Weinkeller für Kunstfreaks

Weingut Georg Müller Stiftung, Hattenheim im Rheingau

Fotos: z.V.g.

Es ist nicht nur die Kunst des Weinmachens, die im Keller des VDP-Weinguts Georg-Müller-Stiftung in Hattenheim (Rheingau) vorherrscht. Inhaber Peter Winter hat mit seiner Frau Elvira, nachdem er das Weingut im Jahr 2003 von der Stadt Eltville übernahm, eine sehenswerte Sammlung mit Skulpturen, Installationen und Gemälden in den 300 Jahre alten Gemäuern eingerichtet.

«Wir wollen einen ­Cheval Blanc des 50. Breitengrades ­erzeugen.» Peter Winter

Peter Winter, ehemals Vorstandsvorsitzender der WIV Wein International AG (heute Pieroth Wein GmbH), hat sich nach seiner Pensionierung einen Traum erfüllt: «Nachdem ich früher über 50 Millionen Flaschen pro Jahr verkauft habe, suchte ich ein kleines Weingut mit hohem Qualitätsanspruch.» Eigentlich habe er sich diesen Wunsch in Portugal oder Südafrika erfüllen wollen. Aber dann erfuhr er, dass das Weingut der Stadt Eltville, die Georg Müller Stiftung, ein Gründungsmitglied des VDP, zum Verkauf stand – da griff er zu.

Damals sei das Image des Weingutes nicht das beste gewesen. Seitdem habe er an der Qualität der Weine gearbeitet, so durch sorgfältiges Tun im Weinberg: «Die Stadt Eltville liess durchschnittlich 90 Hektoliter pro Hektar produzieren, wir sind heute bei etwa 50 Hektolitern pro Hektar.» Peter Winter lässt die Trauben am Stock rechtzeitig ausdünnen und fast nur mit der Hand lesen, selektiv und in mehreren Durchgängen, damit alle bei voller Reife in den Keller kommen. Eine Bedingung der Stadt Eltville für den Verkauf war damals: Das Weingut muss den Namen Georg Müller Stiftung behalten. Dabei ist über den Namensgeber vergleichsweise wenig bekannt: Er war Winzer und Mitinhaber der Sektkellerei MM in Eltville, so viel ist verbrieft. 1882 gründete er das Weingut in Hattenheim. Auf Publicity schien er nicht aus gewesen zu sein: «Heute existiert kein Porträt von Georg Müller in der Ahnengalerie von MM (heute Rotkäppchen)», berichtet Peter Winter. Die Pacht für die sechs Hektar Weinberge, die Winter jährlich an die Stadt entrichtet, werde für soziale Zwecke aufgewendet – etwa für die städtische Jugend-Mediathek. Weitere Weinberge kaufte und pachtete die Familie Winter mit der Zeit dazu.

Seit 2013 ist Tim Lilienström als Kellermeister und Gutsverwalter verantwortlich für den Ausbau der Weine. Der Geisenheim-Absolvent verfügt über Erfahrung in Bordeaux und in der Provence. Daher kam auch die Idee, im Rheingau die Bordeaux-Sorten Cabernet Franc und Merlot anzubauen. 2023 wurden die ersten Trauben geerntet – und mit denen wollen ­Winter und Lilienström gleich richtig ranklotzen: «Wir haben vor, einen Château Cheval Blanc des 50. Breitengrades zu erzeugen.» Ebenfalls untypisch für den Rheingau ist die vergleichsweise grosse Rebfläche für Auxerrois. Damit erzeugt er einen sortenreinen Wein im burgundischen Stil und eine Cuvée mit Riesling. Doch stehen die Rieslinge im Vordergrund – denn die Toplagen, in denen viele von Winters Weinbergen liegen, müssen angemessen gewürdigt werden: etwa Hattenheimer Nussbrunnen, Wis­selbrunnen, Hassel oder Hallgartener Jungfer. Mittlerweile arbeiten auch Tochter Katharina (36) und Sohn Daniel (33) mit im Weingut. Denn so tatkräftig er auch nach wie vor ist – Peter Winter ist immerhin schon 81. Er selbst sieht das gelassen: «Ich bin genauso alt wie Joe Biden, aber auch wie Mick Jagger. Ich sehe mich aber mehr auf der Seite von Mick Jagger», lacht er – und sagt, er freue sich schon auf das nächste Semester an der Hochschule Geisenheim, wo er seit fast 20 Jahren doziert.

Unsere Selektion

2022 Auxerrois

Zarte Aromatik von Birne, Golden-Delicious-­Apfel und Wiesenkräutern wie Kamille. Am Gaumen anschmiegsam und cremig durch Bâton­nage und Ausbau im Holz, dabei schön lang. Ein super Begleiter zu Hühnchen oder Fisch mit cremigen, kräuterwürzigen Sossen.

 

2021 Riesling Hattenheimer Schützenhaus VDP.ERSTE LAGE

Frischer Duft von Mirabellen, Limone und Minze, der ins Glas zieht. Am Gaumen druckvoll durch eine gute, zitronige Säure und mineralischen Grip. Die Aromen hier erinnern an grünen Apfel und Stachelbeere. Zu Pfifferlingen auf Taglia­telle, aber auch zu deftigen Gerichten wie Bratwurst mit Sauerkraut gut vorstellbar.

 

2019 Pinot Noir «Artist Edition»

«Figur, Kopf und Berg» heisst das Kunstwerk des Künstlers Armin Baumgarten, das das Etikett der aktuellen Künstler-Edition ziert. Der Duft erinnert an Sauerkirsche, rote Pflaume und intensiv an Veilchen. Am Gaumen zarte, aber runde, elegante Textur, die den Mund auskleidet.