, als er in Gols ein Weingut besuchte. Dann verbreitete er die Meinung, dass man an der Ostseite des Neusiedlersees keine roten Sorten anbauen dürfe, weil diese hier nicht gut gedeihen. So kann man sich täuschen! Erstens gibt es in dieser früher Seewinkel genannten Region längst hervorragende Weissweine, meist von Sorten der Burgunderfamilie. Und Rotweinreben sind mittlerweile dominant. Zwar wurde vor gut zehn Jahren der Anbau internationaler Sorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot wieder zurückgefahren. Aber dafür eroberten Zweigelt, St. Laurent, Blaufränkisch und Blauburgunder Fläche. Der Blaue Zweigelt hat seit 2012 DAC-Status; bei der Zusatzbezeichnung Reserve dürfen auch kleinere Anteile anderer Sorten im Spiel sein. 

Geschichte

Man könnte natürlich bei den alten Römern anfangen. Aber beginnen wir mit der jüngeren Geschichte, in der Rust auf der Westseite des Sees nur etwa 460 Hektar Rebfläche hatte. Der Name der Freistadt wurde vor 1985 für ein riesiges Anbaugebiet rund um den flachen Binnensee genutzt. Rust-Neusiedlersee stand damals für über 19 000 Hektar Rebfläche. Etliche Weinorte, auch das nicht betroffene Rust, rückten in den kritischen Fokus, als der Glykolskandal übertriebene Schlagzeilen machte. Weil es damals vor allem um Süssweine ging, die mit einem unerlaubten Zusatz extraktreicher gemacht wurden, beschleunigte sich der Umstieg von Weiss auf Rot am Ostufer des Sees. Aber von den ehrlichen, natürlich gewachsenen edelsüssen Weinen wollte man dennoch nicht lassen. Schliesslich konnte ein Ort wie Illmitz vor 1985 einige «Weltmeister-Weine» bei Wettbewerben vorweisen.

Klima und Boden

Pannonisches Klima herrscht vor. Die Sommer sind in der Regel heiss und trocken, die Winter so kalt, dass hier manchmal auch die Erzeugung von Eiswein möglich ist. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit und die Herbstnebel wird vor allem im südlichen Teil die Gewinnung von edelsüssen Weinen möglich. Illmitz ist fast so etwas wie eine «Welthauptstadt der Botrytis-Weine». Den Untergrund bilden verschiedene Bodenarten, nämlich Löss, Schwarzerde, Schotter und Sand.

Anbaugebiete und Rebfläche

In vielen Bereichen wirkt das Gebiet flach wie ein Waschbrett, obwohl es durchaus hügelige Flächen gibt. Die guten Weinorte sind aneinandergereiht wie Perlen an einer Schnur, von Neusiedl und Gols am Nordufer des Sees über Podersdorf, Illmitz, Apetlon und Pamhagen im Süden sowie Andau, Frauenkirchen und Mönchhof im Osten. 

Weine und Produktionsmenge

Die Rotweine haben oft fruchtigen Charme und sind nicht so streng im Ausdruck wie anderswo. Die guten herben Weissweine, meist von Weissburgunder und Chardonnay, sind nicht selten geprägt vom geschickten Ausbau im neuen Holz. Eine Besonderheit sind die edelsüssen Gewächse, für die sich die Sorte Welschriesling sehr gut eignet. Neben Auslese, Beerenauslese und Trockenbeerenauslese werden hier von einigen Winzern auch Strohweine erzeugt; dabei werden die Trauben über einen längeren Zeitraum in einem Folientunnel auf Stroh getrocknet und erst bei einer hohen Zuckerkonzentration gekeltert. Die Erntemengen sind gering, bei edelsüssen Weinen sind es oft nicht mal 10 Liter pro Ar.