Crianza Extravaganza
Das Beste vom Markt: Rioja Crianza über 10 Euro
Degustation & Text: Carsten Henn
«Die im Dunkeln sieht man nicht», textete Bertolt Brecht bei der «Moritat von Mackie Messer» aus seiner «Dreigroschenoper». Zugegeben, der Sprung von Verbrechern zu Weinen ist gewagt, aber auch in der Weinwelt stehen einige im Dunkeln. Bei Rioja reden alle über die Gran Reservas und ihre kleinen Brüder die Reservas, die Crianzas dagegen stehen im Dunkel der Wahrnehmung. Dabei sind sie – und nicht die auf Frucht getrimmten Robles oder Semi-Crianzas – die wahren Visitenkarten der Bodegas, weil sie einen ersten Eindruck von dem besonderen Verhältnis zwischen Tempranillo und Zeit geben.
Viña Cubillo für nur 15 Euro!
Viña Cubillo, der Gewinner unserer Probe, reifte sagenhafte neun Jahre (davon drei im Fass), bevor er auf den Markt kam und ist zugleich unser Best Buy mit einem Preis von gerade einmal um die 15 Euro! Wann hat es das schon einmal gegeben? Everybody’s Darling ist dieser Tropfen des Kult-Weinguts R. López de Heredia Viña Tondonia natürlich nicht, dafür sind die Aromen nach so langer Reife für manchen zu ungewöhnlich. Und ein typischer Crianza ist er mit dieser natürlich mitnichten. Für alle Fans von einer frischeren Frucht ist der Sela der Bodegas Roda eine ideale Wahl, vereint er doch Saftigkeit mit einer feinen Reife, die fast nur daran zu erkennen ist, dass die Kanten der Jugend ein wenig abgefeilt sind. Tempranillo spielt hier mit über 90 Prozent Cuvée-Anteil die Hauptrolle, aber etwas Graciano und Garnacha greifen ihm unter die Arme. Bei anderen Weinen der Probe war auch Mazuelo mit von der Partie. Aber es sind immer nur Nuancen, 50 Prozent Tempranillo sind vorgeschrieben, häufig sind es um die 90 Prozent. Überraschend bei unserer Probe war, wie viele fein gereifte Crianzas auf dem Markt sind, die beweisen, dass dieser Weintyp noch viel, manchmal sogar mehr als Trinkspass bietet.
Rund 15 Euro muss man für eine gelungene Crianza auf den Tisch legen.