Die Riesen des Rieslings

Der Riesling Champion 2024 hat einmal mehr gezeigt, dass Deutschlands beliebteste Rebsorte mit Vorsicht zu beurteilen ist. Zu beurteilen, wohlgemerkt, denn Urteil und Genuss stehen im Vorgang der Verkostung zwar oft nebeneinander, es ist aber das Urteil, das vorneweg marschiert, bevor der Kritiker sich dem Genuss hingibt. So zumindest die Theorie, sofern ein Wein das überhaupt zulässt. Riesling, das wissen nicht nur die Liebhaber dieser vielfältigen und zuweilen komplexen Sorte, lässt sehr viel zu. In der Praxis sah es beim Riesling Champion 2024 folgendermassen aus: Es galt, den Jahrgang 2023 auf Herz und Nieren zu prüfen, denn mehr als die Hälfte aller angestellten Weine – über 750 – waren aus diesem Jahrgang, allen voran Riesling trocken (Kategorie 1). Bei der Sichtung der Ergebnisse fällt ins Auge, dass der 2023er im Basis-Bereich punktet, aber auch Spätlesen aus diesem Jahrgang (Kategorie 5) fanden bei der Jury einen positiven Widerhall. Das Moselaner Weingut Loersch, Riesling Champion 2024, stellte zum Beweis eine Spätlese aus diesem Jahrgang an, die in der Verkostung zum Kategoriensieger auserkoren wurde. Diese Qualität ist für kleines Geld zu ergattern, die Weine aus 2023 sind für knapp unter 10 Euro zu haben, bei Spätlesen muss man nur 5 Euro mehr hinlegen. Gewiss, das sind Preise ab Hof, für den Riesling-Liebhaber aus der Schweiz ist das nicht immer in Reichweite. Und doch darf man das Privileg, solche Weine zu solchen Preisen ins Glas zu bekommen, nicht oft genug betonen.

Bei den Lagenweinen sticht der Jahrgang 2021 hervor, der unter den Juroren die höchsten Bewertungen erhielt. Der beste Riesling des Jahres 2024 ist folgerichtig auch einer aus 2021, nämlich das Grosse Gewächs vom Weingut Heid. Dass ein Württemberger alle anderen klassischen Regionen auf die Plätze verwies, war eine Überraschung. Eine genussvolle, wohlgemerkt.