Wilde Würze und saftige, kühle Frucht

Auch wenn Pinotage, die Neuzüchtung aus Pinot Noir und Cinsault, als beispielhafte und eigenständige Rotweinsorte am Kap gilt, so hat Syrah ihr schon lange den Rang abgelaufen. Das mag daran liegen, dass Syrah vom Kap die Regionen widerspiegelt, in der die Rebstöcke wachsen. Das zu erkunden macht richtig Spass. Die Qualitäten aus Stellenbosch sind oft kühle, saftige Fruchtbomben mit feinem schokoladigen Schmelz und delikater Eukalyptus-Würze – Australien lässt grüssen –, deren Säurenerv straff und animierend ist. Syrah von Swartland hingegen gebärdet sich im Glas erst recht wild: Noten von Teer und verbranntem Gummi oder Holzrauch dominieren die Frucht, die sich erst nach einiger Zeit im Glas aus der Deckung kitzeln lässt. Grossartig der Syrah Porseleinberg vom «Che Guevara des Swartlandes» Callie Louw. Louw betreut das Projekt von Boekenhoutskloof-Besitzer Marc Kent seit 2009 und hat die Farm gründlich umgekrempelt. So schwört er auf gemischte Landwirtschaft, baut Gemüse an, hält Nguni-Rinder und lässt zwischen den Rebstöcken Hunderte von Hühnern nach Nahrung picken. Weine wie der Porseleinberg verlangen viel Aufmerksamkeit. 

Das sind keine Crowd-Pleaser, die den Gaumen mit Frucht und Extraktsüsse einlullen, und auch der Preis ist ein stolzer. Doch lohnt es sich unbedingt, für diese Erfahrung tiefer in die Tasche zu greifen. Die günstigeren Qualitäten dieser Probe, wie der Syrah von Glen Carlou, gewinnen hauptsächlich am Gaumen. Sie sind zwar kraftvoll, aber dank einer ausbalancierten Säure und voll ausgereiften Tanninen sehr gut strukturiert. Klassische Rote, die zum winterlichen Schmorgericht ebenso passen wie zum Barbecue oder zur Pasta. Wer übrigens auf Syrah im Rhone-Stil aus ist, sucht in Südafrika vergebens. Die vegetalen und pfeffrigen Noten der Qualitäten aus Südafrika sind weniger herb, eher sind Aromen von Eukalyptus, frischer Minzer oder Lakritze in den Crus zu finden. Australien ist dem Kap eben doch näher als die Rhone.

Die Verkostung

Alle Muster werden verdeckt verkostet und stammen von Händlern, die dem VINUM-Wine-TradeClub angehören. Sie werden über Marktschau-Verkostungen laufend informiert. In der Ausgabe 6/2020 verkosten wir «Vin de Pays aus Frankreich über 15 Franken».