Sandro Gini pflegt in Monteforte Alpone im Veneto die Liebe zur weissen Garganega-Traube, die er auf vulkanischen Böden auf Direktträgern zieht, und zum Weinbau auf den Hügeln, die er für künftige Generationen bewahren will.
Sandro Gini lächelt verschmitzt, als er mir die Fassproben des Jahrgangs 2022 vor die Nase stellt: «Drei Soave-Lagen, Monte Froscà, Monte Tenda und Contrada Salvarenza: Welche ist welche?» Knapp die Frage, knapp die Antwort: Der knackige, mineralische Wein ist La Froscà, der facettenreiche Salvarenza und der breite Monte Tenda. Dann ein erwartungsvolles Harren meinerseits, bis Sandro meine Hypothese bestätigt.
So schwierig war die Aufgabe allerdings nicht: Ein Soave aus Hügellagen zeigt, wo er herkommt. Vulkanische Böden (Froscà) geben sich krokant und mineralisch-salzig, Mischböden (Monte Tenda) breiter und reif-fruchtiger, und alte Reben auf Basalt (Salvarenza) sind mit ihrer Komplexität sowieso etwas Spezielles. Ich hatte mich schliesslich schon ein paar Tage durch die Soave-Weine und -Zonen gekostet und bereits einen Überblick über die 33 UGA (Unità Geografiche Aggiuntive, geografische Zusatzbezeichnungen für Weiler und Lagen, die einen eigenen Charakter haben und auf dem Etikett angeführt werden dürfen) des Soave-Gebietes gewonnen. Der grösste Teil der UGA besitzt vulkanische Böden, ein kleiner auch von Kalk dominierte. Und natürlich sind alle in Hügellagen zu finden. Vorwiegend bestockt sind sie mit der Garganega-Traube: Wenn das Terroir passt, sei sie eine der grossen weissen Varietäten Italiens, meint Sandro Gini.
«Die Weine sind saftig und dank der mineralischen Salzigkeit voller piacevolezza.»
Der Önologe ist mit seinem Bruder, dem Agronomen Claudio, Besitzer des gleichnamigen Weingutes in Monteforte Alpone. In seinen Soave- Weinen verwendet er Garganega reinsortig, auch wenn andere Rebsorten wie Trebbiano erlaubt wären. Aber Garganega sei eine besondere Traube, meint Sandro: «Mit ihrer feinen Säure ist sie bei 11,5 Prozent Alkoholgradation genauso in Balance wie bei 13.» Sie habe im speziellen Mikroklima der Hügel des Soave ihr ideales Habitat gefunden, sagt der Weinmacher: «Die Weine aus diesem Gebiet sind saftig und dank der mineralischen Salzigkeit voller piacevolezza. Dazu kommen Struktur, Komplexität, Langlebigkeit...»
Wir sitzen in einem kleinen Fischlokal in einem mittelalterlichen Borgo von Soave, der kleinen Stadt östlich von Verona, die auch dem gleichnamigen Weisswein den Namen gab. Vor uns stehen nicht nur die Fassproben, sondern auch ein paar ältere Jahrgänge des La Froscà: nobel und fruchtig der 2016er, harmonisch und süffig ein 2011er, geprägt von einer hervorragenden Ventilation und kühlen Brisen, die den Weinen dieser Lage Knackigkeit verleihen. Und natürlich auch ein langes Leben.
Denn gerade diese Langlebigkeit eines Soave würde immer noch unterschätzt, meint Sandro: «Zu meinem Grossvater kamen die Wirte immer im Frühjahr, um neuen Wein zu kaufen. Sie kamen aber nicht, um das Fass mit dem Wein gleich mitzunehmen, sie wollten ihn erst, wenn er reif war. Und mein Grossvater behielt das Fass zumindest bis zum nächsten Jahr, manchmal auch zwei Jahre im Keller, bevor er den Wein auslieferte.» Sandros Fazit daraus: «Ab drei Jahren kann man einen guten Soave trinken. Dann gibt es natürlich noch die Selektionen, die Riserve, die auch nach 10, 20 Jahren Vergnügen bereiten.»
Renaissance des Soave
Lange wurde dieses Potenzial wenig geschätzt: Zu viel Quantität und zu wenig Qualität hatten die Reputation des einstigen Aushängeschilds unter Italiens Weissweinen ramponiert. Gott sei dank habe sich das in den vergangenen Jahren wieder umgekehrt, seufzt Sandro erleichtert: Durch eine konsequente Erforschung des Terroirs und die Schaffung der UGA hat man den Soave wiederbelebt. Dazu hat auch Sandro beigetragen – bis Anfang 2024 stand er der Winzervereinigung des Soave für zwei Perioden als Präsident vor.
Inzwischen kümmert er sich wieder in erster Linie um seinen Familienbetrieb: Bedingungslose Qualität steht dabei im Mittelpunkt, schonender Anbau, strikte manuelle Selektion mit bis zu drei Lesegängen und akkurate Arbeit im Keller mit langen Reifezeiten. Bereits seit 1985 wird Schwefelzusatz vermieden. Das hat damals bereits die Idee des Qualitätsweinbaus in Italien verändert und zur Purezza des Ausdrucks eines Weines beigetragen, erinnert sich Sandro. Und noch ein Geheimnis verrät er nach einem genussvollen Schluck von seinem 2011er Froscà: «Wir lassen die Trauben und später den Wein sprechen und hören ihnen zu.»
Sandro war auch einer der Ersten, der im Soave auf biologische Bewirtschaftung setzte. «Nur so kann man die Qualität dieser hundert Jahre alten Rebstöcke bewahren und dafür sorgen, dass es auch in Zukunft hundertjährige Rebberge gibt», hat er mir erzählt, als wir am Nachmittag durch die alten Reben der Contrada Salvarenza wanderten – kraftvolle Direktträger, von der Reblaus verschont, die über die Jahre ihre Balance gefunden haben. «Aber es ist nicht nur die Qualität der Böden, die Mineralität, die sie den Weinen verleihen, es sind auch die Position, die Ventilation, die Sonneneinstrahlung, die Rebziehung: Das ganze Zusammenspiel muss funktionieren.»
Deshalb ist der Contrada Salvarenza auch in jedem Jahrgang einer der Top-Soave, elegant, mineralisch und doch mit einer gewissen Opulenz, die nur den besten Weinen des Anbaugebietes eigen ist. Der La Froscà hingegen, vom gleichnamigen Hügel, ist krokantener und mineralischer als sein Bruder, sein vulkanisches Feuer ist auch in alten Exemplaren aus den 1990er Jahren nicht erloschen.
Wichtige Hügellagen
Die Kellerei, in der diese Weine entstehen, liegt nicht weit von diesen Rebbergen entfernt, mitten in Monteforte Alpone. Auch das Appassimento der Soave-Trauben für die Reciotos findet hier statt, wie für den opulenten Renobilis, der nur in ausgewählten Jahren wie 2016 aus edelfaulen Trauben gewonnen wird. Das Appassimento des Recioto ist auch eine Tradition, die in den gut durchlüfteten Hügeln des Soave zur Perfektion gebracht wurde. Denn vieles, was die Qualität des Soave ausmache, sei mit den Hügeln verbunden, wo die Trauben wachsen, ist Sandro überzeugt. Daher ist eine der wichtigsten Errungenschaften seiner Präsidentschaft im Konsortium die GHIAS (Globally Important Agricultural Heritage Systems)-Auszeichnung der FAO (Food and Agriculture Organisation der UNO) für Soave – eine Auszeichnung für landschaftliche Schönheit in Kombination mit landwirtschaftlicher Nutzung.
Sandro Gini erzählt: «Die Arbeit in Hügellagen wird nicht honoriert: Unsere Jungen laufen weg vor dieser ‹heroischen Landwirtschaft›, über die man so gerne spricht. Durch die Möglichkeiten der Mechanisierung und die einfachere Arbeit in der Ebene verlassen einige der besten jungen Winzer das hügelige Gebiet. Aber wenn die Jungen gehen, was ist unsere Zukunft?» Das machte er auch dem Kommissar klar, der 2018 gekommen war, um die Bewerbung zu prüfen. Und schon nach zwei Monaten erhielt das Soave-Gebiet als erstes Weinbaugebiet in Italien die GHIAS-Auszeichnung.
Die Auszeichnung ist nicht alles: Damit verbunden ist auch eine Unterstützung für Projekte, die direkt den Bauern zugutekommt, die dieses Erbe pflegen. Damit habe er auch ein wichtiges Ziel als Präsident erreicht, meint Gini zufrieden, während wir den letzten Rest der Flasche mit dem 2011er Froscà leeren: «Das ist eine Anerkennung für all jene, die diese Landschaft so erhalten haben, wie sie jetzt ist. Und ein Ansporn, dass auch die Jungen hierbleiben, um weiter Soave in den Hügeln zu produzieren.»
Gini für jeden Geschmack
Soave natürlich, aber auch Schaumweine, Passiti, Pinot Noir und eine Palette an opulenten Valpolicella- Weinen sind Teil des Portfolios der Familie Gini.
Gran Cuvée Brut Vino Spumante di Qualità Camillo 2013
18 Punkte | 2024 bis 2030
Je zu einem Drittel Garganega, Chardonnay und Pinot Noir, mindestens sechs Jahr auf der Hefe belassen: krokantene Nase nach exotischen Früchten, Blüten und Hefe; charaktervoll und elegant am Gaumen, die Säure vereint Präzision und Länge.
Soave Classico La Froscà 2021
17.5 Punkte | 2025 bis 2032
Vom gleichnamigen Hügel vulkanischen Ursprungs: verführerische Blume mit Noten von Heu und Zitrusfrucht sowie Pfirsichen und exotischen Früchten; im Mund punktgenau, die Säure bestens integriert, feine Mineralität mit dezenter Salzigkeit, viel Schliff bis ins anhaltende Finale.
Soave Classico Contrada Salvarenza Vecchie Vigne 2021
18.5 Punkte | 2026 bis 2033
Reinsortiger Garganega von mehr als hundert Jahre alten Direktträgern: mit der Belüftung opulente Nase nach Akazienblüten und feiner Würze, Tee, reifen Pfirsichen und Mangonoten; komplexe Textur, vereint Schliff, Körper, Mineralität und einiges an Alterungspotenzial.
Pinot Nero Veneto Campo alle More 2020
18 Punkte | 2024 bis 2031
Helles Rubinrot; würzig-fruchtiges Bouquet nach Himbeeren und Walderdbeeren, feine Würze; im Mund saftig, die Säure belebend, verführerische Evolution, weich, samtig und lang. Ein Burgunder, wie er sein sollte: mit charmanter Frucht und viel Eleganz.
Amarone della Valpolicella Tenuta Scajari Monte Serea 2015
17.5 Punkte | 2026 bis 2032
Bezauberndes Parfüm nach Schwarzkirschen, Minze, Schokolade und Tabak, gut integrierte Gewürze; harmonische Textur, schöner Schliff, belebende Säure, die zur Frische beiträgt, auch elegante Nuancen im Finale. Vereint Frucht und Finesse.
Amarone della Valpolicella Riserva Tenuta Scajari 2011
18 Punkte | 2026 bis 2033
Die Valpolicella-Reben wurzeln in mineralischen Böden: duftet nach Schwarzkirschen, Schokolade, Pflaumen und Lakritze; geschliffener Auftakt, ausgewogenes Tannin- Säure-Gerüst, geschmeidig-süsses Kirschfinale. Perfekt zu einem Bistecca Fiorentina!
Alle Weine ab Weingut erhältlich.