Weingut StephanO, Österreich
Die Geschichte des Stephan O.
Text: Ursula Geiger, Foto: z.V.g.
Noch ist das Südburgenland und sein DAC Eisenberg ein Geheimtipp unter den Weintrinkern. Die Hauptrebsorte ist hier Blaufränkisch, deren Weine dank kühleren Temperaturen und einer längeren Vegetationsphase mineralisch-würzig und elegant geraten.
Sprühnebel, der den Barriquekeller schön feucht hält, und eine raffinierte Beleuchtung, das ist die Kulisse für Stephan Oberpfalzer. Der betritt die Bühne umgeben mit der Aura eines Messias für guten Wein. Man wünscht, Wolfgang Ambros geselle sich dazu und gäbe seinen Song «Heidenspass» zum Besten. Kennen Sie nicht? Macht nichts. Das Internet liefert Ihnen dieses satirisch-hintersinnige Meisterwerk (Baujahr 1973) des österreichischen Barden frei Haus. Wein kommt darin auch vor. Musik und Wein, das beschäftigte Oberpfalzer auch im Rahmen seiner Masterarbeit an der FH Burgenland, Studiengang Internationales Weinmarketing. Seine Hypothese, dass Hintergrundmusik die Bewertung von Blaufränkisch-Weinen positiv beeinflusst, konnte nicht bestätigt werden. «Je besser die Leute verkosten, desto mehr stört die Musik», resümiert er. Stephan Oberpfalzer ist ein Quereinsteiger, der seit 2009 die Südburgenländer Weinszene bereichert und quasi aus dem Nichts einen sieben Hektar grossen Betrieb aufgebaut hat. Als Software-Architekt jettete er um die Welt und entwarf am Whiteboard Konzepte. In den Ferien bereiste er die Weinregionen der Welt. Er lernte Champagner schätzen, verkostete im Burgund «viele geniale Sachen, die leider ein bisschen teuer sind», und kultivierte seine Leidenschaft für reifen Rum. Die Liebe zum Wein weckte das Interesse am Handwerk. Das Interesse am Handwerk wurde zum Lebenstraum. «Jedes Jahr sass ich rund 250-mal im Flieger», erzählt Oberpfalzer. Irgendwann habe man von diesem Leben genug. 2006 kündigte er seinen Job, arbeitete als Freelancer und begann seinen Traum zu realisieren. Ein Unterfangen, das nur mit einer starken Partnerin zu stemmen ist. Stephans Frau Monika zog mit. So neu zu beginnen bedeutet auch die grösstmögliche Freiheit. Kein Erbe, keine Traditionen, die sich als Hemmschuh erweisen können, stellten sich dem Power-Duo in den Weg. Stephan und Monika wählten das Südburgenland. Diese stille Traumlandschaft mit den kleinen Rebgärten und den pittoresken Kellerstöckln lag damals noch im Dornröschenschlaf. Die Region zwischen Ungarn und der Steiermark strömt Ruhe und ein entspanntes Lebensgefühl aus.
Dynamisches Südburgenland
Als 2008 die Finanzkrise die globalen Märkte so richtig durchschüttelte, war es im Südburgenland eher ruhig. Das Gros der Weine wurde im Nebenerwerb produziert. Die Winzer verkauften ihre Weine direkt ab Hof oder servierten ihn in den Buschenschenken zu den regionalen Schmankerln wie Sterz (aus Blutwurst), und Grammelpogatscherl (Hefegebäck mit Grieben). Diese Vielfalt und die Kleinteiligkeit gefielen Monika und Stephan. Dennoch: Ernteausfälle durch Frost und Hagel bewog so manchen gemischtwirtschaftlichen Betrieb zur Aufgabe seiner Rebflächen. «Das war unsere Chance», erzählt Oberpfalzer, «zumal Weingärten und Bauland günstiger als im Nordburgenland waren.» Begonnen wurde 2009 mit einer 0,23 Hektar grossen Parzelle. Die Trauben ergaben Wein für ein 500-Liter-Fass, das im Keller eines befreundeten Winzers stand. Das Paar kaufte Kleinstparzellen und pflanzte auch neu an. Die Weingartengenehmigung sei unproblematisch gewesen. Bald entpuppte sich das Weinberg-Idyll rund um Deutsch Schützen als äusserst dynamisch: Von 1986 bis 2010 fasste das österreichische Weinbaugesetz die Region unter dem Namen Südburgenland zusammen. Seit 2010 trägt das Gebiet wieder seinen ursprünglichen Namen Eisenberg. Hier bauten schon die Kelten Wein an. Funde von Traubenkernen in keltischen Hügelgräbern aus dem 8. Jahrhundert vor Christus belegen dies. Die Verankerung der DAC Eisenberg in der Weingesetzgebung und der Ehrgeiz junger Winzer machten die Region bald zum Geheimtipp.
«Das Lebensgefühl hier ist enorm entspannt. Stress haben wir im Südburgenland selten.»
Eisenberg ist gleich Blaufränkisch. In der kühlen Region steht die rote Kult-Sorte auf Grünschiefer sowie auf tiefgründigen, eisenhaltigen Lehmböden. Dieses Terroir verleiht den Weinen eine elegant-würzige Prägung. Stephan erweiterte seine Rebfläche und schon bald reichten die Fässer in den Kellern befreundeter Winzer nicht mehr aus. Er machte sich an die Planung des Betriebsgebäudes. Ein bisschen Glück spielte mit: Die grüne Wiese, auf der das Betriebsgebäude stehen sollte, war schon als Bauland vorgesehen. Die bürokratischen Hürden hielten sich in Grenzen. Ein ganzes Jahr sassen Stephan und Monika an der Planung für ihr Weingut, bevor die Baupläne einem Zeichnungsbüro übergeben wurden. Im Anwesen gibt es keine einzige Treppe. Der Grund ist simpel. Stephan arbeitet alleine im Keller. Es fehlt der zweite Mann, der oben den Hahn zudreht, wenn unten das Fass voll ist.
Auch stellte sich die Frage, wie das Weingut heissen soll. «Googelt man Oberpfalzer, landet man in der gleichnamigen deutschen Region, in Rheinland-Pfalz oder der Wein-Pfalz. Monikas Nachname lautet Killer, also auch keine Referenz für eine neue Domaine.» Blieb also noch «stephano », Oberpfalzers Mail-Adresse. Ein paar Klicks weiter landete er bei Shakespeare. Stephano ist der singende, leicht angesäuselte Mundschenk in der Komödie «Der Sturm». Das passte. Und damit waren auch die Weinnamen vorgegeben: Gonzalo, Juno, Prospero und Trinculo sind von Shakespeare ersonnene Charaktere, die dank der Oberpfalzer’schen Interpretation dicht und tiefgründig oder mit tänzerischer Eleganz durch die Kehlen gurgeln und so manchen Geniesser zum Stephano machen. Im Jahr 2011 wurden in Deutsch Schützen die ersten Trauben im Weingut StephanO gekeltert. Die Fensterflächen im grosszügigen Bau geben den Blick auf die ruhige Landschaft frei. Es ist ein Ort der Gastlichkeit und der Lebensfreude. Für Besucher, die sich zu sehr dem Stephano-Feeling hingeben, stehen zwei Gästezimmer bereit. Der Verwöhnfaktor ist hoch. Man will hier nicht mehr weg. Doch Monika macht es vor: Sie arbeitet als Neurochirurgin in Salzburg und pendelt jede Woche. Von Tür zu Tür sind es exakt 401 Kilometer. 2017 liess das Paar seinen Betrieb als «Nachhaltig Austria» zertifizieren und besiegelte damit den sparsamen Umgang mit Ressourcen. Sieben Hektar Rebfläche sind für die Oberpfalzers genug. Es sollen nicht mehr werden, weil Wachstum Arbeit in Vertrieb und Marketing generiert, was wiederum mehr Reisetätigkeit bedeutet. Aber 250-mal pro Jahr einen Flieger besteigen, das möchte der Winzer aus dem Südburgenland wirklich nicht mehr.
Weine im Clubpaket
Eisenberg DAC Reserve Blaufränkisch «prospero» 2017
2020 bis 2030
Jugendliches Rubin mit purpurnen Reflexen. Duftet nach Weichseln und Brombeeren, etwas Zwetschgenhaut, sehr diskrete Pfefferwürze. Langer Säurenerv am Gaumen, herrlich körniges Tannin. Gross!
Mariage: Tafelspitz (ohne Meerrettich) mit Röstkartoffeln, Wildbret, Flanksteak vom Grill mit milder Sauce.
Leithaberg DAC Grüner Veltliner «juno» 2018
2020 bis 2027
Zartes Gelbgrün. Fantastisch komplexe Nase, Noten von Grapefruit, dann tiefgründige Würze, etwas Knollensellerie. Zarter Schmelz, sehr gut eingebundene, straffe Säure, lang auf weissem Pfeffer endend.
Mariage: ein Gedicht zu einem Teller Spaghetti Carbonara mit geriebenem Trüffel Pecorino, zu Gemüsegratin sowie Weichkäse und Comté
Burgenland Cuvée rot «stephano» 2017
2020 bis 2027
Gedecktes, dichtes Rubin. Intensive, dunkelfruchtige Nase, Waldbeeren, etwas Unterholz und feine Röstnoten. Ausgewogenes Säure-Tannin-Gerüst, endet auf Gewürz, dunkle Schokolade und getrocknete Kräuter.
Mariage: Gulasch, gerne ein bisschen schärfer gewürzt. Lammkeule aus dem Ofen, Steinpilz-Risotto.