Mit Langlebigkeit und Stil
Guide Barolo 2019: Ein Jahrgang kombiniert Struktur mit Eleganz
Degustation und Text: Christian Eder
Die Qualität eines Nebbiolos entscheidet sich im September. Schönwetter sorgt für zeitlose Qualität, Regen macht den besten Sommer zunichte. 2019 hat die Witterung im Herbst gepasst – wenn man rechtzeitig gelesen hat! Als «klassisch» wird nun der Barolo-Jahrgang 2019 in die Annalen eingehen: Der Witterungsverlauf war im Herzen des Piemont, in einem der grössten Anbaugebiete der Welt, geprägt von einem langen Winter, gefolgt von Frühlingsregen, derdie Ernte um etwa zwei Wochen verzögerte. Der Sommer wiederum war mild, unterbrochen von kurzen, intensiven Hitzewellen. So waren viele Lagen bereits Mitte Oktober erfolgreich abgeerntet, bevor zwei Wochen mit Herbstregen einsetzten: Ein Teil der Lese danach fiel buchstäblich ins Wasser. Was aber davor in den Keller kam, ist die Basis eines klassischen Barolo-Jahrgangs mit Weinen, die Noblesse mit Trinkigkeit verbinden. Vorgestellt wurde die Annata 2019 erstmals im Januar 2023 in Alba bei der Verkostung Nebbiolo Prima. Protagonisten waren neben dem Barolo 2019 (und der Riserva 2017) die neuen Jahrgänge von Barbaresco und Roero: 2020 beziehungsweise die Riservas 2018 (Barbaresco) und 2019 (Roero). Das Jahr 2020 begann im Barbaresco-Gebiet mit milden Temperaturen und wenig Niederschlag, insbesondere Schnee. Auch der erste Teil des Frühlings war trocken und sonnig, was eine homogene vegetative Entwicklung garantierte, gefolgt von einem ziemlich regnerischen Mai und Juni. Der Nebbiolo reifte unter optimalen Bedingungen: Die nicht zu hohen Nachttemperaturen führten zu einer schnellen Anreicherung von Polyphenolen, der Zuckergehalt war optimal, ebenso wie die Säure, alles dank dem reichlichen Wasserreservoir aus dem Frühsommer. Fazit: Der Barbaresco 2020 vereint in einer gelungenen Kombination Struktur mit Eleganz. Im Anbaugebiet Roero überzeugte vor allem die Riserva des Jahrgangs 2019: Die besten Etiketten verbinden auch hier eine klassische Machart mit Langlebigkeit und Stil.
Resultate, Analysen, Statements
«2019 ist so klassisch wie 2013. Wenn Sie noch 2013er im Keller haben, sollten Sie das mal testen.»
Christian Eder VINUM-Autor
Komplexität, feinkörnige Tannine, Finesse: Eigenschaften, mit denen sehr viele Nebbioli der Jahrgänge 2019 und 2020 glänzen, und dasbereits in jungen Jahren. Auch die Traubenreife und der Vegetationszyklus der Reben sind heute anders als noch vor 20 Jahren, Erträge werden strikt begrenzt, der Winzer achtet auf die Harmonie der Pflanzen und dünnt nicht mehr auf Teufel komm raus aus. Dem Klimawandel trotzen die Produzenten der Langhe mit ihrem über Generationen erworbenen Wissen. Und kreieren trotzdem eine breite Vielfalt an unterschiedlichen Weinen: Darunter immer weniger Alkoholbomben, sondern immer mehr schlanke oder auch kurvige Kreszenzen, die für eine der Kerneigenschaften grosser Nebbioli stehen: Finesse. Ein klassischer Jahrgang in Barolo bezieht sich typischerweise auf einen Jahrgang von guter Qualität mit kühlen Temperaturen, ähnlich denen der 1980er Jahre, als die Ernte im Spätherbst stattfand. Zwei Hauptfaktoren tragen zur Einstufung des Jahrgangs 2019 als «Klassiker» bei: ein langer kalter Winter und Frühlingsregen. Es ist jedoch erwähnenswert, dass 2019 klimatische Ähnlichkeiten mit 2013 aufweist. Beides hervorragende klassische Jahrgänge – wenn Sie noch 2013er im Keller haben, sollten Sie das mal testen. Dem steht auch der eigentlich recht warme Jahrgang 2020 nicht nach, bei dem es den Barbaresco-Winzern gelungen ist, durchwegs eine sehr hohe Qualität in den Keller zu bringen. Die Weine zeigen sich bei aller Jugend ausserordentlich harmonisch, vereinen Charakter mit Noblesse, die Tannine sind feinkörnig und langlebig. Ebenfalls erfreulich: die wenigen vorgestellten Riservas aus den Jahrgängen 2019 (Roero), 2018 (Barbaresco) und 2017 (Barolo).
Die Top 10 der verkosteten Weine
Rang | Beschreibung | |
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1 | 19,0/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Elio Grasso |
2 | 19,0/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Elvio Cogno |
3 | 19,0/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Parusso |
4 | 19,0/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Vietti |
5 | 18,5/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Giuseppe Rinaldi |
6 | 18,5/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Francesco Rinaldi & Figli |
7 | 18,5/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Luigi Pira |
8 | 18,5/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Mauro Molino |
9 | 18,5/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Michele Chiarlo |
10 | 18,5/ 20 Punkte | Piemont – Le Langhe, Piemont, Italien Ettore Germano |
Die Verkostung
Die Degustation durch Christian Eder fand im Rahmen der von der Winzervereinigung Albeisa organisierten Jahrgangsverkostung Nebbiolo Prima im Januar 2023 in Alba statt. Einige Weine, die nicht bei Nebbiolo Prima vertreten waren, wurden im März in der Redaktion probiert.