Ein stattliches Weingut an der Donau - gilt als das älteste Weingut Österreichs
Stiftsweingut Klosterneuburg: Wien, Salzburg, Graz
Text: Rudolf Knoll, Fotos: z.V.g.
Das stattliche Weingut an der Donau, in unmittelbarer Nachbarschaft von Wien, hat seinen Ursprung im Jahr 1114. Das eindrucksvolle Stiftsweingut Klosterneuburg besitzt Rebflächen in drei Regionen und gilt als das älteste Weingut Österreichs.
Willkommen in der Unterwelt, wo der Genuss zuhause ist. Wir befinden uns mitten in der Weinstadt Klosterneuburg und steigen vom mächtigen, repräsentativen Stiftsgebäude über Dutzende von Treppenstufen fünf Etagen und exakt 36 Meter tief hinab, vorbei an gepflegten kleinen und grossen Holzfässern und blitzenden Stahltanks. Hier reifen, sorgsam überwacht vom gebürtigen Burgenländer Kellermeister Günther Gottfried, besondere Weine heran – wie schon seit Jahrhunderten. Das kühle Klima im tiefen Keller ist dafür ideal. Etwas geändert wurde in den letzten Jahrzehnten sukzessive die Ausstattung. «Alles, was an moderner Kellertechnik für die Erzeugung exzellenter Weine notwendig ist, ist vorhanden», erläutert der gebürtige Weinvierteler Wolfgang Hamm, der seit 15 Jahren als Betriebsleiter Regie in dem stattlichen Weingut mit exakt 108 Hektar führt.
Im Keller kann er sich dabei seit 2014 auf seinen Önologen Günther Gottfried verlassen. Der sorgt hier für eine langsame, kühle Vergärung der Weissweine mit der Zielsetzung einer sortentypischen Aromaausbildung. Die Rotweine werden nach einer längeren Maischestandzeit etwas wärmer vergoren, um eine optimale Farb- und Gerbstoffauslaugung zu erreichen. Nach der Vinifikation werden die Eingriffe auf ein Minimum reduziert. «Wir wollen Sorten-, Jahrgangs- und besonders Lagencharakter möglichst gut erhalten», meint Hamm. Danach schliesst sich nur noch die nötige Reifezeit bis zur Abfüllung der Weine an. Die Umgebung hat dabei nach Einschätzung des Chefs viel Bedeutung: «Man spürt die Ruhe und die Kraft dieses Ortes, die den Weinen ihre Tiefe und Harmonie verleihen.» Und man kann bei der Verlagerung der Weine die Schwerkraft nutzen, ohne Einsatz von Pumpen.
Schätze im Stiftskeller
Im tiefen Keller in der Vinothek ruhen auch einige tausend Flaschen, die bis zurück zum Jahrgang 1956 reichen. Bei gelegentlichen Verkostungen im kleinen Kreis für Fans von Altweinen überrascht die erstaunliche Stabilität dieser Gewächse. Auch wird der Bestand immer wieder mal gründlich verkostet, um eventuelle Problemweine auszuschliessen. Dass die Vorräte nicht weiter zurückgehen, erklärt Hamm mit der Nachkriegszeit. 1945 waren die Russen in Klosterneuburg einmarschiert und blieben bis 1955. In dieser Zeit entdeckten sie auch die Weinvorräte unter dem Stiftskeller...
Die Voraussetzung für stimmige und bedeutende Weine wird bereits in den Reben geschaffen. Hier kommt es zunächst auf eine durchdachte Logistik an, da sich die Flächen auf verschiedene Gebiete verteilen. Auf Klosterneuburger Gemarkungen stehen auf 23 Hektar Grüner Veltliner, Riesling und Sauvignon Blanc. Weinrechtlich gehören sie zum Anbaugebiet Wagram, das sich nördlich der Donau in der Nähe von Krems befindet, rund 40 Kilometer Luftlinie entfernt. Durch eine mehrfache Neuordnung und –benennung der Weinbaugebiete in Donau-Nähe in den letzten Jahrzehnten blieb für Klosterneuburg nur Wagram als Dachgebiet übrig. In die Irre führen kann das die Kundschaft nicht, da Klosterneuburg plakativ auf den (neu gestalteten) Etiketten zu sehen ist (Weiss für Orts-, Schwarz für Lagenweine).
Auf den nahen Wiener Gemarkungen (hier mit Flächen in der absoluten Topriede Nussberg) sind auf 25 Hektar neben der Burgunderfamilie (Weissburgunder, Chardonnay, Pinot Noir) noch Traminer, Riesling, Muskateller und Grüner Veltliner zuhause. Das verschafft viel Spielraum für die besondere, gefragte Wiener Spezialität, den Gemischten Satz. Der etwas grössere Teil der Stiftsrebfläche befindet sich traditionell in der Thermenregion, rund 50 Kilometer Luftlinie entfernt im Süden von Wien.
«Die Ruhe und die Kraft dieses Ortes verleihen unseren Weinen ihre Tiefe und Harmonie.»
In den Weingärten von Gumpoldskirchen wachsen Zierfandler und Rotgipfler, die zu einer traditionellen Cuvée vermählt werden. In Tattendorf werden die roten Sorten des Stiftsweingutes gepflegt, nämlich Blaufränkisch, Zweigelt, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und natürlich der begehrte St. Laurent. Um 1860 sorgte das Stiftsweingut dafür, dass die aus Frankreich stammende Sorte in Österreich heimisch wurde. Zu den heutigen 621 Hektar in Österreich trägt die Tattendorfer Riede Stiftsbreite als grösster St.-Laurent-Weingarten der Welt 42 Hektar bei.
Zwei der Sorten stehen Pate für prickelnde Klosterneuburger Gewächse, nämlich Chardonnay und Grüner Veltliner. Mathäi Reserve und Mathäi Grosse Reserve in klassischer Flaschengärung mit langem Hefelager waren bei etlichen Wettbewerben der letzten Jahre ganz oben dabei. Sie machen ihrem Namensgeber alle Ehre: Christoph II. Mathäi, ein Zeitgenosse von Dom Perignon, war von 1686 bis 1706 Probst des Stiftes und machte sich sehr um die Entwicklung des Weinbaus verdient. Auf qualitativer Augenhöhe mit ihnen befindet sich der Sekt vom Grünen Veltliner. Dass die Sekte so gut gelingen, hängt wohl auch mit der «Vorbildung» von Kellermeister Günther Gottfried zusammen: Er war nach seiner Ausbildung in der Weinbauschule Klosterneuburg bei den namhaften Sektkellereien Szigeti und Schlumberger tätig. Sein geschicktes Händchen hat der Önologe auch beim Natural Wine Uvae Solae vom Gewürztraminer bewiesen, der nach Ausbau in der Barrique mit Saft, guter Struktur und angenehmen Gerbstoffen eine Wohltat im Vergleich mit vielen Orange-Weinen ist.
Aber von nichts kommt nichts. Die Basis für stimmige Weine ist die Pflege der Weingärten. Es reicht nicht, dass man Besitz in Toplagen hat und hier auch die richtigen, passenden Sorten wachsen, macht Hamm klar. In den Reben werden verschiedene Pflanzen eingesät, um den Artenreichtum zu fördern und die Vielfalt an tierischen Lebewesen zu erhöhen. Die Düngung erfolgt mit eigenem Kompost. Schon seit einigen Jahren wird konsequent auf Insektizide und Herbizide verzichtet. Besondere «Mitarbeiter» sind stattdessen in den Reben aktiv, nämlich Schafe und Weingartenhühner, die sich um die Bodenbearbeitung und Pflege der Stöcke auf ihre Art verdient machen. Man nutzt im Betrieb die Abwärme der Gärung, ein hauseigenes Biomasse-Kraftwerk sorgt für Wärmeenergie und liefert Ökostrom ins Netz. Für die Fässer wird Holz aus eigenen Wäldern verwendet. Grünen Strom liefert auch die eigene Photovoltaik-Anlage. Die zahlreichen Massnahmen haben dazu geführt, dass man bereits seit 2009 als klimaneutral firmieren kann, als erstes Weingut in Österreich und Europa.
Weine im Clubpaket
Mathäi Grosse Reserve Brut
2022 bis 2026
Der reinsortige Chardonnay ist geprägt von den Kalkverwitterungsböden des Wiener Nussbergs. Frisch und mit Schmelz bringt er sein klares, mineralisches Terroir zum Ausdruck.
Mariage: zur klassischen Wiener Küche, aber auch zu pikant gewürzten Speisen
Weissburgunder
Ried Kahlenberg 2021
2022 bis 2026
Die jungen Schwemmböden im 19. Wiener Bezirk geben dem Weissburgunder Struktur und Eleganz. Sanft, geprägt von gelber Frucht und floralen Noten. Langanhaltend.
Mariage: zu delikaten Fischgerichten, auch zu hellem Fleisch wie Kalbsragout oder Kaninchenfile
Monasterium
Cuvée rot 2020
2022 bis 2028
Saftige und kraftvolle Cuvée aus St. Laurent, Zweigelt, Cabernet Sauvignon und Merlot aus Lagen in Tattendorf. Jugendlich mit stimmig verwobenen Tanninen und gutem Reifepotenzial.
Mariage: zu Gulasch, Rinderbraten oder Blunzn, aber auch zu Wildbraten und geröstetem Gemüse mit Waldpilzen