Heimlicher Superstar

Was macht eine grosse Rebsorte aus? Eine faszinierende Struktur? Die Fähigkeit, ihr Terroir widerzuspiegeln? Mit zunehmender Reife die Persönlichkeit weiterzuentwickeln? Die Garnacha / Garnatxa hat all das. Für Fernando Mora Aiws vom Weingut Cuevas de Arom ist sie deshalb ein Superstar – und wer seine Weine trinkt, kann das nur bestätigen. Auch Spaniens Kult-Winzer Alvaro Palacios verehrt die Rebsorte. Mit dem grösstenteils aus Garnacha erzeugten L’Ermita zeigt er es schon seit längerem im Priorat, mit seinem Spitzenwein Quiñón de Valmira auch in der Rioja – einem fantastischen, reinsortigen Garnacha. Natürlich werden aus der Rebe auch viele hochalkoholische, marmeladige Weine erzeugt. Die Garnacha kann schliesslich Opulenz, und für alle Freunde von Weinen, die Vollgas geben, bot die Probe einiges. Zum Beispiel den Brega der Bodegas Breca aus Calatayud, der von allem viel hat und trotzdem die Balance hält – ein Wein, so prunkvoll wie sein goldenes Etikett. Genauso bemerkenswert ist, wie es vor allem den Weinen aus dem Priorat und aus Campo de Borja in unserer Probe gelang, die Opulenz mit einer begeisternden Frische zu koppeln. Plötzlich fingen Zwetschgen, Herzkirschen, Cassis und Veilchen im Glas an zu tanzen. Und dann gibt es Garnachas, die einen ganz eigenen Weg gehen. Zum Beispiel der La Bruja de Rozas (übersetzt: Die Hexe von Rozas), mit buntem Stiefel auf dem Etikett. Er stammt aus einer lange völlig unbekannten Region nahe Madrid und besitzt Frische und Würze bis zum Abwinken. Oder der Garnatxa de Cérvoles aus Costers del Segre, der die reife Garnacha-Frucht aufs Purste in die Flasche bringt, begeisternd in seiner Klarheit. So animierend konnte man sich Garnacha früher nicht einmal vorstellen. All diese Weine beweisen eindrücklich, dass Spanien neben Tempranillo noch einen anderen Superstar hat und dass die Winzer des Landes – um im Bild zu bleiben – immer mehr seine vielen Supertalente aufdecken.