Chianti Classico Gran Selezione

Die neue Spitze der Toskana

Text: Christian Eder

Das Chianti Classico besitzt einen neuen Weintyp: Die Gran Selezione ist die Spitze der Qualitätspyramide im toskanischen Anbaugebiet. Was kann sie, was nicht schon Annata und Riserva konnten?

 

«Zuerst einmal ist die Gran Selezione ein Ausdruck des Terroirs», sagt Giovanni Manetti, Eigentümer des Weinguts Fontodi in Panzano. «Wir besitzen im Chianti Classico unterschiedlichste Terroirs und Mikroklimata. Das wollen wir zum Ausdruck bringen. Neun unterschiedliche Gemeinden, in denen es eine grosse Gemeinsamkeit gibt: die Sangiovese-Traube.»

Für die Einführung der Gran Selezione mussten die Vorschriften geändert werden, die bislang nur Chianti Classico Annata und Riserva vorsahen. Das war auch dringend nötig, meinen Kritiker, hat das Anbaugebiet im Herzen der Toskana doch über Jahre unter einem Zwiespalt gelitten: Einerseits erscheinen unter der Bezeichnung Chianti Classico DOCG einfache Basisweine, andererseits noble Sangiovese, die lange reifen können. Einige der besten Kreszenzen kommen gar als IGT Toskana auf den Markt, sogenannte Supertuscans. Der neue Weintypus soll im Spitzenbereich Klarheit schaffen: Seine strengen Produktionsbedingungen sehen unter anderem 30 Monate Reife für die Gran Selezione vor, die Trauben müssen aus den eigenen Rebbergen stammen, dürfen nicht einmal von anderen Gütern desselben Gebietes zugekauft werden.

Einen Aderlass bedeutet das natürlichfür die Riservas. Nicht wenige ehemalige Riservas erscheinen bereits unter neuem Namen. Zum Beispiel der Castello di Ama Gran Selezione von Marco Pallanti und Lorenza Sebaste. Am Charakter des Weins hat sich aber nichts geändert, versichert Lorenza Sebaste: «Die Trauben für unsere ehemalige Riserva Castello di Ama haben wir auch bislang nur in unseren besten Rebbergen selektioniert.»

Von der Gesamtproduktion des Chianti Classico DOCG werden acht bis neun Prozent auf die Gran Selezione entfallen, schätzt Konsortiumsdirektor Giuseppe Liberatore, das entspricht einem Wert von 70 bis 100 Millionen Euro. Insgesamt wurden im Jahr 2013 242 000 Hektoliter Gallo Nero produziert, fünf Prozent mehr als 2012. Der Gesamtwert des abgefüllten Weines beträgt 360 Millionen Euro. 80 Prozent der Weine gehen in den Export, Hauptabnehmer sind die USA (31 %), Kanada und Deutschland (je 10 %), Grossbritannien (6 %) und die Schweiz (5 %).

Wie präsentiert sich der erste Jahrgang der Gran Selezione? Die Weine, überwiegend 2010er, lassen sich zwei Stilistiken zuordnen: Da sind zum einen Château-Weine wie der Castello di Ama, Selektionen der besten Trauben eines Gutes. Andere Winzer setzen auf Einzellagenweine. So hat Giovanni Manetti seine ehemalige Riserva Vigna del Sorbo zur Gran Selezione erkoren. «Gerade ein Cru passt perfekt zur Idee des Terroirweins», meint er. Und gehe es nach ihm, so werde die Gran Selezione bald auch den Namen der Gemeinde tragen, in der die Rebberge liegen: «Damit zeigt man den Facettenreichtum des Chianti-Classico-Gebiets.»

Am Sonderstatus der Supertoskaner wird übrigens nicht gerüttelt, auch bei Manetti nicht. Sein Fontalloro, Fontodis Spitzenwein aus hundert Prozent Sangiovese, bleibt ein IGT Toskana. Und da ist er nicht der Einzige.

5x Gran Selezione

 

Castello di Ama, Castello di Ama Gran Selezione 2010

Einnehmendes Bouquet mit Nuancen von Beeren, Sandelholz, Nougat; geschliffen der Ansatz, harmonisch und lang der Abgang. Sollte noch reifen. Ausdruck des Terroirs von Gaiole in Chianti.

 

Castello Fonterutoli, Castello Fonterutoli Gran Selezione 2010

Noten von Maraschino-Kirschen und Leder, feine Würze; zielgenaue Textur, zeigt Fülle, Schliff und feine Eleganz; im Ausklang angenehme Sandelholznoten. Aber vor allem zeichnet die Fruchtigkeit diese Gran Selezione aus Castellina aus.

 

Castello d’Albola, Il Solatio Gran Selezione 2010

Duftet nach Himbeeren und Steinobst, Gewürzen, Tabak und Pfeffer; saftig am Gaumen, die Tannine perfekt eingebunden, grosse Länge auf Fruchtaromen und balsamischen Noten. Interessante Interpretation einer Gran Selezione von Denis Dubourdieu, dem Bordeaux-geschulten Berater der Weingüter der Familie Zonin.

 

Fontodi, Vigna del Sorbo Gran Selezione 2010

Noch zurückhaltende Nase; der Ansatz dicht, kompakt, robuste Tannine, die sich noch abrunden müssen, der Abgang auf Aromen von reifen Waldfrüchten. Charaktervoller Bio-Blend aus Sangiovese und etwas Cabernet Sauvignon, der noch reifen muss.

 

Antinori, Badia a Passignano Gran Selezione 2009

Antinori keltert die Trauben für diesen charaktervollen Wein rund um die gleichnamige Abtei bei Tavarnelle im Val di Pesa. Feine Veilchen- und Himbeernase, schöne Tabakaromen; gut strukturiert und füllig der Ansatz, rassige Tannine, geschmeidiger Verlauf hin zu Aromen reifer Früchte. Überzeugend.

vinum+

Weiterlesen?

Dieser Artikel ist exklusiv für
unsere Abonnenten.

Ich bin bereits VINUM-
Abonnent/in

Ich möchte von exklusiven Vorteilen profitieren