Architekt der Marke «Blue Nun» gestorben
Trauer um Weinhändler Peter Sichel

Ein Leben zwischen Verfolgung, Geheimdienst und Wein: Mit Peter Max Ferdinand Sichel verliert die Weinwelt eine prägende Persönlichkeit. Als Spross einer angesehenen jüdischen Weinhändler-Familie aus Mainz machte er die liebliche Weissweincuvée Liebfraumilch in den USA zu einem Verkaufsschlager, indem er die Marke «Blue Nun» einführte. Zuvor durchlief er jedoch, vor den Nazis in die Vereinigten Staaten geflohen, eine Karriere als Geheimagent.
Flucht durch halb Europa
Peter Sichel, geboren 1922, begann zunächst eine Ausbildung im Familienunternehmen H. Sichel Söhne. Das Haus betrieb seit dem 19. Jahrhundert Weinhandel, und hatte damals schon Niederlassungen in Bordeaux und London. 1941 floh Peter Sichel aus Bordeaux vor den Nazis über Spanien und Portugal in die USA.
CIA-Agent in West-Berlin
Dort schloss er sich dem OSS an, der Vorgängerorganisation der CIA, und kehrte als US-Soldat nach Deutschland zurück. Nach dem Krieg übernahm Sichel bedeutende Positionen innerhalb des US-Geheimdienstes, unter anderem als Leiter des CIA-Büros in West-Berlin in den 1950er Jahren. Doch dann entschied er sich, zum Weinhandel zurückzukehren.
Liebfraumilch prägt Image im Ausland
Ab den 1970er Jahren machte er durch eine ausgefeilte Werbekampagne die Marke «Blue Nun» in den USA zu einem bekannten, erfolgreichen Wein. Sichels Vater hatte die Marke entworfen, um nach dem Krieg auf den englischen Märkten wieder Fuss zu fassen. Der «Liebfraumilch» genannte Verschnitt aus Müller-Thurgau, Silvaner und Gewürztraminer prägte das die Bekanntheit von deutschem Wein im Ausland massgeblich.
Sichel war zum Ende seines Lebens der letzte Überlebende des jüdischen Weinhandels in Deutschland aus der Zeit vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. Er starb am 25. Februar 2025 in New York.
«Botschafter für den deutschen Wein»
Steffen Christmann, Präsident des VDP, würdigte das Lebenswerk Sichels: «Peter Sichel war ein Mensch mit grossem Format. Obgleich ihm und den seinen so viel angetan wurde, trat er für Versöhnung ein. Er war einer der ganz grossen Botschafter für den deutschen Wein, trotz der Erlebnisse in dem dunkelsten Kapitel. Insofern denken die VDP-Weingüter voller Dankbarkeit zurück und sprechen der Familie ihre tief empfundene Anteilnahme aus.»
Buchtipp: Peter M. F. Sichel »Die Geheimnisse meiner drei Leben«, Axel Dielmann-Verlag KG, 2015