Die edlen Brände des Maison Ferrand
Cognac, Rum und einmal schwarzer Kater
Text: Ursula Geiger
Traditionen sind wertvoll. Bei Cognac Ferrand werden sie seit 1989 vom Spirituosen-Meister Alexandre Gabriel gepflegt. Zudem schweift der Tausendsassa in die Ferne, um angesagte Brände zu kreieren und in das Ferrand’sche Portefeuille zu holen.
Diese Farbe! Dunkles, glänzendes Bernstein mit hellem Mahagoni. Und der Duft erst: rosinierte Trauben, getrocknete Aprikosen und ein wenig Maulbeere. Man sinkt tiefer in den Ledersessel und nimmt einen Zug aus der Zigarre, die in schwerem Kristall glimmt. Der Wind fegt ums Haus, der Regen prasselt an die Fenster. Für solche Momente, die unsere Seele streicheln, arbeitet Alexandre Gabriel. Vier Dinge für die Produktion eines Spitzen-Cognacs sind für ihn entscheidend. Zuerst die vollreifen, gesunden Trauben: Sie wachsen rund um das 510-Seelen-Dorf Angeac-Champagne auf den Kalksteinböden der Grande Champagne, dem besten Anbaugebiet von Cognac. Dann die langsame Destillation der unfiltrierten, noch auf der Feinhefe lagernden Weine. In den Räumen der Domaine Logis d’Angeac stehen die zehn 2500 Liter fassenden Kupferbrennblasen, deren zwiebelförmige Deckel für die maximale Aromen-Konzentration sorgt. An dritter Stelle steht das Reifen des jungen Brands. Sieben Keller mit gestampften Lehmböden, umfasst von einem dicken Kalksteinfundament liegen unter der Domaine. Jeder Keller hat sein eigenes Mikroklima. Temperatur wie Luftfeuchtigkeit bleiben das ganze Jahr über konstant. Optimale Reifebedingungen für die jungen Brände in den kleinen Eichenholzfässern unterschiedlichen Alters. Hartes Tannin vom Holz ist ein No-Go. Im letzten Schritt kommt die Supernase des Kellermeisters zum Einsatz. Bereits in fünfter Generation wird das Wissen und der Erfahrungsschatz vom Vater zum Sohn weitergegeben. Sie kennen die Eigenschaften der Brände und komponieren aus ihnen Meisterwerke in perfekter Harmonie.
Royaler Gin
Im Winter wird auf der Domaine Logis d’Angeac Eaux-de-Vie Cognac gebrannt. Im Sommer werden in den Brennblasen ganz andere Aromen destilliert, denn die Spezialisten für Cognac haben eine zweite Leidenschaft: Sie lieben Gin. Royalen Gin selbstverständlich, denn die Marke Citadelle, die sie pflegen, existiert seit 1775 und produzierte mit dem Segen von Louis XVI. in Dunkerque an der Grenze zu Belgien. Citadelle geriet in Vergessenheit, doch das Team vom Hause Ferrand stiess auf der Suche nach einer starken französischen Gin-Marke auf Citadelle und verpflanzte die Produktionsstätte aus dem kühlen Norden kurzerhand in die Charente, um die zehn kupfernen Brennblasen auch im Sommer am Dampfen zu halten. Dann weht der Duft von Kräutern und Gewürzen durch die heiligen Hallen des Cognacs. Jedes Jahr kommt eine Limited Edition auf den Markt. In diesem Jahr ist es der Old Tom Gin No Mistake, zubereitet mit 22 Kräutern und Gewürzen, darunter Yuzu und Veilchenwurzeln. Der schwarze Kater auf dem Label erzählt von der englischen Gin-Geschichte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die war eine versoffene, und zwar dermassen, dass der Gin-Act dem übermässigen Konsum mit Steuererhöhungen und Schanklizenzen einen gesetzlichen Riegel schob. Der Ausschank von Gin glitt ins Klandestine ab. Die Statue einer schwarzen Katze vor dem Haus wies auf einen Gin-Quelle hin. Das Prozedere funktionierte wie ein moderner Kaffeeautomat: Wurde draussen ein Penny in das Maul der Katze geworfen, füllte der Barkeeper im Pub Gin in einen Schlauch, der durch die Beine der Katze floss und mit einem Becher aufgefangen werde konnte. Dieser war oft mit karamellisiertem Zucker versetzt – wahrscheinlich auch, um Kosten zu sparen. Schnell hatte der Schwarze-Katze-Automat einen Namen: Old Tom Cat. Der alte, schwarze Kater wurde zum Symbol für den amberfarbenen, leicht süssen Gin. Der Old Tom Gin für Alexandre Gabriel reift kurz in karibischen Fässern, in denen Rohzuckersirup aus Barbados lagerte. Es sind die Unterschiede in der Zuckerqualität, die Gabriel zu dieser unglaublich spannenden Limited Edition inspirierten.
Von den nebelverhangenen Strassen an der Themse ist es weit bis an die Strände der Karibik. Doch dieses tropische Paradies mit den mannigfaltigen Rumspezialitäten hat es Alexandre Gabriel, dem Präsidenten und Besitzer von Cognac Ferrand, besonders angetan. Wie ein Schatzsucher durchforscht er jedes Jahr die Karibik und Lateinamerika, um unter der immensen Vielfalt die besten Produkte für die Blends seines Labels Plantation Rum ausfindig zu machen. 2012 wurde er im Vereinigten Königreich zum besten Rum-Master-Blender gekürt. Die Produkte von Plantation werden in der Karibik destilliert. Zuerst reift der Rum in dem heissen-feuchten Klima. Der Angel’s Share – die Verdunstungsrate der Fässer – ist hier höher als im kühlen Mitteleuropa. Darum werden die Fässer in die Charente verschifft und dort in Cognac-Fässer umgefüllt. Hier sind die Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter markant. Die Tannine aus dem Holz werden besser in den Rum integriert. Während der Elevage wird jedes Fass alle drei bis vier Monate degustiert. Entwickelt sich ein Fass zu würzig oder zu scharf, wird es in einem feuchteren Keller gelagert. Hat Gabriel das Gefühl, der Inhalt eines Fasses braucht mehr Holz, wandert der Rum in ein renoviertes Fass, bei dem eine oder mehrere Dauben durch neue ersetzt wurden.
Genau diese Leidenschaft und Liebe zum Detail beschert uns wohlige Momente im Fauteuil, während draussen die Herbststürme ums Haus toben.
Drei Highclass-Spirits aus dem Haus Ferrand
Cognac Ferrand Grande Champagne 10 Générations
50 cl | 46 Vol.-%
Helles Bernstein. Unglaublich vielschichtige und intensive Nase: Noten von Vanille, getrockneten Feigen, Aprikosen, Pepino und Birne. Weich und geschmeidig, kleidet den Gaumen mit Samt und Seide aus, Aromen von Röstbrot und mürbem Gebäck, endet extrem lang auf eine sehr frische, traubige Frucht.
Citadelle No Mistake Old Tom Gin
50 cl | 46 Vol.-%
22 Kräuter und Gewürze prägen die vielschichtige Aromatik. Über allem schwebt der Duft frischer Wacholderbeeren, dann Orangen-Schale, getrocknete Kräuter, Süssholz, Vanille und Veilchenwurzel. Spannungsgeladene Mischung aus Schärfe (Chili) und feiner karamelligen Süsse, Noten von Humus und Pumpernickel im Finale.
Plantation Rum Gran Añejo Guatemala & Bélize
70 cl | 42 Vol.-%
Geröstete Mandeln, Karamell-Butter-Toffee, getrocknete Kokosnuss, reife Datteln und ein Hauch von kandierter Ananas. Weich am Gaumen, mit Noten von hellen Sultaninen, ein Hauch Weihrauch sowie nussige Aromen. Lang und vibrierend wie der Flügelschlag eines Kolibris, im Finale Noten von dunkler, frischer Erde.