GERMANYS NEXT TOPWINZER
Germanys next Topwinzer
Texte: Carsten Henn, Eva Maria Dülligen und Rudolf Knoll, Fotos: Jana Kay
Nie war die Ausbildung so gut wie heute, nie wusste man so viel über Barrique, Klonselektion und Terroir – und nie zuvor gab es in Deutschland so viele begabte Jungwinzer. 25 der spannendsten stellen wir vor (ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben). Sie arbeiten alle in ambitionierten Betrieben und produzieren überzeugende Weine.
Grosse Winzer inspirieren grosse Winzer, so war es immer. In der Pfalz impfte der legendäre Kellermeister Hans-Günter Schwarz (Weingut Müller-Catoir, Neustadt-Haardt) in 40 Jahren rund 50 Lehrlingen und zahlreichen Praktikanten seine Philosophie des «kontrollierten Nichtstuns» im Keller ein. Und wer war sein erster Lehrling und gilt heute als Schwarz’ Meisterschüler? Kein Geringerer als Hansjörg Rebholz, mittlerweile selbst legendär – und auch er bildet aus. In Rheinhessen ist Klaus-Peter Keller – wie zuvor sein Vater Klaus – einer der Ausbildungsmotoren. Schier unglaublich, wer hier alles lernte: Stefan Winter, Johannes Landgraf (Weingut Becker Landgraf), Philipp Wöhrwag, Julian Haart, Matthias Runkel (Weingut Bischel), Jochen Dreißigacker, Katharina Wechsler und viele mehr. Winzer wie Keller, die ihr Wissen und – noch viel wichtiger – ihre Leidenschaft teilen, führen zu neuen Talenten, die vielleicht, wie beim Weingut Hees in Auen an der Nahe, Weinbergen zu Aufmerksamkeit verhelfen, von denen selbst Wein-Cracks nie zuvor gehört haben.
Früher war Know-how Herrschaftswissen, und man teilte es nicht mit der potenziellen Konkurrenz, heute ist das Gott sei Dank anders. Verantwortlich dafür sind auch Talent-Katalysatoren wie die vom Deutschen Weininstitut (DWI) ins Leben gerufene Generation Riesling. Rund 350 Mitglieder zählt sie, alle unter 35 Jahre alt. Bei gemeinsamen Präsentationen kommt man miteinander ins Gespräch. Die altehrwürdige Deutsche Landwirtschafts Gesellschaft (DLG) sucht seit einiger Zeit den «Jungwinzer des Jahres» und im letzten Jahr erstmals auch die «Jungwinzervereinigung des Jahres» (die badischen Winzer von CreatiWi Alde Gott Winzer eG gewannen). Die Württemberger vergeben inzwischen ebenfalls ähnliche Auszeichnungen. Gruppierungen junger Winzer spriessen aus dem Boden, auch innerhalb der Genossenschaften. Die Jungwinzer Leiwen, 1985 wohl die erste Vereinigung ihrer Art, gibt es heute noch – zu alte Mitglieder scheiden aus. Dabei machen die Jungen beileibe nicht alles besser als die Altvorderen, aber häufig eben etwas anders. Einige unserer 25 Winzertalente arbeiten mit Familienunterstützung, andere sind Einzelkämpfer. Was sie eint, sind ein Herz für den Wein und das dazu passende Händchen für die Herstellung
Tausche Weinberg!
Er tauscht gern Weinberge. Vorzugsweise Flächen in flacheren Lagen gegen wilde Brachflächen in Steillagen. Seine mit Kerner und Weissburgunder bestockten Randlagen an der Mosel hat Matthias Meierer aus Kesten für bekanntere Kernlagen eingetauscht. «Es macht Sinn, unbekannte Parzellen abzugeben und dafür welche im populäreren Paulinsberg zu nehmen», sagt der 32-jährige Winzer und Kellermeister, «zumal wir das Dreifache für Flächen bekommen, die nicht rekultiviert werden müssen.» Den Feinschliff hat sich der Geisenheim-Absolvent bei Koryphäen wie Fritz Haag und Bernhard Huber geholt. Ab 2015 gibt es in dem 240 Jahre alten Familienweingut nur noch eine Rebsorte: Riesling. Müller-Thurgau, Kerner und Weissburgunder fliegen raus. Stilistisch orientiert sich der «Jungwinzer des Jahres 2008» (DLG) an der Riesling-Ikone Egon Müller: «Diese Saar-Typizität – so elegant und geschliffen.»
Weingut Meierer | Am Herrenberg 15–18 | 54518 Kesten (Mosel) | www.weingut-meierer.de
Zappelphilipp
Mit Dirk van der Niepoort hob Philipp Kettern den feinherben Riesling «Philipp» aus der Wiege – auf dem Etikett der Zappelphilipp aus dem «Struwwelpeter». Kennengelernt haben sich der 29-jährige Wirtschafter für Weinbau und Önologie und Niepoort 2008 bei einer Weinpräsentation in der Karibik. Wenig später besuchte Kettern das Portwein-Genie im Douro-Tal. «Die Ports von Dirk sind in ihrer Charakteristik wie meine Rieslinge. Sie haben eine ähnlich hohe Säure und sind im Alkoholgehalt zurückhaltend.» Seit der Übernahme des 8-Hektar-Weinguts mit Topparzellen in der Lage Piesporter Goldtröpfchen vergärt der Winzer in fünfter Generation spontan in gebrauchten 1000-Liter-Fuderfässern. Ihn fasziniert das lebendige Material im Gegensatz zum kühlen Edelstahl. Auf dem Merkzettel steht, einen leichten Mosel-Port aus Riesling auszubauen: «Die Mosel ist stark darin, leicht zu sein.»
Weingut Lothar Kettern | Müsterter Str. 14 | 54498 Piesport (Mosel) | www.kettern-riesling.de
Erneuerbare Energie
«Warum mache ich das eigentlich?», fragt sich der ehemalige Industriemechaniker immer wieder mal in katastrophalen Jahren. «2010 war ein Jahr mit geringen Erträgen.» Anno 2011 büsste Markus Hüls wegen eines Hagelunwetters gar 75 Prozent der Ernte ein. Beim Saftprobieren im Keller besinnt sich der 30-jährige Quereinsteiger wieder auf das Motto «Jetzt erst recht!». Die Elefantenhaut legte er sich während seiner Winzerausbildung bei Markus Molitor zu. Dessen Kompromisslosigkeit war eine Steilvorlage für Hüls’ Umstellung auf Spontanvergärung in seinem 4,5-Hektar-Betrieb. Aktive Begrünung zur Vitalisierung des Bodens oder Verzicht auf künstliche Düngung in den Steillagen gehen der Kellerarbeit voraus. Die Entscheidung, vom Stromkonzern RWE ins elterliche Weingut zu wechseln, bedeutete zwar finanzielle Einbussen. Dafür fliesst jetzt jede Menge Energie in den Hüls’schen Riesling.
Weingut Hüls | Moselweinstr. 44 | 54536 Kröv (Mosel) | www.weinguthuels.de
Rote Vorbilder
«Ich bin wilder als mein Vater», gibt Jungspund Dominic Schmitz aus Nackenheim selbstbewusst zum Besten. Noch befindet sich der Winzersohn im zweiten Lehrjahr beim renommierten pfälzischen Weingut Rings, bevor er zu den fast legendären Knipsers in Laumersheim wechselt. Danach soll es richtig rundgehen. Vor allem die Roten will der Liebhaber von St. Laurent und Spätburgunder in der rheinhessischen Riesling-Hochburg weiter nach vorne peitschen. Vorbilder sind die burgundischen Pinot Noir der Lage Chambertin an der Côte d’Or und die Premiers Crus aus dem Bordeaux, deren Stil der erst 18-Jährige mit Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc anstreben will. Aufstocken wird Dominic Schmitz die roten Sorten im Niersteiner Rosenberg. Ausserdem hat er vor, die Kurve Richtung Ökoweinbau zu nehmen. Nach der Lehre zieht es ihn erst mal ins Mittelburgenland, die restlichen Kniffe zum Blaufränkisch einfangen.
Weingut Berthold Schmitz | Hof am Teuerborn 55299 Nackenheim (Rheinhessen) | www.schmitz-wein.de
Ohne Stallgeruch
Über eine Anzeige in einem lokalen Tagesblatt kam der Biowinzer zu seinem ersten Weinberg. Stefan Vetter konnte dem Charme des alten Silvaner-Wingerts nicht widerstehen und hegte ihn zwei Jahre parallel zum Praktikum im burgenländischen Topweingut Nittnaus. Ohne jeden Stallgeruch, sprich Winzersohn in x-ter Generation zu sein, startete er nach dem Geisenheim-Studium eine Weinkarriere mit Zwischenstationen wie der Hanging Rock Winery in den Macedon Ranges, einer der kühlsten Weinbauregionen Australiens. Als Cool-Climate-Tropfen könnte man auch Vetters 2012er Sylvaner Steinterrassen bezeichnen: ein im Holzfass vergorener Sponti, der dennoch stahlig und puristisch mit knackiger Säurewirbelsäule die Mundhöhle durchflutet. Deklariert ist er, wie alle seine Gewächse, als Landwein. Derzeit stellt der 35-Jährige die alten Rebstöcke auf seinen 1,5 Hektar Buntsandsteinterrassen in Iphofen und Castell auf Biodynamie um.
Weingut Stefan Vetter | Bachgasse 12 | 97753 Gambach www.vetterwein.wordpress.com
Viele Glückshormone
«Nach Freiheit und purem Glück» schmeckte ihr erster probierter Wein, eine Riesling-Spätlese Jahrgang 2008, aus dem Niersteiner Orbel. Ihr eigener Orbel-Riesling, Jahrgang 2013, lässt ähnliche Assoziationen im Kopf aufkommen. Der Freiheitsdrang der 27-jährigen Rheinhessin Lisa Bunn scheint von den Glückshormonen zu kommen. Vor dem Studium internationaler Weinwirtschaft in Geisenheim liess sie sich den Weingutswind bei Springfontein in Südafrika und Robert Stein in Australien ums Näschen blasen. Handlese in Bütten, Spontanvergärung und langes Hefelager prägen die Stilistik ihrer Weine. Abgeschafft hat Lisa Bunn das ehemalige Prädikatsstufen-Prinzip des 10-Hektar-Familienbetriebs auf Guts-, Orts- und Lagenweine. Ihr kupferfarbener Silvaner vom Rotliegenden liefert ein Duftpaket von Crème fraîche bis Kräuterbutter und durchtränkt den Gaumen mit limonenhafter Buttermilch.
Weingut Lisa Bunn | Mainzer Str. 86 | 55283 Nierstein (Rheinhessen) | www.weingut-margarethenhof.de
Stars und Sterne
Eigentlich wollte er Sternekoch werden. Wie sein Meister Harald Rüssel – «Rüssels Landhaus St. Urban», Naurath (Wald) –, bei dem er Anfang 2000 in die Lehre ging. Der Zufall durchkreuzte Julian Haarts Pläne, als ihm sein Onkel die Nachfolge im 680 Jahre alten Familiengut anbot. Der angehende Küchenmeister wechselte die Fronten und durchlief Ausbildungsbetriebe, die sich wie ein Bilderbuch lesen: Heymann-Löwenstein, Emrich-Schönleber und Egon Müller, der ihn deshalb nahm, weil er die Traute hatte, sich bei ihm zu bewerben. Mit Ehefrau Nadine teilt sich der naturnah anbauende Winzer, Jahrgang 1986, alle Arbeiten im Wintricher Ohligsberg und im Reifekeller. Erst kürzlich schickte ihm Starwinzer Klaus-Peter Keller übers Smartphone aus einem New Yorker Drei-Sterne-Restaurant ein Foto. Darauf zu sehen: Haarts Kabinett-Riesling, gelistet auf der Weinkarte. Statt Sternekoch also Sternewinzer.
Weingut Julian Haart | Trevererstr. 12 | 54498 Piesport (Mosel) | www.julian-haart.de
Allein auf weiter Flur
Es ist kein leichtes Unterfangen, sich als Bioland-zertifizierte Winzerin in der konventionell geprägten Bodensee-Weinwelt zu behaupten. Mit einer Handvoll Biokollegen wähnt sich Teresa Deufel in der regionalen Minderheit. Seit 2009 leitet die Weinbautechnikerin den ehemaligen Mischbetrieb in zweiter Generation. Anfänglicher Enthusiasmus verleitete die 32- Jährige zur Biodynamie, sprich Lesen nach Mondphasen oder Einbringen von Hornmist zur Förderung des Bodenlebens. «Ich bin morgens um fünf raus, um per Hand das Wasser in den Rebstöcken zu dynamisieren. Irgendwann konnte ich nicht mehr.» Die Rebsorten Müller-Thurgau und Bacchus stellten sich bei der hohen Niederschlagsmenge am Bodensee als zu kompliziert für diese Anbauweise heraus. Also ein Ökogang zurück und Bioland statt Demeter. Das tut ihren kernigen Weissweinen und komplexen roten Cuvées keinen Abbruch.
Weingut Teresa Deufel | Schachener Str. 213 | 88131 Lindau-Schachen (Bayerischer Bodensee) | www.teresadeufel.de
Starke Bouquetsorten
Rotliegendes, Schiefer, Keuper, all das kennt man schon auf Flaschenetiketten, die Leipolds aus Obervolkach schreiben «Schilfsandstein» auf ihren besten Silvaner von der Lage Landsknecht. Vater Paul und Sohn Peter bilden das Team im Weingut. Der Junior verdiente sich seine Sporen bei niemand Geringerem als Kultwinzer Klaus-Peter Keller in Flörsheim Dalsheim. Dessen aus tiefster Überzeugung gelebter, detailversessener Ansatz findet sich auch beim jungen Leipold, der an der Fach- und Technikerschule für Gartenbau und Weinbau in Veitshöchheim studierte. Fantastisch gelingen hier sogar Bouquetsorten wie Bacchus oder Traminer (betörender Rosenduft!), die niemals ins überfordernd Opulente abrutschen, sondern stets animierend, klar und straff ausfallen. Das alles zu äusserst günstigen Preisen. Dies gilt ebenso für die edelsüssen Spitzen vom Silvaner!
Weingut Peter & Paul Leipold | Landsknechtstr. 14 97332 Obervolkach (Franken) | www.weingut-leipold.de
«Schoppenfetzer»
Markus Hillabrand sieht aus, als könne er in Woodstock auftreten. Lange Haare, Bart, und auch wenn er einen Preis für seine Weine verliehen bekommt, tritt er in Jeans sowie schmucklosem Poloshirt auf die Bühne – und Preise wird es in Zukunft sicher noch viele geben. Zwar existiert bereits seit 1929 in der Familie Weinbau, doch bis 2006 nur im Nebenerwerb. Markus Hillabrand brachte den Betrieb, der vorher vor allem für seine Heckenwirtschaft bekannt war, nach vorne. Paradewein: die trockene Scheurebe «Alte Reben» Bullenheimer Paradies mit ihrer ebenso grandiosen wie präzisen Aromatik und tollen Fruchtaromen. «Schoppenfetzer» heissen die Weine hier, der einfache trockene Silvaner «g’scheit», die Spitzenweine «Steiler Südhang». Der 25-Jährige, der bei Wirsching lernte, steht mit beiden Beinen auf dem Boden, aber bei seinen äusserst preisgünstigen Weinen sind echte Himmelsstürmer dabei.
Weingut Hillabrand | Hüttenheim 96 | 97348 Willanzheim (Franken) | www.weingut-hillabrand.de
Strassenfeger
Wie gut, wenn man einen Onkel hat, der als Hobby Weinbau betreibt. So war es bei Andreas Braunecker, Jahrgang 1980, der bei Rudolf Bosch ins Winzerhandwerk reinschnupperte – und 2007 dann seinen ersten Jahrgang erzeugte. Der 2007er Riesling vom Posidonienschiefer strahlt jetzt noch! Gelernt hat Braunecker bei Christmann und auf dem Lucashof, studiert in Geisenheim. Er bewundert Kollegen, die wie er in allen Disziplinen starke Weine auf die Flasche bringen – Allrounder. Bald soll auf ökologischen Weinbau umgestellt werden. Er selbst macht «vom Strassenfegen bis zur Füllung» alles, wobei ihm seine Frau Nadine, ebenfalls gelernte Winzerin, «meine grösste und wichtigste Hilfe» ist. Auf den 10 Hektar sind Riesling und Spätburgunder mit je einem Viertel wichtigste Sorten, aber auch Frühburgunder gibt es. Ein Betrieb, der den Kraichgau weiter nach vorne bringen wird!
Weingut Rudolf Bosch | An der Oberen Lußhardt 1/1 76709 Kronau (Baden) | www.weingut-bosch-kronau.de
Echter Selfmademan
Vater Bauingenieur in der Stahlbranche, Mutter beschäftigt bei der Bank – Sven Nieger ist ein echter Selfmademan. Er gründete seinen Betrieb in Baden-Baden, 2011 im Nebenerwerb, ab Mai 2013 in kompletter Selbstständigkeit mit 5500 gefüllten Buddeln. 5 Hektar bewirtschaftet er inzwischen (80% Riesling, 20% Spätburgunder) und erzeugt begeisternde Weine. Er nennt seinen Betrieb «Boutique-Weingut», nicht überraschend für einen Jungwinzer, der in Neuseeland lernte, aber auch bei Siener, Schloss Neuweier, Duijn, Johner – um nur einige zu nennen. Seinen ersten Wein produzierte er zu Beginn des Studiums, von einem kleinen Rebstück Müller-Thurgau: «Der Wein wurde nie abgefüllt. Er war ungeniessbar und wäre im Sensorikkurs ‹Was kann man bei einem Wein alles falsch machen?› bestes Beispiel gewesen.» Auch heute wären seine Weine etwas für den Sensorikkurs. Thema: «Wie man alles richtig macht!»
Weingut Sven Nieger | Gartenstr. 21 | 76534 Baden-Baden (Baden) | www.sven-nieger.de
Juwel statt Sport
Eigentlich wollte Juliane Eller nach einem Geisenheim-Studium in Köln Sport studieren. Aber die Tochter des Winzerehepaares Ingrid und Thomas Eller überbrückte die Zeit bis zum Studienbeginn mit einem Praktikum bei Klaus-Peter Keller in Flörsheim-Dalsheim. Es war folgenschwer! Denn danach gab es nur mehr ein Berufsziel: Winzerin. «Ich will euch stolz machen», verkündete sie frohgemut den Kellers. Seitdem schickt sie sich an, den elterlichen 20-Hektar-Betrieb, der 70 Prozent im Fass vermarktet, umzukrempeln. Zugleich hat sie mit dem Jahrgang 2013 eine eigene Weinlinie ins Leben gerufen, vorläufig mit Riesling, Weissburgunder und Grauburgunder. «Ich möchte Unikate produzieren», erklärt die muntere 24-Jährige. «Unverwechselbar im Charakter, mit Schliff.» Eben wie ein Juwel. Der elegante Riesling-Lagenwein aus der Alsheimer Frühmesse ist ihr Aushängeschild.
Weingut Eller – Juwel Weine | Ausserhalb 9 | 67577 Alsheim (Rheinhessen) | www.juwel-weine.de
Sofort freie Hand
Nein, auf eine lange Geschichte kann man nicht zurückblicken, erst 1975 wurde das Weingut von Christian Honraths Vater Clemens gegründet. Aber das stört ja nicht! 2007 übergab der Vater dann den Keller an den Sohn. «Er liess mir direkt freie Hand», berichtet der junge Nahe-Winzer, Jahrgang 1982. Er studierte in Geisenheim, verdiente sich seine Sporen aber auch beim Weingut Emrich-Schönleber sowie in Neuseeland. Im Zentrum des 6,5-Hektar-Betriebs stehen Riesling und Burgunder. Ganz wichtig ist Christian Honrath dabei die hundertprozentige Handlese: «Die Selektion der Trauben am Stock spielt für mich eine tragende Rolle im Qualitätsweinbau.» Das spürt man in seinen hochindividuellen Weinen, so beim rassig-zupackenden Riesling «Alte Reben» oder bei der ebenso betörenden wie eleganten Scheurebe-Beerenauslese. Mit Rot kann Christian Honrath ebenfalls – Geschichte machen...
Weingut Clemens Honrath | Obere Grabenstr. 2 | 55450 Langenlonsheim (Nahe) | www.weingut-honrath.de
Wichtige Substanz
Die Adresse des Weingutes lautet «Zur feuchten Ecke» – doch gerade in dieser weht im Nahe-Ort Auen ein frischer Wind. Marcus Hees, Jahrgang 1985, führt das 6,5-Hektar-Gut in achter Generation und belebt alte Lagen wieder. Ein Landgasthof mit zwölf Zimmern gehört zum einzigen Weingut im Ort. Gelernt hat Hees bei Hexamer (Meddersheim) und bei der Gutsverwaltung Niederhausen-Schlossböckelheim, sein Stil ist kristallklar, zupackend in der Säure, begeisternd in der Frische. Er hat auch Praktika in Restaurantküchen absolviert, doch das Thema Wein packte ihn so, dass er sich gegen die Gastronomie entschied. Vorbild sind für ihn Winzer, «die durch harte Arbeit, penibles und feinsinniges Arbeiten eigenständige und besondere Weine erzeugen. Es sind eher die klassischen Vorbilder als die, die durch tolle Etiketten oder aussergewöhnliches Marketing bestechen.» Hees steht klar auf eins: Substanz!
Weingut Hees | Zur feuchten Ecke 6 | 55569 Auen (Nahe) | www.heeswein.de
Langeweile pur
Normalerweise sollte man ja niemanden loben, der für Langeweile sorgt. Aber bei Georg Meier machen wir eine Ausnahme, denn er ist Seriensieger beim renommierten Wettbewerb der Jungen Südpfalz. Als er 1984 geboren wurde, hatte der Betrieb gerade einmal 3 Hektar – heute sind es 14. Sein erster eigener Wein war ein 2004er Ehrenfelser Kabinett trocken, mittlerweile reüssiert Meier zum Beispiel mit Riesling. Der Riesling trocken Granit Goldkapsel ist nicht nur vom prägnanten Ausdruck her eine Bank, sondern qualitativ vielen Grossen Gewächsen überlegen – nur nicht im Preis. Gelernt hat Meier unter anderem bei den Weingütern Christmann, Siegrist und Bernhard Koch. Der Weinort Weyher liegt am Haardtrand, direkt am Pfälzer Wald, hoch über der Deutschen Weinstrasse, hier erzeugt der Junge, der als Kind das Schlepperfahren liebte, einige der faszinierendsten Weine der Südpfalz.
Weingut Valentin Ziegler Sohn | Hübühl 9 | 76835 Weyher (Pfalz) | www.wein.v-z-s.de
Philipp trinkt Katja
Schon von klein auf tummelte sich Katja Rettig mit Vater und Opa in den Weinbergen. Der Berufswunsch Winzerin stand früh fest. Prägend war in der Ausbildung für die Weinbautechnikerin (Bad Kreuznach) ein Lehrjahr bei Bürklin-Wolf in der Pfalz. Im 12-Hektar-Betrieb übernahm die 29-Jährige schon früh die Verantwortung für den Ausbau. «Der Vater liess mich meinen eigenen Stil entwickeln», dankt sie Klaus Rettig (64). Komplimente kommen vom Westhofener Starwinzer Philipp Wittmann: «Bei Weinpräsentationen trinke ich bevorzugt Weine von Katja.» Sie selbst strebt elegante Gewächse an und setzt das vor allem mit Riesling in verschiedenen Versionen, Chardonnay, Spätburgunder und der roten Cuvée «KKT» hervorragend um. Mit einem feinmaschigen, filigranen 2012er Burgunder schaffte sie sogar den Einzug ins Stechen der Besten beim Deutschen Rotweinpreis 2014 (16.5 Punkte).
Weingut Rettig | Gundheimer Str. 1 | 67593 Westhofen (Rheinhessen) | www.weingut-rettig.de
Sächsischer Mut
Das nennt man Aufbauarbeit Ost! 2009 kaufte der junge Tim Strasser mutig den historischen Hof Rothes Gut in der Nähe des Meißner Albrechtsberges als Ruine. Seitdem wird dieser alte Bauernhof saniert. Und nebenbei fand der 29-Jährige, der im Staatsgut Schloss Wackerbarth Weinbau lernte und in Veitshöchheim die Technikerausbildung absolvierte, Zeit, ab 2010 ein inzwischen auf 11,2 Hektar gewachsenes Weingut aufzubauen. Im Teamwork. Ihm zur Seite stehen Lebensgefährtin und Sommelière Annekatrin Strasser (25), Kellermeister Martin Biedermann (29) und der jung gebliebene Winzer Werner Assmann (60). Neben klassischen Sorten wie Grauburgunder, Müller-Thurgau und Traminer, die allesamt typisch geraten und Trinkfluss haben, arbeiten Strasser und Co. mit Piwis wie Hibernal, Solaris und Helios, die hier deutlich besser gelingen als bei manchem Ökoprofi und ein klares Profil haben.
Weingut Albrecht Engel | Untergasse 39 | 67592 FlörsheimDalsheim (Rheinhessen) | www.engelalbrecht.de
Sekt-Instanz
Wir haben Glück gehabt, denn fast wäre Sebastian Winterling, Jahrgang 1984, kein Winzer geworden: «Nachdem aus unserer Sektkellerei ein Sekt- und Weingut wurde, war ich über die Arbeitsintensität, die das Bewirtschaften der Weinberge mit sich bringt, ziemlich schockiert.» Doch er entschied sich 2004: «Das ist mein Weg.» Und der bedeutet heute grandiose Sekte von 11 Hektar – unter anderem 25% Spätburgunder, 20% Chardonnay und 30% Riesling. Dabei arbeitet die Familie als Team, und Sebastian sieht sich als «ausführende Instanz». Die Trauben werden seit 2008 kontrolliert ökologisch erzeugt, das Sortiment soll auf ein Minimum beschränkt werden, Konzentration ist das Thema bei diesem neuen Sekt-Star. Erst 1982 wurde der Betrieb als Weinlabor und Sektkellerei gegründet, den ersten eigenen Ertrag gab es 1999 – das Bild eines kometenhaften Aufstiegs ist mehr als angebracht!
Sekt- und Weingut Winterling | Im Brühl 15 | 67150 Niederkirchen (Pfalz) | www.winterling-sekt.de
Ein neuer «Besen»
Spargel, Erdbeeren und Tafeltrauben wachsen auf den Feldern der Familie Bauerle in Fellbach-Schmiden. Aber Junior Johannes interessierte schon früh die ergänzende «Abteilung» Weinbau. Deshalb machte er eine Küferausbildung, bildete sich in Neuseeland (bei Karlheinz Johner) und Südtirol (Cantina Schreckbichl) fort und besuchte die Technikerschule in Veitshöchheim. Sein Weingut Johannes B. gründete der 28-Jährige offiziell 2013, mit Flächen in Fellbach, Bad Cannstatt und am Stromberg (insgesamt 9 Hektar). Aber schon vorher konnte er eine stimmige Kollektion in Weiss und Rot vorweisen. Spätburgunder, Trollinger (auch als Blanc de Noirs und Rosé aus der Barrique), Grauburgunder und Sauvignon Blanc sowie Sekt vom Riesling sind seine Stärken. Bislang wurden die Weine im Familien-«Besen» ausgeschenkt. Bis August soll ein Neubau mit Barriquekeller, Vinothek und Gastronomie fertig sein.
Weingut Johannes B. | Höhe 1 | 70736 Fellbach (Württemberg) | www.weingut-johannesb.de
Frische Seebrise
Zuerst überraschte ein Riesling, dann kam bei einer weiteren VINUM-Probe noch ein spannender Spätburgunder dazu. Grund genug, sich mit einem unbekannten Namen in Wasserburg am Bodensee intensiver zu befassen. Vor 30 Jahren hatten die Senioren Eugen (56) und Margret Schmidt das heute auf 8 Hektar angewachsene Gut mit Obstbau gegründet. Mit dem Eintritt der Söhne Maximilian (28) 2011 und Sebastian (27) 2012 kam eine frische Seebrise auf. Bereits 2009 produzierten die Brüder ihren ersten Wein («ein etwas holpriger Barrique-Spätburgunder»). Inzwischen haben sie neben den genannten Sorten auch mit Sauvignon Blanc, Weissburgunder und Grauburgunder ein beachtliches Niveau erreicht. Im neuen Betrieb mit Weinbar ist der studierte Önologe Sebastian (Praktikum bei Hirtzberger, Wachau, und Comte Lafon, Burgund) für den Ausbau zuständig. Betriebswirt Maximilian besorgt mit den Eltern den Rest.
Weingut Schmidt am Bodensee | Hattnau 62 | 88142 Wasserburg (Bayerischer Bodensee) | www.schmidt-am-bodensee.de
Mit Leidenschaft
Die Eltern lieferten ihre Trauben an die Remstalkellerei ab. Aber Marcel Idler hatte nach einer Lehre bei Wöhrwag (Untertürkheim) in Geisenheim studiert (mit Auslandspraktika in Südafrika und Frankreich). Das Berufsziel Winzer stand für den 27-Jährigen bereits im zarten Alter von 14 Jahren fest. «Die Arbeit in den Reben hat mich damals schon fasziniert.» In einem Haus mit geräumigem Keller, der früher Idlers Grosseltern gehörte, machte er sich im Juli 2012 mit zunächst 2,5 gepachteten Hektar im Ortskern von Strümpfelbach mutig selbstständig. Inzwischen konnte der leidenschaftliche Wengerter die Fläche fast verdoppeln und damit der zunehmenden Nachfrage des von dem Senkrechtstarter begeisterten Fachhandels entsprechen. Mit Riesling und Trollinger von alten Reben, der würzigen Weisswein-Cuvée Keupergrund und Lemberger kann der Remstäler besonders reüssieren.
Weingut Idler | Hauptstr. 74 | 71384 Weinstadt-Strümpfelbach (Württemberg) | www.weingutidler.de
Kampf kämpft
Der Name passt! Er muss kämpfen, der Flonheimer Patrick Kampf (28). Denn Vater Hanspeter erzeugte bis vor wenigen Jahren auf seinen 13 Hektar fast nur füllfertigen Fasswein. Die Umstrukturierung ist in vollem Gang. Der Geisenheim-Absolvent mit vorherigen guten Lehrmeistern (WagnerStempel, Schäfer-Fröhlich und F. X. Pichler, Wachau) sowie einer zwischenzeitlichen Tätigkeit bei Battenfeld-Spanier kann inzwischen ein Drittel der Ernte in Flaschen vermarkten. «Aber es gibt noch viel zu bewegen», ist er sich bewusst. 2011 war sein erster Jahrgang, mit dem er sofort positiv auffiel, vor allem mit einem Sauvignon Blanc à la Loire. Teilweise Spontangärung, langes Lager auf der Feinhefe und zarte Schönung gehören zu den Rezepten im Keller. Aktuell glänzt er vor allem mit einer aromatischen Scheurebe, einem im Halbstück ausgebauten Silvaner und einem saftigen Spätburgunder Rosé.
Weingut Kampf | Langgasse 75 | 55237 Flonheim (Rheinhessen) www.weingut-kampf.de
Atemberaubend gut
Ganz erfolglos war Andi Schneider vorher nicht, als er letztes Jahr einen VINUM-Urknall erlebte und mit einer Trockenbeerenauslese in der edelsüssen Kategorie beim Wettbewerb Riesling Champion prominente Konkurrenz hinter sich liess. Denn vor knapp zehn Jahren begann er Senior Bernd bereits zu unterstützen und übernahm nach einem Studium der Weinbetriebswirtschaft in Heilbronn und Praktika bei Wagner Stempel («da habe ich gesehen, wie ich arbeiten will») sowie in Neuseeland mit dem Jahrgang 2007 die Verantwortung im Keller. Seitdem ging es mit dem vorher unbekannten Betrieb ziemlich steil aufwärts. Die Fläche konnte mit guten Lagen in Schlossböckelheim auf knapp 13 Hektar erweitert werden. Was der 33-Jährige vor allem mit Riesling zustande bringt, ist teilweise schon atemberaubend gut. Besonders stolz ist er auf die Resultate der Lage Sobernheimer Marbach.
Weingut K. H. Schneider | Meddersheimer Str. 29 55566 Bad Sobernheim (Nahe) | www.weingut-schneider.com
Albrechts Kollektion
2009 wagte sich Albrecht Engel als 17-Jähriger nach einem Ausbildungsjahr bei Philipp Wittmann an seine ersten Weine. «Der Riesling war zu üppig, der Chardonnay schmeckt allmählich», ist ein kritisches Urteil. Es folgten Lehrjahre bei Gutzler und Christmann sowie ein Aufenthalt in Australien, ehe er 2012 in den häuslichen 11-Hektar-Betrieb einstieg. Erst kurz vor den Lehrjahren entschloss er sich, Winzer zu werden. «Die Arbeit im Wingert habe ich nie gemocht», erinnert sich der heute gerade 22-Jährige. Weil Vater Udo (53) seine preiswerte Linie weiterverfolgt, entschloss sich der Sohn, eine eigene «Albrecht»- Kollektion aufzulegen, die zeigt, dass er bei den Topadressen gut aufgepasst hat. Seine Hauptsorten Riesling und Scheurebe gelingen ausgezeichnet (Tipp: der auf der Zunge tänzelnde fruchtige Riesling Kabinett), mit Schwarzriesling setzt er einen roten Akzent.
Weinkellerei Rothes Gut – Tim Strasser | Lehmberg 4 01662 Meißen (Sachsen) | www.rothesgut.de