Neue Akzente beim Wein-Hochadel • Unique Wineries of the World – Österreich
Weingut Esterházy, Trausdorf an der Wulka
Fotos: Andreas Hafenscher, z.V.g.
Der Name ziert viele Rezepte vom Rinderbraten bis zur Torte, ist geschichtsträchtig, weil Esterházy für eine bedeutende, ursprünglich ungarische Adelsfamilie steht, die zum europäischen Hochadel zählt. Der Familie gehörte das prächtige Eisenstädter Schloss Esterházy, das ebenso in eine Familienstiftung überführt wurde wie das Weingut, das seit 1758 die Weinproduktion im heutigen nördlichen Burgenland ankurbelte. 2006 wurde es aus den beengten Schlossräumen und -kellern mitten in der Landeshauptstadt ausgegliedert und hielt Einzug in einen futuristisch anmutenden, modernen Neubau in freier Natur, umgeben von Reben.
«Ich will charakterfeste, ausdrucksstarke Weine vermarkten. Nette Weine mag ich nicht.»
Frank Schindler
Das war damals schon eine gewaltige Zäsur, auch mit vielen Umstellungen in den Reben und im Keller. Aber noch mehr änderte sich durch einen doppelten Personalwechsel im Sommer und Herbst 2019. Neuer Chef wurde der erfahrene Weinhändler Frank Schindler, der in Geisenheim zum Weinakademiker avancierte und unter anderem rund 15 Jahre lang beim Vinum Weinhandel in Bozen tätig war. Der 47-Jährige Deutsche trat mit einem hehren Anspruch an: «Ich will charakterfeste, klare, ausdrucksstarke Weine vermarkten. Nette Weine mag ich nicht.» Ihm zur Seite gesellte sich kurz vor dem Beginn der Ernte 2019 Robert Krammer, geboren in Südafrika. Sein Vater war Österreicher und beim Weingut Eikendal in Stellenbosch tätig. Er infizierte den Junior mit dem gutartigen Weinvirus, liess ihn Weinbau studieren und freute sich, dass Robert dem Weinbau mit Jobs in zwei Kellereien erhalten blieb.
2019 war für den 45-Jährigen, der die Verantwortung für Keller und Aussenbetrieb übernommen hatte, noch ein Lehrjahr zum Kennenlernen, in dem aber schon Akzente gesetzt wurden. Ab 2020 ging es dann für die offenbar Seelenverwandten Schindler und Krammer in die Vollen. Sie begannen mit der Umstellung auf biologische Bewirtschaftung, änderten den Rebschnitt in allen Anlagen, stellten komplett auf Handlese um, gaben Flächen ab und konzentrierten sich nur mehr auf Top-Terroirs in einem Radius von maximal zehn Kilometern um das Weingut. Neue Sorten wie Furmint und Chenin Blanc zeigten bereits Potenzial.
«Meine Erfahrungen in Südafrika mit hitzigen Temperaturen konnte ich sehr gut in die burgenländische Region Leithaberg einbringen », meint Krammer. Ihm machte es zudem Spass, dass sich Schindler eine Projektwein-Linie als «Innovationsträger» einfallen liess. Hier wird etwa der Blaufränkisch in verschiedenen Versionen als Blanc de Noirs, Rosé, Beaujolais-, Ripasso-, Amaroneund Vintageport- Typ vinifiziert. Noch verrückter mutet der Inhalt einer Sechser- Kiste mit 2020er Blaufränkisch an: identische Vinifikation, aber Ausbau in Edelstahl, Eichenfass, Zement, Granit, Keramik- und Tonamphore. Die 333 Pakete waren schnell ausverkauft. Dieses «Schicksal» droht auch den normalen Weissund Rotweinen (Chardonnay und Blaufränkisch sind die wichtigsten Sorten), weil die Qualität 2020 und – schon erkennbar – 2021 deutlich gestiegen ist. Der Einsatz von neuem Holz (Fässer aus eigenem Leithaberg-Holz) erfolgte wohldosiert und gekonnt.
Unsere Selektion
Chardonnay Sankt Margarethen Ortswein Leithaberg 2020
Ein Chardonnay, der stilistisch an die Bourgogne denken lässt (aber nicht im Preis). Ein dezenter Hauch Vanille im Aroma; elegant, feinmaschig, vielschichtig, stattliche Länge im Abgang, nur zart vom Holz geküsst. Kommt im Juni in den Verkauf.
Grüner Veltliner Grosshöflein Ortswein Leithaberg 2020
Die Sorte ist – wenig bekannt – im Burgenland weit verbreitet, liefert hier aber nur selten eine so bemerkenswerte Qualität. Ein zartes Pfefferl im Aroma kündigt klassischen «Grünen» an; auf der Zunge präsentiert sich der Wein knackig, würzig, sehr lebhaft und gehaltvoll.
Blaufränkisch Sankt Georgen Ortswein Leithaberg 2019
Im Konzert der roten Sorten mit Merlot, Pinot Noir und Zweigelt ist der Blaufränker das Aushängeschild des Weingutes. Animierender Duft nach Brombeeren; im Geschmack geschmeidig, elegant, reife Tannine, feines Spiel und erfreulicher Tiefgang.