Vertikale Valdonicas Baciòlo und Saragio

Manchmal sucht man ein Sommerhaus – und findet eine Lebensaufgabe. Dr. Martin Kerres, Wiener Arzt und Krankenhausmanager, landete in der Maremma, weil ihn die Landschaft faszinierte. Er blieb, weil sie ihn nicht mehr losliess. 2004 kaufte er ein verlassenes Stück Land in den Hügeln von Sassofortino, das zuvor als Schafweide diente. Damals dachte er nicht an Wein. Das änderte sich schnell.

2005 entschied Kerres, dauerhaft in die Maremma zu ziehen. Der erste Versuch, mit einem Südtiroler Winzer Fuss zu fassen, scheiterte. Doch der Dottore liess nicht locker. 2009 pflanzte er eigene Reben, kelterte deshalb zunächst mit zugekauften und gepachteten Trauben. 2012 war Schluss mit Fremdmaterial, der Wein sollte 100 Prozent Valdonica sein.

Heute ist das Weingut eine feste Grösse in der Region. Nicola Lazzeri, seit 2017 verantwortlicher Weinmacher, brachte Kontinuität und eine klare Stilistik. Seither stehen die Weine von Valdonica für Finesse und Terroir, für den puren Ausdruck der Maremma. Die Weinberge liegen auf bis zu 500 Metern Höhe, unberührte Böden, die Jahrzehnte keiner Bewirtschaftung ausgesetzt waren. Sangiovese, Ciliegiolo und Vermentino spielen hier die Hauptrolle, ausgebaut nach biologischen Grundsätzen. Die Idee: Weine schaffen, die nicht von Technik, sondern von Herkunft sprechen. Am deutlichsten zu schmecken ist die Vorstellung von grossem Wein in den beiden reinsortigen Sangiovese. Im Baciòlo, der für 24 Monate in der Barrique liegt, und im Saragio, der 18 Monate in Holz reift. Beide Weine zeigen Eleganz und glänzen in den aktuellen Jahrgängen mit präziser Struktur. Denn das zeigte sich bei der Verkostung vor Ort: Grosser Wein braucht Zeit, nicht nur in der Flasche. Auch bei der Findung des perfekten Rezepts, bei Anbau und Ausbau braucht es Zeit und Erfahrung. Gerade deshalb war die Verkostung der Weine auf dem Weingut so interessant.