Tourismus & Reisen
Tierisch(e) Genossen
Text: Eva Maria Dülligen, Fotos: z.V.g.
Genießen kann man sie einzeln oder in Kombination. Also entweder ein voller Tagestrip durch den Wildpark oder der Besuch einer Winzergenossenschaft, der sich über den ganzen Tag zieht. Oder aber: Abenteuerverliebte mit Hingabe zu Wein und Wildgetier geben sich beides innerhalb von 48 Stunden. Wie und wo das möglich ist? Wir führen Sie durch drei kombinierte Touren, für die Sie sich jetzt schon einen Termin im Kalender blocken sollten.
Wilde Tiere, vor allem in natürlicher Umgebung, sind für die meisten reiner Augenschmaus. Wein, vor allem da, wo er erzeugt wird, ist häufig purer Gaumenschmaus. Die beiden Sinne an zwei Tagen zu beglücken, geht in Württemberg reibungslos. Denn das Ländle beheimatet neben zahllosen renommierten Weingärtnergenossenschaften reizvolle Tierparks. Trips in die Welt der Tiere mit solchen in die der Weine clever zu verbinden, also ohne nervige Strecken dazwischen, lässt sich in der Region gut umsetzen. Die erste kleine Reise beginnt im Zabergäu, genauer in Cleebronn. Schon der rund 400 Meter hohe Michaelsberg, an dessen Hängen Weinbau seit dem Mittelalter betrieben wird, zeugt von der Vinophilie der hübschen Ortschaft. Daneben geizt das Dorf kaum mit architektonischen Schmankerln wie einer staufischen Burganlage oder der ehemals größten Kelter Württembergs, wo Events wie Public Viewing und Blasmusik mit Weißwurst-Frühstück über die weinselige Bühne gehen. Konzentrierter Weingenuss findet sich in der Probierstätte der WG Cleebronn-Güglingen. Unweit von der deutschlandweit ausgezeichneten Genossenschaft dehnt sich ein rund 50 Hektar großes Wildparadies aus – mitten im Naturpark Stromberg-Heuchelberg.
Esslingen im Bereich Oberes Neckartal verzaubert ebenfalls mit historischem Stadtbild und spannenden Geschichten: etwa der, dass die Esslinger wegen einer Mittelalter-Anekdote, in der eine Magd den Teufel mit einer Zwiebel vertrieben haben soll, «Zwieblinger» genannt werden und der Marktplatz deshalb heute im Sommer zum legendären «Zwiebelfest» inklusive Livebands mutiert. Permanente Outdoor-Attraktion bleibt unangefochten der Wildpark Nymphaea, dessen einziger Nachteil seine Unaussprechbarkeit zu sein scheint: Hunderte von Tierarten und tausend Sträucher und Bäume verteilen sich über die Neckarinsel. Das Ausflugsziel lockt gleichzeitig mit Veranstaltungen, Biergarten und Tierfütterungen. Den Abend bei den Weingärtnern Esslingen abzurunden, empfiehlt sich nicht nur aufgrund der Wein-Auswahl. Für Wow-Effekte sorgen die umgebene Landschaftskulisse und romantische Gewölbekeller, in denen verkostet werden kann.
Der letzte Boxen-Stopp heißt Bad Mergentheim. Als Heilbad und Kurort ist es den älteren Semestern ein Begriff. Doch längst tummeln sich hier an der Tauber auch Youngsters, wenn es heißt: «Feiern, bis der Arzt kommt.» Im ortseigenen Wildpark inmitten eines traumhaften Waldes geht es vom Genießerabend bis zur Greifvogelfütterung rund. In Greifnähe auch hier ein kleiner Rebsaftkosmos: Die Weingärtner Markelsheim schnitten bei unserem Qualitätscheck ebenso musterhaft ab wie die beiden anderen Weingärtnergenossenschaften.
Tipp 1
Trip nach Tripsdrill
Bei «Tripsdrill» denken viele an Attraktionen wie Achterbahn und Rafting. Doch die andere Erlebnisparkhälfte, wenige Gehminuten entfernt, bietet nicht minder tierisches Vergnügen. In reinster Form. Denn das Wildparadies ist ein Zuhause für rund 50 überwiegend heimische Tierarten: Neben den üblichen Verdächtigen Wolf, Bär & Co. lassen sich Publikumslieblinge wie schwarze Ouessant-Schafe, die kleinste Schaf-Art Europas, und Muntjaks, die kleinsten Hirsche der Welt, streicheln. In begehbaren Gehegen können Tierfreunde zahme Hirsche füttern und Wildhüter geben auf Fütterungsrunden zu verschiedenen Beutegreifern spannende Details über die Tiere zum Besten.
Bei der Greifvogel-Flugschau stockt einem der Atem, wenn etwa der südostasiatische Amur-Falke eine Luftrunde im Highspeed hinlegt und schließlich wieder auf dem ausgestreckten Lederhandschuh des Falkners landet. Kleine und Grosse lernen auf einem 400 Meter langen Walderlebnispfad an Stationen, wie man das Alter eines Baumes feststellt oder warum Fledermäuse mit dem Kopf nach unten hängen. Das Ökosystem Wald barfuß zu erfassen ist vor allem für Kids auf einem 150 Meter langen Pfad mit Rindenmulcharten, Kies oder Aststücken hautnahes Abenteuer. Im Baumhaus oder Schäferwagen kann man mitten in der Wildnis ausschlafen, bevor der nächste Tag zum Verkosten in die WG Cleebronn-Güglingen lockt: Kellerführungen, Weinwanderungen und Weinproben in der Herzogskelter oder direkt im Weinberg bilden einige der Programmpunkte der Weingärtner, die Spitzenweine im milden Klima des Zabergäus hervorbringen – eine Weinstätte, die von namhaften Guides und Magazinen Lorbeeren einsammelt.
Der passende Wein
Weingärtner Cleebronn-Güglingen, Sagenhaft Rosé trocken
12 Vol.-%
Graziles Fruchtspiel aus Johannisbeere und Kirsche mit einem Hauch frisch geriebener Orangenschale. Am Gaumen wunderbar saftig und frisch mit floralen Nuancen. Ein Rosé mit Charakter und Persönlichkeit!
Preis: 6,00 Euro | www.cleebronner-winzer.de
Tipp 2
Seerose und Gewölbekeller
Warum man die Idylle auf dem Neckar nicht gleich «Seerose» genannt hat, bleibt rätselhaft. Stattdessen ist das künstlich angelegte Eiland auf den lateinischen Namen der Wasserpflanze getauft. So oder so hat «Nymphaea» alles am Start, was bei Naturbesessenen auf der Wunschliste steht. In erster Linie eine Flora, nach der sich so mancher Botaniker den grünen Daumen lecken würde: Hier strecken Echte Walnussbäume, Silberweiden, Traubenkirschen, Säulenwacholder und weitere aberdutzende Baumarten ihre Kronen gen Himmel, darunter bis zu 85 Jahre alte Riesen, die mit einer Höhe von 45 Metern für Schnappatmung sorgen. Voller Aquarien, Seen, Terrarien und Freigehege birgt die Insel überdies eine Tierwelt von Amazonasfischen bis zum Ziergeflügel: Kalifornische Königsnattern, Mohrenkopf-Papageien, Kaspische Bachschildkröten und Fische aus allen Meeren, Frettchen und Goldfasane in authentischer Umgebung. Insgesamt ein ökologisches Paradies, inklusive Restaurant, Biergarten mit Grillhütte und Sonnenterrasse.
Die touristische Fortsetzung sollte dann Weingärtner Esslingen heißen: Die malerische Altstadt beherbergt den historischen Gewölbekeller der WG sowie einen Innenhof, auf dem sich ebenso romantisch wie im Keller der Rosé vom Muskat-Trollinger bis zum Zweigelt aus dem Eichenfass verkosten lässt. In der Wärme der ersten Sonnenstrahlen genossen wir eine klassische schwäbische Cuvée aus Trollinger und Lemberger mit Blick auf die genossenschaftseigene Lage «Esslinger Burg». Der feine Saft war mit seinen Kirsch- und Mandelblütenanklängen die Ouvertüre zu den Frühlingstagen!
Der passende Wein
Weingärtner Esslingen, 2017 Riesling trocken Esslinger Burg
12 Vol.-%
Durch stark ertragsreduzierte und fachkundige Bearbeitung des Weinbergs, konnte sich dieser spritzige, fruchtbetonte Riesling hervorragend entwickeln. Eine kühle und langsame Gärung verhalfen ihm zu seiner intensiven Aromenausprägung. Am Gaumen präsentiert er sich mit einer angenehmen Fruchtsäurestruktur. Aromen von Aprikosen und Äpfeln.
Preis: 8,00 Euro | www.weingaertner-esslingen.de
Tipp 3
Hardrock im Wildpark
Gar nicht so einfach, das wortmäßig auseinanderzuhalten: Wildpark Bad Mergentheim und Weingärtner Markelsheim. Egal. Zunächst ab in die «Wildnis», um vom Flughund bis zur Schildkröte in die Sphären von über 70 europäischen Tierarten abzutauchen. Maschendraht und Käfige findet man auf den 35 Hektar selten. Das Konzept fußt auf Freisichtanlagen und artgerechter Haltung. «Man sieht, was man erzählt bekommt», sagt die Tierpflege-Meisterin und begleitet die Gäste zum Gehege des größten Wolfrudels Europas. Damit die Raubtiere in Form bleiben, müssen sie ihre Beute hin und wieder am Simulator erjagen. Auch Braunbären und Wildkatzen, Eulen und Weißkopf-Seeadler hetzen ihren Leckerbissen hinterher, die Fütterungstouren über einen Rundweg werden durch spannende Fakten rund um Wildtiere ergänzt. Nach der Tour wartet das Erdhaus, eine kulinarische Ausnahmestätte, die mit 1000 Kubikliter Erde überschüttet unterirdisch Gegrilltes vom BBQ-Smoker bereithält. Frühlings-Events wie «Rock im Wildpark» heizen mit Headbangers Haircut, dem Hirschburgerbrötchen «Meat Love» und Drinks alias «Megadead» ein. Wer mit mindestens sechs Leuten in einem der parkeigenen Türme übernachtet, kann tags drauf entspannt zu den Weingärtnern Markelsheim weitertouren. Hier gibt es ordentlich auf die Gaumen. Vom spritzigen Weißen bis zum vollmundigen Roten. Die vielfältige Rebsortenauswahl wächst ausschließlich in den muschelkalkgeprägten Steillagen des Vorbach- und Taubertals.
Der passende Wein
Weingärtner Markelsheim, 2016 Kerner Sekt trocken
12 Vol.-%
Kerner: Bekannt ist die Rebsorte vor allem für ihre kräftige Säure. Das prädestiniert den Kerner für betont lebendigen Schaumwein. Allein die winzigen, zügig aufsteigenden CO₂-Perlen verkünden Rasse in diesem württembergischen «Champagner». Die Perlage trägt Eindrücke von Kandiszucker und Brioche an die Oberfläche. Schön eingebundene Säure.
Preis: 7,30 Euro | www.markelsheimer-wein.de