Prinz und Wunderknabe
Château Pressac
mit Jean-François Quenin
Quereinsteiger Jean-François Quenin amtet seit 20 Jahren auf Pressac. Mit grossem Einsatz und viel Leidenschaft hat er für ein spektakuläres Comeback dieses historischen Gutes in Saint-Émilion gesorgt.
Nach 16 Jahren als Generaldirektor der Darty-Gruppe (Heimelektronik) war es Zeit für einen Tapetenwechsel. Wir kauften ein kleines Weingut in Lalande de Pomerol, meine Frau holte ihr Landwirtschaftsabitur nach und kümmerte sich von Paris aus darum, und ich drückte im reifen Alter noch einmal die Schulbank der Fachschule von Blanquefort, ass in der Kantine mit Leuten, die dreimal jünger waren als ich, belegte Fächer wie Biologie, Rebbau, Informatik, lernte Rebschnitt und Weinbereitung und schaffte mein Diplom als Verantwortlicher eines Landwirtschaftsbetriebs. Währenddessen suchten wir aktiv nach einem grösseren Gut, «mit Spitzenterroir, einem kleinen Haus mit drei Zimmern an einem sympathischen Ort». Von einem historischen Château war nie die Rede. Als mich der Immobilienmakler zum ersten Mal nach Pressac führte, winkte ich ab: viel zu gross, viel zu teuer. Doch er liess nicht locker. «Pressac ist für euch wie geschaffen. Dieses Dornröschen braucht einen Unternehmer wie dich, der es wach küsst.» Als der Verkäufer den Preis senkte, schlugen wir zu. Und haben es nicht bereut. Damals sagte ich mir: In 20 Jahren tausche ich es dann gegen eine hübsche Villa an der Riviera ein. Um tagtäglich ins Meer zu starren, Welle rauf, Welle runter, um beim dritten Mal Welle rauf die Lust bekämpfen zu müssen, mir eine Kugel in den Kopf zu schiessen? Heute ist Pressac unsere Heimat, unser Grund und Boden, sogar mit den zehn Zimmern des alten Schlosses komme ich klar. Wir haben den Rebberg generalüberholt, nach und nach die Kellerei und die Barriquelager erneuert. Pressac ist wieder ein echtes Juwel, und langsam merkt selbst der letzte Bordeaux-Mohikaner, dass auf diesem aussergewöhnlichen Terroir rund um einen Hügel wieder aussergewöhnliche Weine entstehen.