SOAVE

Hinter der Maske

 

Text und Fotos: Dominik Vombach

  • Blick auf die Weinberge in Brognoligo.

Soave ist ein komplexes Gebilde von unterschiedlichen Crus. Sein Ruf wird jedoch immer noch von belanglosen Trinkweinen geprägt. VINUM porträtiert Winzer, die den wahren Charakter des Soave auf die Flasche bringen.

 

Nehmen wir mal an, Menschen wären fähig, unangenehme Erinnerungen auszulöschen. Mittels Hypnose, einer Pille oder irgendeines Apparats. Zack, alles weg. Im Dramafilm «Vergiss mein nicht!» des französischen Regisseurs Michel Gondry aus dem Jahr 2004 ist dies Realität. Joel, gespielt von Jim Carrey, wurde von seiner grossen Liebe verlassen. Als wäre es nicht schon genug, dass sie nichts mehr von ihm wissen will, muss er feststellen, dass sie ihn gar nicht mehr erkennt. Sie hat ihn vergessen. Dahinter steckt ein pragmatischer Wissenschaftler, der eine Methode entwickelt hat, um unangenehme Erinnerungen aus den Köpfen seiner Patienten zu löschen, wie bei einem Computer. Joel wurde aus den Erinnerungen seiner Ex gelöscht. Die Idee des begnadeten amerikanischen Drehbuchautors Charlie Kaufman ist genauso aberwitzig wie verlockend. Doch noch praktischer wäre das Ganze doch, wenn neben der Löschung der eigenen Erinnerungen an eine Person auch die Erinnerungen dieser Personan einen selbst gelöscht werden könnten. Was würde wohl Jim Carrey dafür geben, diese Technik im wahren Leben benutzen zu dürfen? Schliesslich haftet ihm trotz grosser schauspielerischer Leistungen und zwei Golden Globes bis heute der Ruf des überbordenden, grimassenschneidenden Comedians aus «Ace Ventura» an. Seine Rolle ist festgelegt: für immer schräger Witzbold.

Soave geht es ähnlich. Seit den 60ern ist er so etwas wie der Archetyp des italienischen Weissweins. In Fellinis Film «La Dolce Vita» von 1960 dauert es keine fünf Minuten, bis Marcello Mastroianni «Soave» hört, und Frank Sinatra soll in Restaurants nicht einmal Platz genommen haben, wenn sein Lieblings-Soave von Bolla auf der Weinkarte fehlte. Die Welt dürstete zu dieser Zeit nach den weichen, bekömmlichen Tropfen, und keine Kehle sollte trocken bleiben. Deshalb weitete man 1968 auf Druck der Weinindustrie die ursprüngliche Produktionszone entlang der von Vulkangestein geprägten Hügel des Soave Classico auf das flache, weniger geeignete Umland aus – die Soave DOC war geboren. Niedrige Literpreise führten zu höheren Erträgen, die Weinqualität sank, und bald hatte Soave seinen Ruf als Billigwein weg. Kleine, qualitätsorientierte Produzenten gingen schon damals im Meer der grossen Kooperativen unter. Die Strukturen – knapp 85 Prozent der gesamten Produktion erledigen Kooperativen – halten sich genau wie das ramponierte Image bis heute.

Für immer Billigwein?

Marco Sartori vom Weingut Roccolo Grassi müsste eigentlich gar keinen Soave produzieren. Seine Rebberge liegen genau im Grenzgebiet zwischen Soave und Valpolicella. Deshalb kann er frei wählen, was von beidem er auf den 1,4 Hektar produziert. Marco entschied sich für Soave, und das obwohl seine Rebberge im ungeliebten Flachland der DOC liegen. «Man mag mich für verrückt halten, aber ich glaube, dass das Terroir hier unten ein sehr gutes für die Garganega, aber nur ein mittelmässiges für Valpolicella ist», erklärt uns Sartori. Ende der 90er begann er deshalb mit der autochthonen Sorte zu arbeiten und hastete jahrelang seinem eigenen Soave-Ideal hinterher.

«Ich verliebte mich in Weine der Classico-Crus, beispielsweise in die von Winzerlegende Sandro Gini, und versuchte hier unten ähnliche Weine zu produzieren. Es dauerte eine Weile, bis ich mich von meinen Wunschvorstellungen befreien und auf die Stärken meines Terroirs konzentrierten konnte», sagt er. Die Stärken von Marco Sartoris Terroirs sind so etwas wie das Gegenkonzept zum Classico: hundert Prozent Garganega, Flachland, Kalkboden, Guyot-Erziehung und eine im Vergleich sehr hohe Pflanzdichte. Klingt nach guten Voraussetzungen, aber hier im Soave sind die Hügel, die Pergola-Erziehung und das Vulkangestein so etwas wie der heilige Gral. Sartoris Soave, der La Broia, ist wohl auch deshalb erstaunlich anders: deutlich straffer, intensiver und länger. Fast französisch anmutend. Ganz weit entfernt von den einfachen Aperitif-Weinchen und vielen anderen Kollegen.

Das war nicht immer so. «Ich brauchte acht Jahre, bis ich erkannte, dass die Säure am Ende der Reifeperiode hier unten viel schneller sinkt als im Classico», erzählt er lachend. Dann machte es klick. Nicht nur bei ihm selbst, sondern auch bei den Importeuren im Ausland, die seinen Soave bis dahin verschmähten. Laut Sartoris Aussagen ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft, nicht, was seinen Wein angeht, und auch nicht, was Soave an sich betrifft.

«Wir selbst werden wohl nicht mehr stark vom Imagewechsel profitieren, aber wir leisten jetzt die Vorarbeit für die nächsten Generationen.»

Marco Sartori Roccolo Grassi

Immer wieder hält der junge, gross gewachsene Winzer Andrea Dal Bosco inne, als wir mit ihm durch die Terrassen des Weinguts Le Battistelle gehen, und deutet auf alte, knorrige Garganega-Stöcke. Der schwarze, basaltische Boden unter unseren Schuhen macht deutlich, dass wir uns auf einem lange erloschenen Vulkan bewegen. Mechanisierung ist hier nicht nur schwer vorstellbar, sondern nahezu unmöglich, versichert uns Andrea Dal Bosco. «Das sind wurzelechte Garganega-Stöcke, noch aus der Zeit vor der Reblaus. Ökonomisch eigentlich völlig uninteressant. Wir können maximal zwei Kilogramm pro Stock ernten. Junge Rebstöcke unten im Flachland liefern etwa 15 Kilogramm pro Stock. Die Kooperativen raten ihren Mitgliedern deshalb auch, die alten Stöcke zu entfernen. Wir behalten sie, denn sie liefern Trauben von sehr hoher Qualität, und das ist uns wichtiger als die Menge», erklärt Dal Bosco.

Alleine hier in Brognoligo liefern 90 Prozent der Winzer ihre Trauben an Genossenschaften. Andreas Vater, Gelmino, war selbst lange Mitglied der Kooperative im benachbarten Monteforte d’Alpone, bis er dieser vor etwa zehn Jahren den Rücken kehrte. Ab einem gewissen Zeitpunkt fühlte sich das Ganze für ihn falsch an: «Es wurde viel über Qualität geredet, aber Menge von den Lieferanten eingefordert.» Doch Gelminos Vorstellungen waren anders. Die Crus von Battistelle verlangen nach physischer Arbeit, und die möchten viele Winzer in der Region kaum noch aufwenden. Selbst die Garganega verschwindet inzwischen aus wirtschaftlichen Gründen von den Hügelnrund um Brognoligo. «Grosse Investoren kaufen mittlerweile Weinberge in der Gegend auf und pflanzen Pinot Grigio, weil das mehr einbringt», sagt Gelmino etwas bedrückt.

Wir sitzen indes im heimeligen Degustationsraum von Le Battistelle und kosten uns durch die drei Soave des Hauses. Die Weine von den Basaltböden sind deutlich mineralischer sowie salziger und besitzen mehr Schmelz. Jeder einzelne Wein des Gutes führt uns das noch einmal eindrücklich vor Augen. Ausserdem wird etwas anderes sehr deutlich: Soave wird grundsätzlich viel zu jung getrunken. Der Unterschied nach nur einem Jahr Flaschenreife ist selbst bei der Basisqualität von Le Battistelle gravierend. Die aromatische Komplexität steigt, und vor allem bei den Terroir-Varianten ist der öffnende Prozess der Reifung klar wahrnehmbar. Nur so kann das volle Potenzial der Garganega zum Vorschein kommen. Dessen sind sich nicht nur Andrea und Gelmino Dal Bosco von Le Battistelle bewusst. Auch Marco Sartori würde das so unterschreiben: «Viele Produzenten füllen die Weine des neuen Jahrgangs schon vor Weihnachten ab und bringen sie auf den Markt. Diese fruchtigen, frischen Weine verkörpern mittlerweile leider die gesamte Region, vor allem im Ausland, und das eigentliche Potenzial der Garganega bleibt unerkannt. Die Weine sind nicht grundsätzlich schlecht, haben aber oft nichts mit Soave zu tun.»

Sartori selbst lässt seinen La Broia über zehn Monate hinweg in gebrauchten Barriques auf der Hefe reifen und wartet so lange er nur kann, bis der Wein in den Verkauf kommt. Aktuell ist der 2012er Jahrgang auf dem Markt. «Das ist immer noch zu früh, eigentlich dürfte jetzt erst der 2011er verkauft werden.»

Soave-Monumente

Legenden eilt ihr Ruf voraus. Der Name Gini ist ein ständiger Begleiter auf unserer Reise. Andauernd erzählt jemand von Claudio und seinem Bruder Sandro Gini, den wir besuchen. Gini ist ein gefragter Mann, immer wieder unterbricht uns sein klingelndes Mobiltelefon. Auch wenn er mehrere Minuten telefoniert, schafft er es jedes Mal, an der korrekten Stelle wieder in unser Gespräch einzusteigen. Auch jetzt klingelt es wieder. Sandro Gini nimmt ab, klemmt das Telefon zwischen Ohr und Schulter, öffnet gleichzeitig ganz konzentriert die Flasche Soave Classico aus dem Jahrgang 1996 und giesst ein – ganz nonchalant. Der Wein vor uns im Glas sollte auch den letzten Soave-Zweifler bekehren. Kaum ein Basiswein für knapp 7 Euro ab Hof reift so ausgezeichnet. Und das hier im Glas ist kein Chardonnay, kein Pinot Blanc, sondern hundert Prozent Garganega. «So war es immer», erzählte uns Sandro Gini, als wir zuvor über den Weinbergen des Weinguts in Monteforte d’Alpone standen, «ausschliesslich Garganega.»

Vor uns lag ein natürliches Amphitheater, umrahmt von den Soave-Classico-Hügeln. Beste klimatische Bedingungen für die autochthone Rebsorte und damit für Ginis beste Crus, unter anderem La Frosca, jenen Wein, mit dem Gini berühmt wurde. Die Rebberge mit 90- bis 100-jährigen Rebstöcken sind in der klassischen Pergola-Form angelegt und werden biodynamisch bewirtschaftet.

Nach seinem ersten Besuch im Burgund, Ende der 70er Jahre, wollte Gini die typische Pergola-Erziehung abschaffen und die Weinstöcke stärker quälen. Schlussendlich beliess er dann doch alles beim Alten. Seiner Meinung nach erhitzt das schwarze Vulkangestein die Trauben bein iedrigerer Stockhöhe viel zu stark, was zu Aromaverlust führt. Seine Liebe zum Burgund ist gross, aber er würde niemals die bewährten Garganega-Lagen für eine andere Sorte opfern. Für seine Versuche hat er ein anderes Plätzchen gefunden. «Das Terroir oben in Campiano eignet sich viel besser. Es ist kühler, und der Boden ist ähnlich kalkhaltig wie im Burgund», sagt Gini.

Gegen den schlechten Ruf des Soave kämpft Gini schon seit Jahrzehnten an. Als er in den 80ern seinen ersten La Frosca in der Gastronomie platzieren wollte, stiess er auf verschlossene Türen. Der Wein sei zwar gut, aber es sei eben ein Soave, lautete die Antwortder Gastronomen. Er solle den Namen ändern und den Preis verdoppeln. Soave war damals in der Spitzengastronomie Mailands und Roms laut Gini nahezu inexistent. Er nahm sich den Ratschlag zu Herzen, veränderte seine Strategie und benannte den Wein nach der Parzelle La Frosca. Dieser Name prangte nun in grossen Lettern auf dem Etikett, plötzlich standen die Türen offen und La Fosca auf den Weinkarten. Seitdem scheint sich nur wenig verändert zu haben. «Am liebsten wäre es mir, wenn Monteforte anstelle von Soave Classico auf meinen Etiketten stünde», sagt Gini.

Garganega braucht Freiheit

Ob die Umgebung nun ausschliesslich den Menschen beeinflusst oder der Mensch die Umgebung, lässt sich nicht abschliessend klären. Es ist wohl vielmehr eine wechselseitige Beziehung zwischen beiden. Hier oben in Castelcerino, ganz im Norden des Classicos, ist diese Art von Beziehung denkbar. Hier liegt Freiheit in der Luft, viel mehr, als es dort unten im Tal möglich ist. Filippo Filippi, ein Hüne mit langem grauem Haar, Vollbart und einem Lachen, das ganze Säle füllt, sitzt am alten Holztisch in der historisch anmutenden Küche des Anwesens, aus den Boxen schallt leise Reggae. Filippi verkörpert so etwas wie den Winzer-Libertin des Soave. Er ging lange zur Schule, und als er dann auch noch studieren wollte, schob seine Mutter den Riegel vor. Der Weinberg sei ab jetzt das Auditorium, hiess es, und er begann zu lernen. Hauptsächlich von den Alten, erzählt er uns.

Gerade gestern ist er von der Millésime Bio in Montpellier zurückgekommen, Frankreich ist einer seiner Wachstumsmärkte. Filippi kramt in einer Kiste Wein, die vor ihm steht. Alles Weine, die er mit anderen Winzern getauscht hat, weil sie ihm so gut gefielen, dass er sie noch eindringlicher studieren wollte, erzählt er uns. So wie all die leeren Flaschen, die auf der alten Kommode links von uns stehen – ausgetrunken und verortet. Er stellt eine volle Flasche Oestricher Lenchen von Peter Jakob Kühn auf die Kommode. Es gibt da offenbar einen kausalen Zusammenhang: Gute Winzer lernen durchs Trinken. Seine eigenen Weine bringt er sehr pur und ungekünstelt auf die Flasche. Seine Weinberge liegen wie eine Insel inmitten eines Meeres aus Wald.

Nicolas Joly lobte einst die besonders hohe Luftqualität, die dort herrscht. Der Untergrund besteht aus dem typischen Basalt-Gestein und aus Kalk. Filippis Rebstöcke sind alt, die Erträge niedrig, und im Keller beeinflusst er so wenig wie möglich, denn genau diese Freiheit braucht der Garganega seiner Meinung nach. Dass er biologisch arbeitet, ist für ihn offenbar so selbstverständlich, dass er kein Wort darüber verliert.

Neben seinen beiden wichtigen Soave-Crus Vigne della Brá und Castelcerino degustieren wir noch einen hundertprozentigen Garganega. Der heisst Monteseroni und wird auf Wunsch seines britischen Importeurs als Veneto IGT abgefüllt. Mit einem Soave würde der nämlich einen schlechteren Preis realisieren.

Mehr als Garganega

Sandro de Bruno, Besitzer des gleichnamigen Weinguts, treffen wir oben auf dem Monte Calvarina. Mit knapp 600 Metern über Meer gilt das Plateau als der höchste Weinberg im Soave. Hier oben baut de Bruno die einheimische Sorte Durella, Chardonnay und Pinot Blanc an. Für die Garganega ist es seiner Meinung nach einfach zu hoch, die fühle sich nur bis zu einer Höhe von maximal 500 Metern wohl, hier oben werde sie nicht richtig reif. De Bruno besitzt weiter unten noch mehr Weinberge, auf denen er die Garganega-Trauben für seinen Soave anbaut.

Besonders spannend sind seine Produkte aus der Durella-Traube, einer autochthonen Rebsorte, die wegen ihres säurebetonten, kräftigen Charakters vorwiegend für Schaumweine verwendet wird. De Brunos Metodo Classico, der 36 Monate auf der Hefe reift, macht deutlich, wie sehr die Durella von dieser Vorgehensweise profitiert. Am Gaumen sind die Weine sehr spritzig und frisch, wirken gar wie ein Gegenkonzept zum allgegenwärtigen Prosecco.

De Bruno gehörte zu den ersten acht Produzenten, die Durella anbauten. Gerade haben wir eines seiner Experimente im Glas, einen Durella-Stillwein aus der angrenzenden Lessini Durello DOC, Jahrgang 2008. Der Wein lässt erst jetzt erahnen, welch grosses Potenzial Durella auch als stille Variante bevorsteht. Die Säurewerte können in weniger heissen Jahren zwar explodieren, aber je nach gewünschtem Weinstil kann das ein Vorteil sein. De Bruno wird schon dieses Jahr wieder einen Stillwein aus der Durella produzieren. Endlich. Seiner Ansicht nach ist die Weinwelt schon ähnlich und austauschbar genug. Durella habe Charakter und hebe sich ab. Auf die Frage hin, ob die Sorte mit ihrer Säure nicht auch der Garganega und dem Soave zu etwas mehr Frische verhelfen könne, ist de Bruno unsicher. Es wäre einen Versuch wert.

Diesen Versuch hat Alessandro Danese von Corte Moschina längst unternommen. Dem Raíse, einem mit zehn Prozent Durella versetzten Garganega, steht die Extrafrische sehr gut. Durella wird aber auch hier in Roncà bisher hauptsächlich zu Schaumweinen verarbeitet. Die drei Soave des Hauses verkaufen sich gut, und vor allem in den USA steigt der Absatz. Dort entwickelt sich Soave laut Alessandro Danese zur Alternative für Pinot Grigio. «Hätte ich jetzt die Möglichkeit, Soave-Weinberge zu kaufen, würde ich investieren. Die Nachfrage ist da, besonders bei den Crus», sagt Danese.

Marco Sartori sieht das ähnlich. Soave besitzt für ihn grosses Potenzial, ob im Ausland oder in Italien. «Ich glaube daran, dass der Imagewechsel stattfinden wird. Es wird vielleicht 20 Jahre dauern, aber er wird kommen. Wir selbst werden wohl nicht mehr stark vom Imagewechsel profitieren, aber wir leisten jetzt die Vorarbeit für die nächsten Generationen», sagt Sartori. Für ihn ist es wichtig, auch jetzt dem Soave-Konzept treu zu bleiben und nicht auf die Bezeichnung Veneto IGT umzusatteln. Lieber weniger Wein verkaufen, dafür aber eine klare Message an den Markt senden: Soave. Bei etwa 5000 Hektar Rebfläche undso unterschiedlichen Ansprüchen der Weinmacher sowie der Produktionsbedingungen ist es natürlich schwer, eine gemeinsame, für den Konsumenten nachvollziehbare Identität zu kreieren, die nicht irgendwann einmal zu wanken beginnt.

Fakt ist, die eine Realität hat mit der anderen reichlich wenig zu tun. Es gibt im Soave kleine, hervorragende Produzenten und tolle Weine mit hohem Alterungspotenzial, die den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen. Und es gibt den Rest. Und ausserdem ergeht es auch nicht allen Schauspielern wie Jim Carrey, viele enden nicht in der lebenslangen Rollenfalle. Nein, Veränderung ist möglich, auch wenn die Strukturen so alt und verhärtet sind, wie sie es beim Soave zu sein scheinen. Rein theoretisch könnte es diesem Wein wie dem Schauspieler Matthew McConaughey ergehen. Der gewann im letzten Jahr für seine Leistung im Film «Dallas Buyers Club» einen Oscar als Bester Hauptdarsteller. Vor wenigen Jahren noch hätte das niemand für möglich gehalten, denn McConaughey war eher für sein Sixpack und seine braungebrannte Haut als für seine schauspielersichen Leistungen bekannt. Matthew McConaughey, der ewige Sonnyboy, schaffte es irgendwie, sich von seinem Rollenstereotyp zu befreien.

Unsere Weintipps

Die Region Soave ist deutlich vielfältiger als man es ihr hierzulande zugesteht. Neben charaktervollen, terroirgeprägten Weinen aus der Sorte Garganega, die erstaunlich gut reifen, lassen sich autochthone Rebsorten wie die Durella entdecken. Soave kann deutlich mehr als nur belustigen.

 

Filippo Filippi, Castelcerino 2013

Filippis Einstiegs-Cru ist der Prototyp eines sanften, aber anspruchsvollen Soave-Stils. In der Nase zunächst glasklare, frische, helle Steinfrucht und weisse Blüten, dann Weihrauch und Cassis. Am Gaumen filigran, aber griffig. Kaum ein anderer Winzer schafft es, die Garganega so pur einzufangen.

Preis ca. 12,50 Euro | 16 Franken

www.weinhalle.de | www.rebwein.ch

 

Gini, Soave Classico 2013

Gini ist einer der wichtigsten Produzenten der Region. Sein Basis-Soave, stammt aus fünf unterschiedlichen Crus in der Ortschaft Monteforte d’Alpone, ist saftig, präsent und ausserordentlich gut strukturiert. Das Bouquet besticht durch getrocknete Mango, Ananas und Aprikose. Reift ausgezeichnet!

Preis ca. 18.50 Franken

www.caratello.ch

 

Roccolo Grassi, La Broia 2012

Überzeugender Soave aus dem Flachland der DOC. Komplexes Bouquet mit Salzzitronen, Mandarine, Brioche und hellem Nougat. Wächst mit Luft. Am Gaumen äusserst geradlinig, säuregeprägt und lang. Man spürt den kalkhaltigen Boden und könnte blind tatsächlich bei einem Chablis landen.

Preis ca. 17.50 Franken

www.martel.ch

 

Le Battistelle, Roccolo del Durlo 2013

Etwas üppigerer Vertreter von basaltischem Boden. Teils wurzelechte Rebstöcke. Floral-fruchtiges Bouquet mit Geissblatt, etwas Bauernjasmin, Stachelbeere und exotischen Früchten. Gut strukturierter, cremiger und sehr salziger Soave. Braucht etwas Luft und Zeit, um sich zu öffnen.

www.lebattistelle.it

 

Corte Moschina, Raíse Bianco 2011

Nur zehn Prozent der autochthonen Durella reichen aus, um diesem Garganega einen ordentlichen Frischekick zu verpassen. In der Nase Agrumen, Blütenhonig und nussige Noten. Am Gaumen frisch, fest und trotz der 14 Vol.-% unglaublich leicht. Endet lange auf Karamell.

Preis ca. 42.50 Franken

www.valvino.ch

 

Sandro de Bruno, Durello Superiore Monti Lessini 2008

Die Sorte Durella ist vor allem als Basis für Schaumweine beliebt. De Brunos Stillwein-Variante überzeugt durch ein fruchtig-kräuterwürziges Bouquet mit Agrumen, Zitronenmelisse und Blütenhonig. Am Gaumen stahlige Säure mit viel Honig; leicht ätherische Noten im Abgang. Der Wein fordert und belohnt.

www.sandrodebruno.it

 

Inama, Vigneti di Foscarino 2012

Maischestandzeit eignet sich für die Garganega. Inama bedient sich beim Foscarino dieser Methode und lässt den Wein anschliessend in gebrauchten Barriques reifen. In der Nase getrocknete Blüten, Agrumen und Honig. Gut strukturiert, langer Abgang.

Preis ca. 14,90 Euro

www.hoferweine.ch | www.jacopini-weinhandel.de

 

Monte Tondo, Casette Foscarin 2012

Die Weinbergsterassen auf dem Monte Foscarino sind von Basalt geprägt, was man dem Casette Foscarin anmerkt. Am Gaumen cremig und dicht, sehr salzig im Abgang. In der Nase opulentes Honigaroma, reife Grapefruit und Salzzitronen, dazu etwas Bouillon. Sehr ausgewogener Stil.

Preis: 16,90 Euro

www.suedwein.de

 

Pieropoan, La Rocca 2012

Pieropan und La Rocca sind legendär. Der Inbegriff eines Spitzen-Soave. Das Cru La Rocca liegt nicht unweit des Soave-Castello. Besonders ist der kalkhaltige Boden. Bouquet mit reifen, exotischen Früchten und mineralischen Anklängen. Gehaltvoll und sehr lang.

Preis ca. 23,50 Euro | 31 Franken

www.gute-weine.de | www.studer-vinothek.ch

 

Vicentini Agostino, Il Casale 2012

Die Weinwelt ist Winzer Agostino Vicentini nach eigenen Aussagen zu ähnlich geworden. Mit seinen Weinen möchte er ein Zeichen dagegen setzen. Dieser 100%ige Garganega wurde im Stahltank ausgebaut. Präsentiert sich in der Nase etwas verhalten mit Aromen von Pfirsich und exotischer Frucht sowie mineralischen Noten. Geradlinig.

www.vinivicentini.com

 

I Stefanini, Monte di Fice 2013

Francesco Tessari sorgte mit seinen Weinen in den letzten Jahren nicht nur in Italien für Furore. Sein Monte di Fice wirkt intensiv, mit glasklarer Aromatik von grünem Apfel, reifem Kernobst und Agrumen. Dazu etwas Kräuterwürze. Gut strukturiert und animierend. Unglaubliches Preis-Leistungs-Verhältnis!

Preis: 11 Euro

www.karl-kerler.de

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