Mit Energie, Ideen und Mut nach oben • Unique Wineries of the World – Deutschland
Weingut Eva Fricke
Text: Rudolf Knoll, Fotos: z.V.g., Anja Jahn
Von null auf hundert, so lässt sich der Aufstieg von Eva Fricke kurz beschreiben. Sie kassiert hohe Wein-Noten für ihre Weine, ist in internationalen Top-Restaurants gelistet, konnte sich schon über einen vierstelligen Auktionserlös für eine Riesling-Trockenbeerenauslese freuen, exportiert weltweit und erfuhr schon einige internationale Ehrungen – als vor wenigen Jahren noch unbekannte Rheingauer Winzerin.
Dabei ist die 45-Jährige eine klassische Seiteneinsteigerin. Vater und Mutter übten einen ärztlichen Beruf aus – in Bremen. Trotz eines Brauerei-Praktikums kam sie nicht auf die Idee, Bier zu brauen. Zum Weinbau kam sie durch Zufälle und ein Praktikum in Südafrika. Es folgte das Weinbaustudium ab 1997 in Geisenheim sowie weitere Praktika in Italien, Australien und Spanien, unter anderem für Peter Sisseck.
«Weinbau, und besonders Riesling, hat mich schon immer fasziniert, sogar als gebürtige Bremerin.»
Eva Fricke
Den Rheingau entdeckte sie auf Empfehlung des Bremer Weinhändlers Hermann Segnitz. Es folgte ein längeres Praktikum auf Schloss Johannisberg. Der damalige Domänerat Wolfgang Schleicher erinnert sich: «Alles, was Eva anpackte, hatte Hand und Fuß.» Danach trat sie Anstellungen beim Weingut J. B. Becker in Walluf und Leitz in Rüdesheim an, wo sie zur Betriebsleiterin aufstieg.
Schliesslich kam es 2006 zum ersten eigenen Wein von damals 0,1 Hektar, vinifiziert in einem kleinen historischen Keller in Rauenthal und ab 2006 im Kötherhöf in Kiedrich. Eher zufällig gelangte eine Flasche an den Einkäufer des «Hotels Adlon» in Berlin, der gleich orderte und sie damit motivierte, den gerade begonnenen Weg als Hobbywinzerin weiterzugehen. Die Fläche wuchs, so dass sie sich 2011 entschloss, die feste Anstellung aufzugeben und den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Reue kam seitdem nie auf, auch nicht nach dem Umzug nach Eltville, wo sie sich einen gut gestalteten Betrieb in gemieteten Räumlichkeiten eingerichtet hat. «Weinbau hat mich schon beim ersten Kontakt fasziniert», stellt sie fest. Die Begeisterung dafür wuchs von Jahr zu Jahr – wie die Arbeit, die durch das Wachstum immer umfangreicher wurde. «Eine junge Wilde war ich nie. Ich sehe Weinbau als klassisches Handwerk, in dem man sich mit der Natur auseinandersetzen und sich ihr auch unterordnen muss.» Das Ergebnis von 98 Prozent Riesling ist ausdrucksstark, fein strukturiert, mit gut eingebundener Säure und meist niedrig im Alkoholgehalt. Etwas Fruchtsüsse darf durchaus sein. Auch für edelsüsse Weine hat sie ein Faible.
Dass sie unkonventionell handeln und die Natur überlisten kann, macht ihr Riesling «Verde» deutlich. Er entstand vor einigen Jahren, als ein Hagelschlag Trauben schädigte, Eva aber trotzdem selektiv erntete und einen herzhaften, leichtgewichtigen Wein füllen konnte. «Der hat mich an Vinho Verde erinnert», wird die Bezeichnung erklärt. Außerdem ist die Rekultivierung von alten Weinbergen, vor allem auf Lorcher Gemarkungen, eine Leidenschaft. Grosses ist zu erwarten durch die Übernahme von Flächen, die einst im Besitz der Domäne Schloss Eltz waren. In den Reben ist Bio-Anbau angesagt, ergänzt durch biodynamische Anwendungen. Die Umstellung auf Bio-Dynamie läuft. Dazu setzt sie ganz auf veganen Weinbau, privat isst sie Fleisch nur sehr selten, ganz verzichten kann sie jedoch nicht. «Dafür koche ich selbst viel zu gern facettenreich. Dennoch ist Fleisch ist für mich eine Rarität und etwas Besonderes, und ich achte sehr auf die Herkunft.»
Unsere Selektion
Pinot Noir Rosé Brut Nature 2019
Der Sekt von Spät- und Weissburgunder ist eine gute Bereicherung des Sortiments. Klare, animierende Würze im Aroma, dazu feine Frucht; rassig, sanfter Druck, tänzelt mit seiner feinen Perlage förmlich auf der Zunge, angenehm leicht (12 «Volt»).
Rheingau Riesling trocken Gutswein 2022
Feinwürziger Einstieg im Aroma mit einem Hauch Zitrusfrucht; schlank und saftig im Geschmack, etwas Apfel, rassige Säure, anhaltende herbe Note im Abgang.
Lorcher Krone Riesling trocken 2021
Etwas Schiefer und ein Hauch Pfeffer in der Nase; geschmeidig und vielschichtig im Geschmack; delikates Fruchtspiel mit Quitte, Birne und Apfel; schöner Trinkfluss mit nur 12,5 Vol.-%; viel Potenzial, braucht noch Zeit.