Das Gourmet-Interview • #gourmetküche #zugastbei
Rainer Mosthaf im Gourmet-Interview
Interview: Rudolf Knoll, Fotos: Armin Faber
Wenn man das gastliche Haus am Marktplatz von Heilbronn als einen der besten Ratskeller Deutschlands bezeichnet, übertreibt man wohl nicht. Denn im Reich von Pächter Rainer Mosthaf wird erstklassige, hauptsächlich regionale Küche zelebriert. Und der Weinkeller ist bestens sortiert, auch mit erstklassigen württembergischen Gewächsen. Schließlich ist der Chef des Hauses Kenner und Fan guter Tropfen.
Sie sind jetzt fast 25 Jahre in der Gastronomie tätig, lernten aber einen ganz andersartigen handwerklichen Beruf. Wie kam es dazu?
Mit meinem Bruder Jürgen gab es schon einen Koch in der Familie. Mein Vater meinte, ich müsse etwas Bodenständiges lernen. Als mein Bruder den «Ochs» in Erlenbach übernahm, brauchte er Unterstützung und fragte mich, ob ich mithelfen könne. Das tat ich, aber nach drei Wochen hatte ich genug, weil wir auch am Wochenende und Abend schaffen mussten, während meine Kumpels sich vergnügten.
Aber es muss ja dann doch einen Sinneswandel gegeben haben …
Ich habe es nochmal versucht und auf meinen großen Bruder gehört, der meinte, ich müsse eine richtige Ausbildung zum Restaurantfachmann machen. Dann würde ich kapieren, was Gastronomie sein kann. So entschloss ich mich zu einem Praktikum und startete gleich ein halbes Jahr in «Brenners Parkhotel» in Baden-Baden, wo das Team teilweise im Anzug aufmarschierte und die Gäste im Smoking dinierten. Ich begann mit Wasser-Service am Tisch, konnte so nach und nach in verschiedene Bereiche reinschnuppern und hatte das Glück, dass mich der Sommelier des Hauses gezielt schulte. So lernte ich, dass Gastronomie insgesamt nicht nur Stress, sondern auch große Kunst sein kann. Mein zweites Praktikum machte ich in England. Hier war Wein ebenfalls ein wichtiges Thema. Sommelier war ein Franzose, der heute internationaler Flying Winemaker ist.
Welche Rolle spielt der Wein im «Ratskeller»?
Eine große! Ich habe dabei viel Respekt vor der Entwicklung im Ländle und den Genossenschaften, die erkannt haben, dass Erfolg nur mit Qualität machbar ist. Einige sind sogar überregional sehr gut unterwegs. Spontan fallen mir die Betriebe in Cleebronn und Dürrenzimmern ein.
Welche Meinung haben Sie zum Trollinger?
Mein Vater würde zwar sagen, der ist zu trocken, zu markant. Aber ich finde, dass unser Schwabenblut immer besser wird und sehr viele Facetten entwickelt.
Mögen Sie auch süße Weine?
Ja, wenn der Anlass passt und die kulinarische Begleitung stimmt. Ansonsten bin ich ein Liebhaber des feinherben Bereichs. Der macht unglaublich viel Spaß.
Sie haben selbst einen kleinen Weinberg. Wie das?
Den hat mein Vater vermacht, der dort früher Trollinger und Lemberger anbaute. Ich habe mich dann auf Lemberger konzentriert. Immer wenn ich etwas Zeit habe, bin ich in den Reben, oft mit Freunden, die mir beim Halbieren der Trauben helfen und sich auf eine Vesper hinterher freuen. Damit nichts schief geht bei meinem Wein, der «Eigener» heißt, habe ich einen Profi, der die wichtigsten Arbeiten überwacht. Gut ist der Wein. Einmal war ich schon beim Deutschen Rotweinpreis im Finale dabei.
Wie schaut der normale Tagesablauf ohne Pandemie aus?
Ich bin Frühaufsteher, lese am Morgen mehrere Medien und begnüge mich mit einem Kaffee. Um 9 Uhr bin ich im «Ratskeller», mache nötige Büroarbeiten, bin dann beim Mittagsservice im Restaurant, gönne mir nach 14.30 Uhr einen kurzen Mittagsschlaf und bin spätestens um 17.30 Uhr wieder bei den Gästen, dann bis 23 Uhr und auch länger. Das funktioniert, weil ich zwar in festen Händen bin, aber ansonsten familiär unabhängig.
Was speisen Sie selbst gern, was sind die Spezialitäten des Hauses?
Grundsätzlich sind wir schwäbisch ausgerichtet, auch bei den Preisen. Ich persönlich mag alles, was geschmort ist. Dazu gehören Rouladen, Ochsenschwanz, Ochsenbacke, Innereien wie Kalbsleber und Kalbsniere, natürlich Kutteln. Prinzipiell ist für uns wichtig, dass die Saucen schmecken und die Klassiker Kartoffelsalat und Spätzle die Gäste begeistern.
Gibt es Speisen, die Ihnen nicht auf den Tisch kommen?
So etwas wie Hamburger oder ein Big Mac zum Beispiel, das gibt es nur, wenn Notstand herrscht und ich nichts zum Essen habe. Auch Sushi ist nicht meine Welt.
Sind Sie selten oder oft Gast in anderen Häusern?
Oft sogar. Das ist für mich so etwas wie Pflicht einmal in der Woche, wenn das wieder reibungslos möglich ist. Sowas gehört zum Beruf und macht außerdem Spaß. Essen bei einem Kollegen oder einer Kollegin, das kann inspirieren. Und gelegentlich registriert man Fehler. Denn auch daraus kann man lernen. Es gibt sogar einen kleinen Freundeskreis von Kollegen, der sich immer wieder miteinander austauscht. Da ist sogar unser Zwei-Sterne-Koch Boris Rommel vom «Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe» dabei.
Können Sie sich einen Szenewechsel vorstellen?
Nein, ich denke, ich bleibe dem «Ratskeller» bis zum Rentenalter erhalten, und vielleicht noch länger, vielleicht dann in einer Partnerschaft. Aktuell wünsche ich mir, dass mein ungemein tüchtiges Team wieder richtig durchstarten und Gäste verwöhnen kann.