Marktschau Vinho Verde aus Portugal: Belebend und knackig

Vinho Verde ist eine der faszinierendsten Weinlandschaften Portugals. Es scheint allerdings, dass die Weine zwar im Urlaub in Porto oder an der Algarve getrunken werden, aber im Handel in Deutschland gar nicht mehr so populär sind. Kennen sollte man die neun Subregionen, die sich durch unterschiedliche Mikroklimata auszeichnen. Während der Minho-Fluss im Norden die Grenze zur spanischen Region Galicien bildet, rahmen die Berge Peneda, Gerês und Marão im Osten sowie Freita, Arada und Montemuro im Süden das Gebiet ein. Im Süden ist auch der berühmte Douro-Fluss eine natürliche Begrenzung. Der Atlantik sorgt für ein feuchtes, gemässigtes Klima mit hohen Niederschlägen, wodurch die Region das ganze Jahr über in sattem Grün erstrahlt. Das üppig-grüne Paradies mit seinen Granitböden und dem sandig-lehmigen Ton steht für eine aussergewöhnliche Vielfalt an autochthonen Rebsorten. Junge Vinho Verde erinnern an die Atlantik-Brandung und die köstliche Fischküche Portugals. Wenn sie gut sind, haben sie stets eine belebende, oft knackige Säure. Besonders reinsortige Vinho Verde aus Alvarinho, Loureiro oder Avesso zeigen bemerkenswerte Struktur und Aromatik. Reine Alvarinho- Weine findet man vor allem in Monção und Melgaço im Norden. Diese sind vollmundig und aromatisch mit Noten von Aprikose, Pfirsich und Zitrusfrüchten, gepaart mit feiner Mineralität, eben wie die benachbarten spanischen Rías-Baixas-Weine. Loureiro entdeckt man reinsortig hauptsächlich in Lima, Cávado und Ave. Oft sind es florale Noten sowie Limetten- und Orangenzeste mit einer eleganten Frische, die diese Weine auszeichnen. Arinto ist für fortgeschrittene Vinho-Verde-Trinker. Die Arinto-Traube ist auch bekannt als Pedernã und hat eine so knackige Säure samt enormen Zitrusaromen, dass sie mühelos lange reifen kann. Avesso, vor allem aus Baião und Amarante, bringt körperreiche, mineralische Weine mit Noten von reifem Obst und Gewürzen.

Die Sache mit gut bekannten Weinen ist trügerisch. Vom Vinho Verde aus dem Norden Portugals weiss man etwa, dass er leicht grünlich im Glas leuchtet – daher der Name – und stets auf der Zunge bitzelt. Der leichten Kohlensäure, einer Folge der malolaktischen Gärung, ist das zu verdanken. Sie macht den Wein sehr zugänglich und einfach zu verstehen – viele Vinho Verde können jugendlich genossen werden. Der niedrige Alkoholgehalt dieses Crowdpleasers trägt dem generellen Wunsch nach weniger «Umdrehungen» Rechnung.

So weit, so bekannt. Dass dieser Wein auch «seriös» kann, wurde einmal mehr in dieser Verkostung deutlich. Die Granitböden der Region, auf denen Sorten wie Alvarinho, Loureiro, Arinto oder Avesso gedeihen, bieten dann doch mehr Spiel und Möglichkeiten, als man von Vinho Verde zu vernehmen gewohnt ist. Die Weine eines Anselmo Mendes, der mit der Symington-Familie eine Zusammenarbeit eingegangen ist, oder des Douro-Spezialisten Niepoort zeugen von Raffinesse und Können, von der Lust, mehr als nur einen spritzigen Sommerhit zu keltern. Indes: Die Preise für diese Weine sind bodenständig, im Schnitt liegt der Preis der angestellten Vinho Verde bei 17.75 Franken pro Flasche, nur ein Wein kommt über die 30 Franken. Das ist schon stark.

Wie das mit Hypes so ist, erreichen auch diese einen Moment der Ruhe, des Abebbens. Vinho Verde wurde vor nicht mal zehn Jahren als fast einziges Weisswein- Wunder Portugals vermarktet. Praktisch gab es bei Spezialisten und auch im Detailhandel nichts anderes im Weissweinregal aus diesem Land zu ergattern. Ist das nun vorbei? Es gibt ja auch neben Vinho Verde weitere spannende lusitanische Brancos. Das erklärt vermutlich, warum wir jetzt nur zehn Weine verkosten durften – vor nicht mal vier Jahren waren es 30 Prozent mehr.

Die Verkostung

Alle Muster werden verdeckt verkostet und stammen von Händlern, die dem VINUM Wine Trade Club angehören und so regelmässig über Marktschau-Themen informiert werden. Infos zum Club finden sie unter:

www.vinum.eu/wine-trade-club