Raffinesse aus Saint-Estèphe
Phélan Ségur
Wenn es ein Weingut gibt, das Bordelaiser Finesse wie im Bilderbuch verkörpert, ist es Phélan Ségur, seit langem von Véronique Dausse geleitet, die an das Gut genauso ihr Herz verloren hat wie ich selber.
Phélan ist nicht nur die Geschichte eines Weinguts. Phélan ist die Geschichte von Menschen, von Familien. Das beginnt mit den Phélan selber. Sie stammen – wie viele grosse Bordelaiser Weindynastien – aus Irland und legten im 18. Jahrhundert den Grundstein zum heutigen Gut. Ab 1985 wurde Phélan während rund 30 Jahren von der Familie Gardinier betreut, und heute ist Philippe van de Vyvere glücklicher Besitzer des Gutes. Man muss ihm ganz besonders dankbar sein dafür, dass er dem einmaligen Geist, der auf Phélan herrscht und auf Schritt und Tritt fühlbar wird, weiter die Treue hält, oft diskret aus dem Hintergrund. In die Welt getragen wird der «Esprit Phélan» von Véronique Dausse, die das Gut leitet, als wäre es ihr eigenes. Eigentlich sollten hier auch die Namen aller Mitarbeiter folgen, die seit über hundert Jahren dazu beitragen, dass dieses aussergewöhnliche Gut die Eleganz und Raffinesse von Bordeaux verkörpert wie nur wenig andere, denn Phélan ist eine einzige grosse Familie. «Wir arbeiten nicht auf Phélan, wir sind Phélan», sagt Véronique stolz – mit Recht. Doch der Platz ist knapp. Sprechen wir lieber kurz vom Wein. «Wie schaffst du es nur, Phélan blind zu erkennen und ihm jedes Mal Topnoten zu geben?», fragte Thierry Gardinier einst Rolf Bichsel. Der schaute ihn verlegen an und sagte: «Weil kein anderer Saint-Estèphe schon ‹en primeur› so harmonisch ausfällt». Ich kann dem nur beipflichten. Ich kenne Phélan seit 30 Jahrgängen. Bewegend stilvoll sind sie alle, ob gross oder «klein», nach fünf, sechs Jahren geöffnet oder erst nach drei Jahrzehnten.