FRANZ BECKENBAUER IN SÜDAFRIKA

Der «Kaiser» wird zum «Jungwinzer»

Text: Rudolf Knoll

Die Weinwelt heisst einen Weltmeister in ihren Reihen Willkommen! Franz Beckenbauer, der als Fussballer alles gewann, was denkbar ist, wird im reifen Alter zum «Jungwinzer». Seit kurzem ist er Haupteigentümer des Weingutes Lammershoek im Swartland in Südafrika.

 

«Der Franz ist der Boss!», sagt der Mann, der «Kaiser Franz» auf die Idee brachte, mit ihm gemeinsam ein Weingut in Südafrika zu kaufen. Andreas Abold aus München, seit 1990 mit Franz Beckenbauer befreundet, ist ein vielseitig orientierter Unternehmer und Berater im Sportmarketing, der sowohl bei der Fussballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland als auch 2010 in Südafrika im Hintergrund mitwirkte. Die engen Kontakte zum Kap waren es dann, die ihn 2012 auf die Möglichkeit aufmerksam werden liess, das Weingut Lammershoek im Swartland zu kaufen.

Franz Beckenbauer war als Südafrika-Fan ein idealer Partner. Im November 2012 wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Aber bald stellte sich heraus, dass man dabei Lehrgeld bezahlt hatte. Lammershoek war ein Traditionsbetrieb mit Rebbau seit 1750. Der Name lässt sich übersetzen mit «Lämmerecke», weil es hier einst Lämmer gab, die im Wald in Farmnähe Schutz vor Adlern suchten. 1995 wurde das Gut von dem Österreicher Paul Kretzel erworben. Er wollte nach einiger Zeit im mediterranen Klima des Swartlandes mit heissen, trockenen Sommermonaten und nasskaltem Winter gemeinsam mit seinem Schwiegersohn als Kellermeister neue Akzente setzen und das Terroir des früher kaum bekannten Gebietes herauskitzeln. 2010 wurde komplett auf bio umgestellt. Auch im Keller gab es einschneidende Änderungen. Es wurde nicht mehr filtriert und geschönt, nur in Ausnahmefällen wurde gering geschwefelt. Manche fanden die Ergebnisse spannend und zukunftsweisend, andere verpackten in Worten wie «eigenwillig» oder «individuell» leise Kritik.

Es war jedenfalls nicht der Stil, mit dem sich Abold und Beckenbauer als Weingeniesser anfreunden konnten. «Das tendierte zu sehr in Richtung Orange-Wein», erzählt Abold. «Wir mussten wegen der unterschiedlichen Auffassung über die Weinbereitung auf die Bremse treten und uns neu mit anderen Leuten in Weinberg und Keller aufstellen.» Weil sie qualitativ nicht hinter den Weinen stehen konnten, wurden sämtliche Vorräte entsorgt. 2015 ist der erste richtige Jahrgang, mit dem die neuen Besitzer vor allem in Deutschland, der Schweiz und Österreich auftreten wollen. Als Partner hat man den Weinfachhandel im Fokus.

Bio ist nicht abgeschafft

Zwei junge Südafrikaner sind für das «neue Lammershoek» verantwortlich. Betriebsleiter ist Charl van Reenen (31), für den Keller zeichnet Schalk Oppmann (32) verantwortlich. «Wir haben darauf geachtet, dass wir beim Weinstil eine Sprache sprechen», berichtet Andreas Abold. Bio-Anbau ist nicht abgeschafft, aber auf rund 30 Prozent der Rebfläche (80 Hektar) reduziert. In den nächsten Jahren soll die Sortenstruktur durch Rodung und Neuanpflanzung etwas verändert werden.

Das Weinangebot ist klar strukturiert. The Innocent Range heisst die bereits sehr ansehnliche Basislinie mit White und Red Blend, Rosé, Syrah und Pinotage. The Reserve steht für die weisse Cuvée (Chenin Blanc, Viognier, Chardonnay) und das rote Gegenstück mit Syrah, Carignan und Chenin Blanc – beide mit Terravinum betitelt. Zu dieser bereits anspruchsvollen Liga gehören auch die gehaltvollen Chenin Blanc und Syrah.

Der Sortenvielfalt zollt man Tribut mit einer sehr eigenständigen Kollektion, der Mysteries Range. Hier ist beispielsweise die traditionelle ungarische Weissweinsorte Hárslevelü zu finden, ebenso feurige Grenache und Tinta Barocca sowie ein fruchtbetonter Syrah. Über allem thront die feinmaschige Cuvée Libero No. 5, von der immerhin 6300 Flaschen abgefüllt wurden. Die Preisvorstellung im Regal liegt etwa bei 50 Euro. Insgesamt will man jedes Jahr zwischen 100 000 und 180 000 Flaschen füllen, wie es die Natur zulässt. Wenn es Absatzprobleme gibt, dann – so scherzt Abold – «werden wir uns opfern und unsere Weine selbst trinken». Einwand von Franz Beckenbauer: «Aber in der Menge streng nach den Gesellschaftsanteilen.»

Einige Weine im Porträt

 

Chenin Blanc Reserve 2015

Weisswein von 45 Jahre alten Reben, der sich sehr gehaltvoll präsentiert, mit feiner Würze und etwas Zitronengras im Bouquet, sanft mineralisch; im Geschmack komplex, tiefgründig und vielschichtig.

 

White Blend The Innocent 2015

Chenin Blanc, Hárslevelü, Sauvignon Blanc, Chardonnay und Viognier gehen eine vergnügliche Partnerschaft bei diesem Wein aus der Basislinie ein. Zitronenmelisse im Bouquet; saftig, würzig, gradlinig, betonte, angenehm herbe Note.

 

Syrah Reserve 2015

Ein sogenannter Bush Wine von teilweise bis zu 40 Jahre alten Reben, ausgebaut im neuen Holz und in Stahltanks. Betont pfeffrig in der Nase; viel Spiel und Würze im Geschmack, raffinierte Facetten, straff, langer Abgang.

 

Die Swart Strooi Mysteries 2015

Ein reiner Syrah, der geschmacklich mit recht viel Fruchtsüsse (84,7 g/l) überrascht, aber dennoch stimmig ist. Tiefdunkel in der Farbe, beinahe schwarz; Duft nach Blaubeeren und Bitterschokolade; fruchtig, verspielt, gute Balance. Ein herrlicher Begleiter zu beerigen Desserts.

 

Libero No. 5 2015

Eine spannende Cuvée von Syrah, Grenache, Carignan, wiederum ein Bush Wine von 30 bis 45 Jahre alten Reben. Feinbeerig im Aroma, dazu Kräuter, Schwarztee, etwas Bitterschokolade. Zwar jugendlich, aber trotzdem bereits zugänglich,wenn man ihm im Glas etwas Zeit gibt. Sehr lebhaft, saftig, mit Trinkfluss.

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