Zwei Jahrgänge dominieren die verkosteten Riservas: zum einen der warme, ausgewogene 2015er, in dem die Trauben in den Langhe und im Roero optimal ausreifen konnten, zum anderen der langlebige und elegante Jahrgang 2016. Dazu kommen noch Retrospektiven älterer Jahrgänge, von 2014 bis hin zum fernen Jahrgang 2000. Im Roero wurden bereits Riservas des Jahrgangs 2017 und auch 2018 präsentiert. Ob Barolo, Barbaresco oder Roero: In allen diesen Weinen ist die ureigenste piemontesische Rebsorte Nebbiolo der Protagonist. Sie reift spät, gibt elegante, langlebige Kreszenzen, ist sehr terroirempfindlich und damit hervorragend für Einzellagenweine geeignet. Der Vergleich mit dem Burgund wird daher für die Langhe, das Gebiet rund um die Stadt Alba, gerne bemüht. Roero-, Barbaresco- und Barolo Weine können deshalb auch eine geografische Zusatzbezeichnung tragen: 181 Menzioni Geografiche Aggiuntive (MGA) sind bei Barolo eingetragen, 66 bei Barbaresco. Im Roero, das nicht zu den Langhe gehört, sind es (seit der Einführung der MGA im Jahr 2017) 135.
In Aromatik und Struktur unterscheiden sich die drei ungleichen Brüder
Platzhirsch des Nebbiolo ist natürlich Barolo: Das Anbaugebiet ist in etwa dreimal so gross wie das des Barbaresco oder des Roero, die Rebberge liegen höher und sind von Kalk und Lehm dominiert. Das - und vier Jahre Reife im Keller - macht den Barolo zu einem der langlebigsten Weine Italiens. Erst recht bei der Riserva, die nochmals zwei Jahre länger im Keller zubringt. Aktuell wurde der Riserva-Jahrgang 2015 vorgestellt, viele Winzer bringen aber auch ältere Jahrgänge auf den Markt, wie zum Beispiel eine Riserva 10 Anni, die zehn Jahre nach der Lese auf den Markt kommt. Bei Barbaresco werden aktuell Riservas des Jahrgangs 2016 präsentiert, beim Roero sind es die Riservas des Jahrgangs 2017. In Aromatik und Struktur unterscheiden sich die drei ungleichen Brüder. Barbareschi und vor allem Roero sind entgegenkommender und früher trinkreif als Baroli. Ausserdem ist im Roero der Rotwein aus Nebbiolo nicht der einzige Star: Die weisse Arneis hat sich als Roero Arneis DOCG in den vergangenen Jahren zu einem Bestseller entwickelt.
Resultate, Analysen, Statements
«Die Riservas sind eine kleine Nische. Einige Weine zählen aber mit zum Besten, was das Anbaugebiet hervorbringt.»
Christian Eder VINUM-Autor
Die Barolo Annata 2015 hat es im Vorjahr schon angekündigt: fruchtige, komplexe Weine, die bald Spass machen, aber auch reifen können, waren das Ergebnis eines schönen, ausgewogenen Jahrgangs. Dem setzt die Riserva 2015 noch einen drauf: Einige Produzenten überbieten dabei sogar die Qualität der exzellenten Annata. Wobei ein paar Journalistenkollegen meinen, bei vier Jahren Lagerung einer Annata wären die sechs einer Riserva nicht unbedingt nötig. Zum Glück wissen die Piemonteser mit Holz umzugehen. Meist steht der Riserva-Jahrgang des Barbaresco im Schatten des ein Jahr älteren Barolo, der zur gleichen Zeit präsentiert wird: Der filigranere Barbaresco gewinnt aber nicht selten durch die zusätzliche Reifezeit – wie es wieder einmal der schöne Jahrgang 2016 beweist. Die kalkhaltigen Mergelböden auf der rechten Seite des Flusses Tanaro sorgen gerade in den Barbaresco-Lagen für feinfruchtige, duftig-elegante Weine. Auf der linken Seite des Flusses hingegen, im Roero, ist dem roten Roero mit dem weissen Roero Arneis eine namhafte Konkurrenz erwachsen. Das tut der Qualität keinen Abbruch. Die Trauben stammen von sandigen Böden, die daraus produzierten fruchtigen, eleganten Weine haben nicht den Anspruch auf das ewige Leben. Doch gerade das zusätzliche Jahr Holz gibt den Riservas nochmals einen Schub, was auch der Jahrgang 2017 beweist. Und einige Jahre Reife im Keller danken sie allemal. Fazit: Die Riservas, die bei Barolo, Barbaresco und Roero Jahre nach dem Jahrgangswein auf den Markt kommen, sind eine kleine Nische – nur wenige Etiketten werden angestellt. Einige Weine zählen aber mit zum Besten, was das Anbaugebiet hervorbringt.