Kalleske Wines, Greenock

Die siebte Generation

Text: Ursula Geiger

 

Finessenreich sind die Weine von Troy Kalleske. Der 40-Jährige ist der erste Önologe der Familie, die seit 1853 eine Farm im Barossa Valley bewirtschaftet und 1875 die ersten Rebstöcke pflanzte. Die Winery markiert ein neues Kapitel in der Familiengeschichte.

Über 15 000 Kilometer Luftlinie entfernt lacht Troy ins Telefon. Ja, es ist warm. 26 Grad in Greenock, South Australia und das ganze Team ist «very busy» und damit beschäftigt die Kellerei für die bevorstehende Lese vorzubereiten. Es ist Herbst auf der Südhalbkugel und Troy Kalleske ist glücklich. Glücklich über seine perfekten Rebstöcke, die wieder gesunde und vollreife Trauben tragen. Shiraz, Grenache, Mataro – wie Mourvèdre im Barossa Valley genannt wird – sind das Kapital der Familie Kalleske. Und das schon lange. Wer mit Troy plaudert, erfährt nicht nur alles über seine Philosophie in Weinberg und Keller, sondern auch einiges über die Familiengeschichte. Und das nötigt dem Zuhörer in Old Europe doch einiges an Respekt ab. Johann Georg Kalleske verliess 46-jährig mit seiner Familie Schlesien und ging am 18. Juli 1838 an Bord der Prince George in Hamburg. Am 20. November desselben Jahres betrat die Familie bei Adelaide erstmals australischen Boden.

Die Kalleskes gehörten damals zu den ersten deutschen Siedlern in Südaustralien. 1853 liess sich die Familie endgültig in Greenock nieder, dem «kleinen Schottland» im nordwestlichen Teil des Barossa Valley. Schafe, Schweine, Rinder, Weizen und Rebstöcke gehörten zum Mix einer richtigen Farm. Das ist bei Kalleske heute noch so. Schafe strolchen durch die Rebberge und eine Herde Schweine grunzt glücklich im Gehege. Die Siedler kamen mit wenig, doch brachten sie ein reiches kulinarisches Erbe mit. Obstgärten, Gemüsegärten und Rebberge legten sie im Tal mit dem milden mediterranen Klima an. Und weil von den Früchten ihrer Arbeit nichts verderben sollte, wurde gebacken, gewurstet – Kalleskes Mettwurst aus dem Barossa Valley ist auf dem ganzen Kontinent begehrt – geräuchert, eingekocht und die Trauben zu Wein gekeltert. 

Nach 149 Jahren war Schluss

Rund 50 Hektar Reben stehen auf dem Land der Kalleskes und 149 Jahre lang verkauften sie ihre Trauben an die Kellereien der Region. Die Früchte von den alten Rebstöcken waren begehrt und wurden ein Teil der Cuvée für den berühmten Grange von Penfold. Das 150-jährige Jubiläum als Traubenlieferanten wollten Tony und Troy Kalleske nicht mehr feiern. Mit dem Wissen von Troy, der in Adelaide Önologie studiert hatte und praktische Erfahrung bei Penfold, Lindemann und Kendall-Jackson in Kalifornien sammelte, waren die Kalleske-Brüder bereit für den nächsten Schritt und gründeten ihre eigene Winery. Die ersten Jahre waren hart. Der Erlös aus dem Traubenverkauf fiel weg und die Weine reiften noch in den Fässern. Erst 2004 kamen die ersten Kalleske-Weine auf den Markt.

«Schafe, Schweine und Rinder gehören nach wie vor zu unserer Farm, auch wenn der Fokus nun ganz auf den Wein gerichtet ist.»

Troy Kalleske

Die Resonanz war enorm. Besonders weil die Rebberge seit 1998 zertifiziert biodynamisch bewirtschaftet werden. «Die Zertifizierung ist wichtig für uns, auch wenn es mit viel Papierkram verbunden ist», sagt Troy, dem es lieber wäre, wenn alle landwirtschaftlichen Betriebe auf der Welt für teures Geld eine Lizenz für den Einsatz von Agrochemie beantragen müssten. «Wir haben für unsere Böden immer Sorge getragen, nur in den späten 1970er Jahren flirtete Dad kurz mit der Chemie. Doch die Liebe war von kurzer Dauer. Er merkte, dass Dünger weder den Ertrag steigerten noch die Traubenqualität verbesserten. Im Gegenteil: Die Böden wurden hart, verkrusteten. Das Wasser verdunstete an der Oberfläche, anstatt in die Erde zu sickern.»

Der grösste Feind der Reben im Barossa Valley ist die Dürre. Die Stöcke überleben längere Durststrecken nur, wenn der Boden gesund ist, genügend Humus hat und die Niederschläge der Wintermonate speichern kann. Ein weiteres Plus ist das Alter der Rebstöcke. In Barossa gibt es darum eine Charta für alte Reben: Old Vines müssen über 35 Jahre alt sein, Survivor Vines über 70 Jahre, Centerian Vines über 100 Jahre und Ancestor Vines über 120 Jahre. An Survivor Vines wachsen die Trauben für den Kalleske Old Vine Grenache. Die Parzelle wurde 1935 gepflanzt. Der Boden ist flachgründig und sandig, doch im Untergrund speichert eine Lehmschicht genug Wasser. Nach der strecken sich die Wurzeln der alten Stöcke. Die Centerian Vines wurden noch nie bewässert. Die Beeren sind dickhäutig, klein und extrem aromatisch. Wie alle Gobelet-Anlagen (neudeutsch: Bush Vines) wird auch der Grenache von Hand gelesen. Das ist die Spezialität von Lorraine Kalleske. Die Mutter von Tony und Troy gewann in den 1980er Jahren viermal den «National Grapepicking Contest», drei davon in Folge. Wer sich in dieser Disziplin den Hattrick holt, der gibt den Takt im Rebberg an. «Mum ist mit ihren 70 Jahren immer noch eine der Schnellsten bei der Lese», so Troy. Dass der Old Vine Grenache am Gaumen ein wahres Feuerwerk an dunkler Kirsche, Gewürznelke und dunkler Schokolade entzündet, ist nicht nur den alten Grenache-Stöcken, sondern auch der Weinbereitung geschuldet. Die Maische gärt spontan in offenen Holzbottichen. Zweimal täglich wird der gärende Most über den Tresterhut gepumpt. Neun Tage bleibt der Jungwein auf der Maische, dann wird schonend abgepresst. Der Wein reift in Hogshead-Fässern (285 Liter) aus amerikanischer und französischer Eiche. Die reife, aber nicht süsse Brombeerfrucht, die Noten von reifer Zwetschge und Lakritz sind perfekt in die Struktur von Säure, Tannin und Holz eingebunden. 

Die Arbeit im Keller und der behutsame Umgang mit Holz sind wichtig. Noch wichtiger ist die zeitgenaue Ernte, wenn die Trauben auf den Punkt reif sind, wenn die Tannine perfekt sind und die Säurewerte stimmen. Dass mit Tony und Troy bereits die siebte Generation Kalleske das Land bewirtschaftet, ist ein immenser Vorteil. Sie kennen jede Parzelle, jeden Rebstock, jeden Eukalyptusbaum. Sie sind die Meister ihres Terroirs, es liegt ihnen im Blut. Und Troy setzt das ganze Wissen in Wein um. Mittlerweile zieren etliche Trophäen den gemütlichen Verkostungsraum in Greenock. Mit einem Glas Shiraz Pirathon an der Nase lässt es sich herrlich in die braunen Ledersessel lümmeln. Draussen rauscht der Wind durch den Eukalyptushain. In der Ferne blökt ein Schaf. Arkadien liegt im Barossa Valley.

Weine im Clubpaket


Barossa Valley Clarry’s GSM 2017

2018 bis 2023

Klassischer Blend aus Grenache, Shiraz und Mataro (Mourvèdre). Unkomplizierter, fruchtiger Wein. Reife Kirsche in der Nase. Gut strukturiert mit geschliffenem, weichen Tannin und feinem Säurenerv. 

Mariage:
Dieser unkomplizierte Wein ist der ideale Begleiter zum Barbecue: würzige Spareribs, pikante Würste und gegrilltes Gemüse.


 

 


Barossa Valley Shiraz Pirathon 2013

2018 bis 2028

Die Trauben stammen von verschiedenen, kleinen Weinbauern und reflektieren das kühlere Terroir im nordwestlichen Teil des Barossa Valley: in der Nase viel reife Pflaumen, Feigen, Linzertorte, dunkle Schokolade und eine leicht ätherische Note. Robust am Gaumen mit kreidigem Tannin und einer Säure, die Rückgrat gibt. 

Mariage:
geschmorte Rindsbacke an dunkler Sauce, Lamm-Curry mit Kokos, nicht zu süsser Schokoladenkuchen.


 

 


Barossa Valley Old Vine Grenache 2016

2018 bis 2028

Klassischer Grenache mit üppiger Frucht: Brombeere, reife Zwetschge, dahinter Gewürznelken und florale Noten. Aussergewöhnlich feine Fruchttiefe am Gaumen, rund. Feinkörniges Tannin, saftig und köstlich. 

Mariage:
zu Fleischpastete, Lammracks, kräftiger Ratatouille oder Roggenbrot mit Mettwurst.