«B-motionen»
Sechs Weine, die mich bewegen
Text: Barbara Schroeder
Es gibt grosse Weine aus Bordeaux, zu denen Barbara Schroeder ein ganz besonderes Verhältnis hat, Bordeaux, die gleichsam positive Schwingungen auslösen. Sie nennt das: «B-motionen».
Natürlich mag ich Weine anderer Regionen und Länder. Doch zu Bordeaux habe ich ein ganz besonderes Verhältnis. Schliesslich hat die Region mich einst mit offenen Armen willkommen geheissen, habe ich hier mittlerweile den grösseren Teil meines Lebens verbracht.
Dank Bordeaux und seinen Weinen bin ich zu meinem Beruf gekommen. Dabei habe ich lernen müssen, rational und analytisch mit Wein umzugehen. Ich habe eine Zeit lang gar an Objektivität geglaubt. Seltsamerweise hat genau das mich eher vom Wein entfernt. Ich habe ob all der Objektivität den Spass am Nass verloren und kam zum Schluss, dass Subjektivität keine schlechte Sache ist. Das Objekt hat keine Seele, das Subjekt etwas zu viel davon – was passt besser zum Wein? «Wein ist keine exakte Wissenschaft», sagte der grosse Émile Peynaud einst zu mir, «sondern eine menschliche.» Wein ist ein Erzeugnis mit Seele. Das unterscheidet ihn vom banalen Getränk.
Wein weckt Leidenschaften. Wein löst Emotionen aus. Und die sind per Definition subjektiv. Sie werden nicht nur durch das bestimmt, was im Glas oder in der Flasche schlummert. Die Verpackung kann Einfluss nehmen. Geschichte und Geschichten. Begegnungen, Erinnerungen, Menschen. Ich schätze Weine, die etwas zu sagen haben, Weine, die mir eine Geschichte ins Ohr flüstern, die sich nicht auf das übliche Geplauder beschränkt. Das kann sich auf ihre Herkunft, ihr Terroir beziehen oder ihren einmaligen aromatischen Ausdruck. Auf die besondere Machart oder einen ungewohnten Sortenspiegel, auf dieses gewisse Etwas, das ihnen einen einmaligen Charakter verleiht. Oder ihre vollendete Harmonie. Ich kann mir nicht vorstellen, mich für einen Wein zu begeistern, dem es daran fehlt.
Ich habe mich auch gefragt, ob ich den Wein von jemandem, den ich nicht mag, positiv aufnehmen könnte. Positiv verkosten ja. Geniessen? Nein. Auf der anderen Seite bewegen mich gerade Weine von Menschen, die ich besonders schätze, für ihre Verdienste beim Wiederaufbau eines Gutes, weil sie von kurzfristigen Moden und Mätzchen nichts hielten, sondern immer und ehrlich den Wein kelterten, an den sie glaubten, egal, was sie dabei risikierten.