Finish mit Schwung
Léoville Poyferré
mit Sara Cuvelier Lemcompte
Didier Cuvelier hat auf Léoville Poyferré einen Traumparcours absolviert. Das 18. Loch vor dem Ruhestand macht dem begeisterten Golfer keine Sorgen: Den Ball übernimmt Cousine Sara.
Mein Cousin Didier Cuvelier ist ein begeisterter und erfolgreicher Golfer mit tiefem Handicap. Das entspricht seinem Charakter. Sportgeist, Umsicht, Durchhaltewille, Präzision… In den 40 Jahren als Verantwortlicher von Léoville Poyferré hat er unser Gut nicht nur an die absolute Spitze gebracht, er hat es auch dort gehalten. Jetzt spielt er mit dem ihm eigenen Schwung das 18. Loch an und ich trete in seine Fussstapfen. Keine leichte Aufgabe angesichts des fehlerlosen Parcours, den er absolviert hat! Ja, Didier ist ein Ass, wie das in der Golfsprache heisst. Ich will vor allem sein Werk fortsetzen, all die Ideen verwirklichen, die er uns hinterlässt, die Arbeiten, die er initiiert hat, weiterführen und zu Ende bringen. Ich denke etwa an unsere Versuche mit biologischem und biodynamischem Anbau oder die Achse des Önotourismus, die er entwickelt hat und die immer wichtiger wird. Es gibt nicht nur ein Léoville. Es gibt drei davon. Da ist es noch schwieriger, sich von den Nachbarn zu unterscheiden. Ich möchte darum auch unsere Kommunikation weiter ausbauen, den Weinfreunden erklären, wer wir sind und was wir wollen. Unsere Weine werden über den Handel abgesetzt. Der direkte Kontakt zum Kunden geht da rasch verloren, wenn man nicht besondere Anstrengungen in diese Richtung unternimmt.
Unsere Erfahrung mit dem Weintourismus hat gezeigt, wie wichtig es ist und wie bereichernd, wenn man sich mit Freunden von Poyferré-Weinen direkt austauschen kann. Heute kümmern sich hier drei Personen um den Empfang, in der Hauptsaison sind es noch mehr, nicht nur hier, sondern auch auf unserem Gut Le Crock in Saint-Estèphe. Wir empfangen Gruppen, Weinclubs, organisieren Hochzeiten, führen Konzerte durch. Das gehört heute einfach zu einem Grand Cru Classé. Natürlich sind wir stolz auf unseren Rang als Second Cru von 1855. Doch wir wollen nicht einfach nur einsam auf dem Podest stehen, sondern zeigen, dass auch hinter einem historischen Gut Menschen stehen, die mit grosser Leidenschaft arbeiten.
Gewiss, unsere Weine sind teuer – doch genau das erlaubt und verpflichtet uns, für Weinfreunde in aller Welt offen zu sein.
Ich bin in Lille auf die Welt gekommen, habe dort und später in Paris studiert und mehrere Jahre in Lyon und in der Nähe von Genf gearbeitet. Als Spross einer in der Weinbranche tätigen Familie gehörte der Rebensaft schon früh zu meinem Alltag, war Teil meiner Erziehung. Ab dem Jahr 2000 wurden meine Schwester und ich mehr und mehr in die Entscheidungen der Familie mit einbezogen. Seit 2011 habe ich einen Sitz im Verwaltungsrat von Léoville Poyferré. Als sich die Frage nach der Nachfolge von Didier stellte, begann ich, mich ernsthaft mit dem Gedanken zu befassen, seine Nachfolge anzutreten. Der Moment war gut gewählt: Meine Kinder sind gross, der Umzug machte da nicht besonders Probleme.
Auch wenn ich die Geschicke unseres Familienunternehmens seit längerem mit verfolge, betrachte ich mich als Neuling in der Bordelaiser Welt des Weins. Doch das hat auch Vorteile. Ich stelle oft Fragen, die naiv erscheinen mögen, weil sie Dinge angehen, die man einfach schon immer so gemacht hat: Doch Routine ist gefährlich, darum scheue ich mich nicht, sie zu hinterfragen. Und schliesslich kann ich auch meinen persönlichen Hintergrund mit einbringen. Ich habe eine langjährige Berufserfahrung im Personalbereich, die kommt mir bei der Verwaltung eines Gutes mit 50 Angestellten sehr gelegen.
Vor einem Jahr habe ich beim Marathon des Médoc mitgemacht. Diese sportliche Erfahrung hat mir gezeigt, dass man mit guter Vorbereitung und eisernem Willen über sich hinauswachsen und Dinge tun kann, die man selber vorher gar nicht für möglich gehalten hätte. In diesem Jahr möchte ich gemeinsam mit einer Equipe von Léoville Poyferré an diesem Rennen quer durch das Médoc teilnehmen. Das fördert den Teamgeist, ohne den kein grosser Wein entstehen kann, und verbindet über die eigentliche Arbeit hinaus. Das 18. Loch, der Endspurt, das bedeutet auch: Das Beste kommt zuletzt, wie die letzte grosse Flasche eines Festmahls, die unvergesslich bleiben wird. Das 18. Loch steht für den Höhepunkt, den Zenit. Das ist das Ziel, das auch ich für Le Crock und Léoville Poyferré anstrebe.