VINUM-PROFIPANEL Winzerbrände
Grappa? Treber? Marc? Tresterbrand!
Text: Carsten Henn, Fotos: Armin Faber
Die besten Trester von Winzern auf einem Tisch. Nachgelagert und pur. Wie gut schlagen sie sich? Wo platzieren sich die Besten des Kaiserstuhls? Die Bouquetsorten? Es gab eine faustdicke Überraschung mit einer seltenen Spezialität aus Deutschland. Und die Erkenntnis: Es muss nicht immer Grappa sein.
Das Fazit von Weinhändler Thomas Fehrmann war eindeutig: «Sehr interessante Auswahl, aber die deutschen Produzenten haben es noch nicht wirklich verstanden, Trester im internationalen Vergleich wertig am Markt zu positionieren.» Wo die Italiener mit teuren Glasflakons, perfekt gestalteten Etiketten und hohen Preisen glänzen, haftet dem deutschen Trester weiterhin der Ruf der Resteverwertung an. Zu Recht? Für dieses Profipanel stellten wir deshalb in den letzten Jahren ausgezeichnete Winzertresterbrände auf den Tisch. Da es nur um die Qualität ging und keine Vorgaben hinsichtlich Rebsorten oder Ausbau bestanden, entwickelte sich ein Zweikampf: Reifung im Holzfass oder klares Destillat.
Karin Will vom Erftstädter Restaurant «Amtsgericht», wo die Probe auch stattfand, fiel die Entscheidung leicht: «Ich bevorzuge die klaren Spirituosen, denn der Holzeinsatz bei den anderen war zum Teil sehr stark. Insgesamt beeindruckt mich die überraschende Bandbreite, auch deshalb sind Trester eine gute Alternative zu Grappa und Marc.» Und das zu oft deutlich günstigeren Preisen als bei Spitzendestillaten aus anderen Ländern. Sommelier Sebastian Georgi kommt zu einem ähnlichen Urteil: «Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist zum Grossteil besser als beim italienischem Pendant! Die Rebsortentypizität ist beim Trester allerdings häufig schwierig herauszuarbeiten, manchmal ist sie aber auch klar erkennbar. Leider gab es viel uneingebundenen Alkohol. Die fruchtbetonten Trester liegen für mich vorne, die holzbetonten sind zu uniform.»
Fruchtbetont sind auch die Brände des Gewinners: des Weinguts Fetz vom Mittelrhein. Heinz-Uwe Fetz schwört auf die Frucht, destilliert seine Trester zweifach und überzeugte mit Destillaten, die expressive Fruchtnoten mit unwahrscheinlicher Sanftheit am Gaumen vermählten. Jeder Betrieb durfte eigentlich nur einen Trester einreichen. Fetz schickte zwei, und wir stellten zwei in die Probe. Sein Spätburgunder-Trester landete ausser Konkurrenz auf Platz vier.
Der inoffizielle Preis «Meistdiskutierter Spitzenbrand» geht an das Wein- & Sektgut Hummel. Sein herausragendes Destillat vom 2000er Weissburgunder wurde in der Barrique gelagert und erinnerte die Tester aufgrund seiner betont süssen Art und der Noten von Karamell, Schokolade sowie Nougat an Weinbrand oder Rum. Ingmar Püschel, ehemaliger Moselwinzer, sieht solche Trester kritisch: «Aufgefallen ist mir, dass einige sich eher wie Cognac oder Hefebrand zeigten. Zwei hatten einen unverkennbaren Aceton-Ton. Es waren aber auch welche dabei, die unverfälscht und unverkennbar nach Trester schmeckten. Diese haben durchaus Spass gemacht.»
Das Resultat
1. Platz
Weingut & Destillerie Fetz, Mittelrhein, Riesling Tresterbrand aus Eisweintrauben 42 Vol.-%
Wunderbar elegant-sanfte Nase, Pfirsich, Limone, Weichselkirsche, Flieder, am Gaumen herrlich weich, fruchtbetont, fast saftig, klar und lang. Begeisterndes Destillat, das Komplexität mit Transparenz und geradezu federnder Leichtigkeit vereint.
0,35 l, 22 Euro | www.fetz-weine.com
2. Platz
Deutzerhof, Ahr, Spätburgunder Marc 45 Vol.-%
Dieser von den Testern als Pinot Noir identifizierte Brand bietet viele Aromen: Karamell, Nougat, Schokolade, Kaffee, Zigarre, Vanille, Zimt, Walnussschale, Zeder, aber auch Aprikose. Sehr fein eingebundenes Holz, am Gaumen schmelzig, süsser Kern.
0,25 l, 14 Euro | www.deutzerhof.de
3. Platz
Weingut Bercher, Baden, Burgunder Marc 45 Vol.-%
Hochfein zeigen sich die Früchte im Bouquet: Birne, Orange, Limone, dazu Melisse und Vanille sowie ein Hauch Nougat und Honig. Am Gaumen saftig, schmeichelndweich und lang. Ein idealtypischer Trester.
0,5 l, 16 Euro | www.weingutbercher.de
4. Platz
Weingut Heinrich Männle, Baden, Rotwein-Männle’s alter Burgunder-Wein-Trester, 25 Jahre im Holzfass gereift 45 Vol.-%
Ein echtes Unikat! Im Bouquet Lavendel, Rosen und Wiesenkräuter neben Räucherschinken und Haselnuss-Praline. Am süssen Gaumen Bittermandel und Karamell. Langes, komplexes und wärmendes Finish.
0,5 l, 39 Euro | www.weingutmaennle.de
4. Platz
Boos von Waldecksche Hofbrennerei, Nahe, Meisenheim No. 1 44 Vol.-%
Gleichermassen klassisch wie exotisch: Zu den charmanten Birnen- und Beerenfrüchten im Bouquet gesellen sich Orange, Banane und an würzigen Noten noch grüner Tee, Zedern, Kümmel und Kräuter. Am Gaumen Schokolade und geradezu saftige Frucht.
0,5 l, 27 Euro | www.weingut-klostermuehle.de
6. Platz
Schlossgut Diel, Nahe, Marc de Glace 2002 40 Vol.-%
Auch der zweite Eisweintrester platzierte sich unter den Top Ten, doch fällt er ganz anders aus. Aromen von Nussschale und Apfelkerngehäuse, dazu ein prononcierter Spritzer Zitrone, Mirabellenmarmelade und Puderzucker. Am Gaumen sanft und füllig.
0,2 l, 50 Euro | www.diel.eu
7. Platz
Weingut Hans Wirsching, Franken, Fränkischer Tresterbrand, im Eichenfass gereift 42 Vol.-%
Fast alle Tester benannten zwei Aromen: Orange und Dill. Und obwohl es erstaunt – sie gingen zusammen! «Positiv weinbrandig», schrieb ein Juror, ein anderer: «supercharmantes Holz». Mit betonter Alkoholwärme im kaffeebetonten Finish.
0,5 l, 14,50 Euro | www.wirsching.de
8. Platz
Armin Göring, Baden, Pinot Trester 45 Vol.-%
Seine Fruchtklarheit überzeugt. Johannisbeere, aber auch Himbeere und Kirsche sind im Bouquet, am Gaumen dann Schwarztee, Schokolade und Toffee sowie kitzelnder Pfeffer. Sehr angenehm und elegant.
0,7 l, 14,28 Euro | www.goering-wine.de
9. Platz
Amalienhof, Württemberg, Wildmuskat Tresterbrand 40 Vol.-%
Dieser Trester kann seine exotische Rebsorte nicht verheimlichen: eine extrem duftige Rose in der Nase, fast parfümiert wie Luxusseife, am Gaumen ungeheure Würze mit Pfeffer, der Nachhall lang. Ein Unikat.
0,5 l, 15 Euro | www.weingut-amalienhof.de
10. Platz
Wein- & Sektgut Hummel, Baden Weissburgunder (Jahrgang 2000) Trester Barriquereifung 40 Vol.-%
Der Umstrittene: duftet und schmeckt eher wie Weinbrand oder gar Rum. Nussige Karamellsüsse, dazu Schokolade, Nougat, reife Süsskirsche und Leder. Am Gaumen weich und einnehmend. Von gutem Holz geprägt.
0,5 l, 20,50 Euro | www.weingut-hummel.de
DIE JURY
Karin Will
Besitzerin und Sommelière «Amtsgericht – Restaurant & Vinothek» in Erftstadt
Sebastian Georgi
Deutscher Kult-Sommelier und Chef von Kölns bester Pizzeria «485 Grad»
Ingmar Püschel
VINUM-Verkoster und Ex-Mosel-Winzer (Mitglied im Klitzekleinen Ring)
Thomas Fehrmann
Inhaber der Weinhandlung Fehrmann im Bahnhof Schwadorf (Brühl)
Carsten Henn
VINUM-Redaktionsleitung Deutschland