Vier Sterne gab die Expertenkommission dem 2018er Brunello. Die Kritiker waren im Zwiespalt, für manche war es ein klassisch-eleganter Jahrgang, für andere nur ein Brunellino. Eines war klar: Die Winzer hatten einiges zu tun in Rebberg und Keller. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.
Der Jahrgang 2018
Der Witterungsverlauf im Jahre 2018 machte die Arbeit für die Weinbauern nicht einfach. Der Saisonauftakt war durch einen Winter mit durchschnittlichen Niederschlägen und einigen Schneeepisoden geprägt, die das Wasserdefizit des Vorjahres teilweise ausglichen. Bis Ende Februar lagen die Temperaturen über dem Durchschnitt, dann kam es zu einem starken Temperaturabfall mit Schneefall und Tiefsttemperaturen nahe –10 Grad. Bis in den Mai hinein ermöglichten häufige und ergiebige Regenfälle, begleitet von hohen Temperaturen, eine optimale vegetative Entwicklung. Die Blüte begann in der letzten Phase des Monats. Dank der hohen Ansammlung von Bodenfeuchte kamen die Reben gut mit den hohen Temperaturen im Juni und Juli zurecht. Der August war geprägt von schwachen, zeitweiligen Regenfällen in den ersten drei Wochen und Durchschnittstemperaturen von 25 Grad. Ein deutlicher Temperaturabfall in den letzten Tagen des Monats mit gelegentlichen Tiefstwerten unter 12 Grad und Regentage in der ersten Septemberwoche mit Höchstwerten von 30 Grad bremsten die Entwicklung nochmals etwas ein. Auch Regenschauer und Temperaturen um die 20 Grad ab der zweiten Septemberhälfte veranlassten die Weingüter, den Beginn der Sangiovese-Ernte vorzuziehen, um gesunde Trauben in den Keller zu bekommen.
Und dennoch: Die Brunelli 2018 geben sich duftig und in manchen Fällen auch schon sehr süffig. Dafür sorgen eine präsente Säure und zum Teil sehr angenehme Tannine. Für Fabrizio Bindocci, Präsident des Consorzio del Vino Brunello di Montalcino, ist 2018 ein klassischer Jahrgang: «Das Wetter brachte wieder milde Temperaturen, nicht zu heiss im Vergleich zu den letzten Jahren. Die Reifung war etwas länger, ohne Hitzespitzen.»
Resultate, Analysen, Statements
«Ein Brunello 2018 ist ein entgegenkommender Wein, den man nicht unbedingt lange im Keller verstecken sollte.»
Christian Eder VINUM-Autor
Durch den Klimawandel werden die schwierigen Jahrgänge nicht nur in Italien häufiger: Entweder trockene und heisse wie 2017 oder regnerische, kühle wie 2018, die an die Zeit vor 30, 40 Jahren erinnern, als die Trauben noch öfter Schwierigkeiten hatten, auszureifen. Dass gerade der 2018er ein Wein wie von anno dazumal ist, konnte man bei Benvenuto Brunello, der «en primeur»-Verkostung, im November 2022 in Montalcino entdecken. Dort standen der 2018er (Annata) und 2017er (Riserva) auf dem Programm. Wobei wenige Riserve zur Verkostung angestellt wurden – zu wenig lagerfähig war der Jahrgang 2017.
Der klassisch-elegante 2018er ist hingegen gelungen: zwar kein grosser Jahrgang, aber ein guter. Die Brunelli sind weniger durch den Ausbau geprägt, sondern frisch und kompakt und mit zum Teil prägnanter Säure und robustem Tannin. Die besten Weine überzeugen mit ihrer Eleganz, gerade von Winzern, die sich seit jeher durch eine traditionelle Handschrift auszeichnen, und von stets verlässlichen Produzenten, die schon bis hierher mit ihren Brunelli gefielen. Lagenweine zählten zu den besten Weinen der Verkostung, wobei aber auch der Blend unterschiedlicher Rebberge – wie er in Montalcino historisch üblich ist – solide Ergebnisse zeitigte. Gut ausbalancierte Weine fand man gleichermassen in den Rebbergen im Südosten und Süden wie im Nordosten, wo die Trauben sehr gut ausreifen konnten.
Eder's Fazit
Ein Brunello di Montalcino des Jahrgangs 2018 ist ein entgegenkommender, fruchtbetonter und feiner Wein. Man sollte ihn nicht unbedingt lange im Keller verstecken, sondern kann ihn durchaus schon in wenigen Jahren geniessen. Ein solides Alterungspotenzial hat er trotzdem.
Die Top 10 der verkosteten Weine
Rang | Beschreibung | |
---|---|---|
1 | 18,5/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Mastrojanni |
2 | 18,5/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Talenti |
3 | 18,5/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Siro Pacenti |
4 | 18,5/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Ciacci Piccolomini d'Aragona |
5 | 18,5/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Giodo |
6 | 18,5/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Castello Romitorio |
7 | 18,0/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Salicutti |
8 | 18,0/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Casanova di Neri |
9 | 18,0/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien Siro Pacenti |
10 | 18,0/ 20 Punkte | Toskana «Il Cuore Antico», Toskana, Italien San Polo |
Die Verkostung
Christian Eder verkostete in Montalcino beim Anteprima-Event Benvenuto Brunello im November 2022 und anschliessend in der Redaktion die Weine des neuen Jahrgangs 2018.