Österreich Dossier

Wein-Österreich erfindet sich neu

Text: Rudolf Knoll 

Im ersten Halbjahr 2016 wurden im österreichischen Weingesetz zahlreiche Neuerungen beschlossen, die nach und nach am Weinmarkt zum Tragen kommen. Geändert wurden unter anderem Bezeichnungen von Weinbaugebieten. Das System der Lagen, in Österreich Rieden genannt, wird reformiert. Als echter Meilenstein für die österreichische Weinwirtschaft werden neue Regelungen für österreichischen Sekt bezeichnet. Was sich alles ändert, lesen Sie auf den folgenden Seiten.

Lagensicherheit mit Ried

Etliche Weinlagen in Österreich geniessen einen guten Ruf, beispielsweise der durch den legendären Josef Jamek bekannt gewordene Ried Klaus oder der Spitzer Singerriedel, der eng mit dem Namen Franz Hirtzberger verbunden ist. Tatschler und Gloria sind zwei Paradefluren der Familie Kollwentz im burgenländischen Großhöflein, Mandelhöh ist bekannt für einen bemerkenswerten Zierfandler von Stadlmann. Beim Ruster Mariental denkt man sofort an Ernst Triebaumer und seinen Blaufränkisch. Der riesige Heiligenstein im Kamptal ist eine von etlichen Winzern aus Langenlois, Zöbing und Kammern bewirtschaftete Flur.

Doch gibt es auch jede Menge Phantasiebezeichnungen von Rebflächen, die nicht genau per Kataster erfasst sind. Mit solchen Deklarationen wird jedoch der Eindruck erweckt, es handle sich um kleine, feine Fluren mit Geschichte. Das wird nach einer Übergangsfrist vorbei sein. Die Lagenabgrenzung ist in den Weinbaugebieten noch nicht völlig abgeschlossen, aber durch die Gesetzesnovelle ist Schwung in die Sache gekommen. Künftig muss bei Weinen mit Lagenbezeichnung das Wort «Ried» oder «Riede» vor dem Namen stehen. Dann ist sichergestellt, dass es sich um Wein aus einer gesetzlich definierten Einzellage handelt, der auf einen Blick von Pseudo-herkünften unterscheidbar ist.

Weit fortgeschritten ist eine Lagen-Klassifizierung beim Verein der Österreichischen Traditionsweingüter, die jedoch auf private Initiative erfolgte und nicht im Gesetz verankert ist. Die 33 Mitglieder aus dem Kamptal, Kremstal, Traisental und dem Wagram haben 62 Rieden im Donauraum für den Erste-Lage-Status ausgewählt, vergleichbar mit dem Grossen Gewächs in den Reihen der deutschen VDP. Dafür haben die Erzeuger über einen langen Zeitraum ihre Weine gemeinsam beobachtet und ihre Entwicklung verfolgt. Nur die besten Herkünfte wurden schliesslich auserwählt.

Dreistufiges System an der Donau

Klare Herkunftsangaben gelten nach mehrjährigen Diskussionen in der Branche neuerdings in den Gebieten Kamptal, Kremstal und Traisental. Die Weine mit der Bezeichnung DAC (Districtus Austriae Controllatus) wurden per Verordnung in ein dreistufiges System mit Gebietswein als Basis, Ortswein und Riedenwein eingegliedert. Diese Gliederung gibt es bereits in anderen Ländern (in Deutschland zum Beispiel in Rheinhessen). Ein Gebietswein aus dem Jahrgang 2016 heisst jetzt künftig zum Beispiel schlicht Kamptal, ein Ortswein trägt die genauere Herkunft wie etwa Langenlois. Und der damit deutlich aufgewertete Lagenwein kann Ried Heiligenstein auf dem Etikett tragen. Für die drei Kategorien gibt es jeweils eine Alkoholuntergrenze, aber keine -Obergrenze. Reserve-Weine kommen weiter auf den Markt. Sie unterscheiden sich von anderen DAC-Weinen vor allem durch den Erscheinungstermin (frühestens ab 1. Juli im Jahr nach der Ernte).

Durchaus denkbar, dass auch die Wachau als Nachbar der drei Regionen eines Tages das Drei-Stufen-System einführt. Aber klar ist es zum Beispiel nach Einschätzung von Star-Winzer Franz Hirtzberger, der etliche Jahre Vorsitzender der Gebiets-Vereinigung Vinea Wachau war, dass die «Dreier-Gewichtsklasse» mit Steinfeder, Federspiel und Smaragd dann nicht abgeschafft wird.

Abgeschaffte Weinbaugebiete

Im ersten Moment klingt es radikal, wenn die Abschaffung der burgenländischen Weinbaugebiete Neusiedlersee (im Osten des Sees), Neusiedlersee-Hügelland (im Westen), Mittelburgenland (ein Stück südlich vom See) und Südburgenland (ganz im Süden) verkündet wird. Zugleich sollen alle Qualitätsweine des Gebietes den Hinweis «Burgenland» auf dem Etikett tragen. Aber gemach! Weggefallen ist nur eine Doppelgleisigkeit. Die gebietstypischen DAC-Weine dürfen darüber hinaus die Bezeichnung des jeweiligen spezifischen Weinbaugebietes tragen, also Neusiedlersee DAC, Leithaberg DAC, Mittelburgenland DAC und Eisenberg DAC. Ein genauerer Hinweis auf die Herkunft ist also weiter gewährleistet.

Neues aus dem Westen

Das Weinbaugebiet Südoststeiermark gibt es zwar noch. Aber im Rahmen der Gesetzesnovelle wurde daraus Vulkanland Steiermark. Damit wurde unter anderem den vulkanischen Böden, auf denen die Weine wachsen, Rechnung getragen. Ausserdem wird im touristischen Bereich schon lang der Vulkan-begriff genutzt. Im neuen, alten, überwiegend kleinstrukturierten Vulkanland im Süden Österreichs bewirtschaften 1900 Winzer lediglich 1400 Hektar, die auf 33 Gemeinden verteilt sind. Die wichtigsten Weinbauorte sind Bad Radkersburg, Feldbach, Gleisdorf, Hartberg, Kapfenstein, Klöch (die Traminer-Hochburg), Riegersburg, St. Peter, Straden, Teschen und Weiz. Weit fortgeschritten sind auch Bemühungen in der Weststeiermark, eine Schilcherland DAC zu etablieren, um den berühmten Rosé aus dem Blauen Wildbacher in einen geschützten Status zu heben.

Ruster Exklusivrecht für Ausbruch

Im Oktober 2016 verschickte der Verein Ruster Ausbruch Einladungen, weil «ein guter Grund zum Feiern» bestand. Die Bezeichnung Ausbruch war aufgrund einer Gesetzesänderung ab sofort exklusiv für edelsüsse Weine von Ruster Gemarkungen geschützt. Zuvor konnten theoretisch sogar Winzer aus der Steiermark oder dem Weinviertel Weine mit einem Mostgewicht ab 27 KMW (entspricht 135 Grad Öchsle) als Ausbruch deklarieren. Gelegentlich passierte das. So kann sich Heidi Schröck, Rusts Vorzeigewinzerin und Vorkämpferin für das Prädikat, daran erinnern, dass ein Südsteirer mal «Ausbruch» auf seinen Etiketten stehen hatte. Inzwischen wurde das gesetzliche Mindestmostgewicht auf 30 KMW (150 Grad Öchsle) hochgefahren. «Uns betrifft das kaum», meint Schröck. «Von uns hat ohnehin schon vorher keiner einen Ausbruch mit weniger als 30 KMW erzeugt.»

Für die Winzer im Verein Ruster Ausbruch war das Exklusivrecht eine späte Wiedergutmachung. Denn das Prädikat war geschichtsträchtig: Anno 1681 hatten sich die Ruster mit 60 000 Gulden in Gold und 28 000 Liter Ruster Ausbruch von Kaiser Leopold I. das Stadtrecht erkauft. Doch in späteren Zeiten wurde der renommierte Herkunftsort für die Weinregion rund um den See für die Bezeichnung «Rust – Neusiedlersee» genutzt. Dadurch konnte jeder simple Wein, der weit entfernt von Rust gewachsen war, so bezeichnet werden. Im Zusammenhang mit dem Weinskandal, der 1985 aufflog, war das für Rust besonders fatal – zumal kein einziger Wein, der auf den Index kam, auf Ruster Boden gewachsen war. Danach wurde Österreichs Weinbau neu geordnet. Rust war nun Bestandteil der Region Neusiedlersee-Hügelland.

1991 wurde der Verein Ruster Ausbruch gegründet. Es sollte 25 Jahre dauern, bis er sein Ziel «Ausbruch nur für Rust» erreicht hatte. Die Eigenständigkeit wird begründet durch das ideale Kleinklima auf Ruster Gemarkungen, das im Zusammenspiel mit der Edelfäule zwar für konzentrierte, aber durch das Süsse-Säure-Spiel auch rassige Süssweine mit Trinkfluss sorgt.

Schutz für österreichischen Sekt

Vermutlich knallten 2015 etliche Korken laut, als sich das erst im Jahr 2013 gegründete Österreichische Sektkomitee in Kooperation mit Winzern, die Sekt erzeugen, auf eine dreistufige Qualitätspyramide verständigte, die dann im Sommer 2016 Grundlage für eine Regelung mit «geschützter Ursprungsbezeichnung» wurde. Hier sind nur noch im Landwirtschaftsministerium einige Details festzuzurren. Klassik, Reserve und Grosse Reserve sind die drei Stufen. Für die Basis müssen die Trauben aus einem Bundesland stammen. Alle Methoden der Sekterzeugung sind hier zugelassen, also auch die Tankgärung. Die Mindestlagerzeit auf der Hefe beträgt neun Monate. Für die Reserve müssen die Trauben in einem einzigen Bundesland geerntet und gepresst werden. Die Pressausbeute darf 60 Prozent nicht überschreiten. Es ist ausschliesslich die traditionelle Flaschengärung erlaubt; nach der zweiten Gärung sind mindestens 18 Monate Lager auf der Hefe notwendig. Der Restzuckergehalt darf 12 g/l nicht übersteigen

Besonders hohe Ansprüche werden an die Grosse Reserve gestellt. Die Trauben dürfen nur aus einer einzigen Gemeinde stammen und müssen hier auch gekeltert werden (Ganztraubenpressung, Ausbeute maximal 50 Prozent). Nur die klassische Methode ist zugelassen. Die Mindestlagerzeit auf der Hefe beträgt 30 Monate. Auch hier gilt ein maximaler Restzuckergehalt von 12 g/l. Die Angabe des Bundeslandes als geschützte Ursprungsbezeichnung und der Gemeinde auf dem Etikett sind verpflichtend, die Angabe von kleineren Weinbaugebieten ist jedoch unzulässig. Auch die Angabe von Grosslagen und Rieden ist erlaubt.

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