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Essig und Öl – Schätze aus der Region
Text: Marina Eger, Fotos: Daniel Schneider
Gibt es tatsächlich jemanden, der es nicht liebt, ein Stückchen Weißbrot mit hochwertigem Olivenöl zu beträufeln? Darauf ein paar feine Meersalz-Flocken ... herrlich! Doch es gibt so viel mehr als nur Olivenöl: extrem leckere regionale Öl- und Essig-Kreationen mit spannenden Entstehungsgeschichten.
Wer schon mal Bucheckern gesammelt hat, weiß ganz genau: Da ist Geduld gefragt. Die Früchte der Rotbuche sind gerade mal 1,5 Zentimeter groß. Wer kommt ernsthaft auf die Idee, daraus Öl zu pressen? Stefan Kerner von der Erlenbacher Ölmühle! Er erzeugt diese Rarität unter den Speiseölen. Auch wenn der Aufwand riesig ist. Und die Rotbuche nur alle drei bis sieben Jahre Bucheckern abwirft, die zum Ölpressen geeignet sind. Von den «Buchele» braucht er rund 25'000, also um die sieben Kilogramm, um einen Liter Bucheckern-Öl zu erzeugen. Vor dem Pressen werden die Bucheckern sorgfältig gereinigt und getrocknet. Das Ergebnis ist eine echte «Limited Edition» und nicht nur wegen des dezent nussigen Geschmacks der absolute Renner bei Gourmets. Das wertvolle Bucheckern-Öl enthält zudem jede Menge einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren.
Immerhin muss sich Stefan Kerner nicht mit Stacheln herumärgern, wie das bei der Erzeugung von Kaktusfeigen-Öl der Fall ist. Das wird aus winzigen Kaktusfeigen-Kernen kalt gepresst und für rund 600 Euro pro Liter verkauft. Nicht ohne Grund. Das teuerste Öl der Welt enthält eine Vielzahl an essenziellen Fettsäuren, von denen 85 Prozent ungesättigt und deshalb besonders gut für den menschlichen Organismus sind.
Ich werde trotzdem meinem griechischen Lieblingsolivenöl nicht ganz untreu. Werde aber je nach Gericht künftig auch die regional erzeugten Öle ergänzen. Die sind nicht nur geschmacklich ein Hit, ich weiß genau, wie das Öl und die Rohstoffe erzeugt wurden. Und ja, auch das «einfache» regionale Rapsöl hat mich geschmacklich überzeugt.
Auch in hochwertigen Essig kann man richtig viel Geld investieren. Vor allem in lange gereiften italienischen Balsamico aus Modena. Dieser besticht durch einen unverwechselbaren süß-sauren Geschmack und hat mit dem schnell industriell hergestellten Supermarkt-Balsamico nicht wirklich was gemeinsam. Schließlich muss ein echter Aceto Balsamico Tradizionale mindestens zwölf Jahre lang im Fass reifen. Nach 25 Jahren darf er die Bezeichnung «extra vecchio« tragen – und überzeugt mit seiner hohen Aromadichte.
Wer Essig liebt, muss nicht nach Modena fahren. In Cannstatt lagert Essig-Bauer Marc Boehringer teilweise schon 25 Jahre alte Essig-Schätze. Handgepflückte Äpfel aus der Region sorgen für den unverwechselbaren Geschmack. Genau wie besondere Fässer, in denen vorher Spitzenweine oder besondere Whiskey-Sorten reifen durften. Natur pur– ganz ohne Zusatzstoffe, ein Genuss für jeden Gourmet!
Tipp 1
Genuss durch Generationen
Wenn zwei Generationen aufeinandertreffen, kann es auch mal heiß hergehen. In der Küche von «Mayer’s Waldhorn» ist davon nichts zu merken. Vater Gerhard Mayer prüft zufrieden den Garpunkt des perfekt rosa gebratenen Lammkarrees. Und richtet den Teller zusammen mit den Variationen von der jungen Möhre genau so an, wie Tochter Victoria es vorgeschlagen hat. Noch ein gezielt platzierter Klecks von dem sämigen Balsamico-Jus, ein bisschen knuspriges Karotten-Stroh, dann ist das Werk vollendet. Vater und Tochter sind zufrieden, schließlich ist dieses Gericht gemeinsam entstanden. Man spürt den gegenseitigen Respekt voreinander. Und dass dieser Generationswechsel gut klappen wird. Während Victoria in München erst eine Ausbildung beim Feinkost-Gott Käfer machte und nachfolgend ein BWL-Studium am Bodensee absolvierte, hat Vater Gerhard Mayer DIE Adresse für feine Gastronomie zwischen Reutlingen und Tübingen aufgebaut. Davor hat auch er die Welt kulinarisch erkundet und in der Schweiz sogar schon Charlie Chaplin bekocht.
Lecker!
Richtig innovativ geht es bei «Mayer's Waldhorn» auch auf der Getränke-Karte zu. Gastgeberin Isabel Jackmann Mayer kredenzt ihren Gästen nicht nur perfekt passende Weine – richtig gefragt ist ihre Aperitif-Essig-Auswahl. Die fein aromatisierten Wein-Essige mit maximal drei Prozent Säure kommen bei ihren Gästen richtig gut an – und machen als Aperitif Lust auf das Essen!
In Kusterdingen-Mähringen lieben die Gäste vor allem seine Klassiker, aber auch die modernen Kreationen. Richtig up to date läuft auch die Kommunikation ab, seit Tochter Victoria ins Unternehmen eingestiegen ist. Sie bietet auf Instagram spannende Einblicke hinter die Kulissen von «Mayer’s Waldhorn». Und erreicht hier ganz neue Zielgruppen, die im Sommer dann auch in der neuen Außenoase Gerhard Mayers Kreationen genießen können ... Wann das soweit ist? Wird natürlich auf Instagram verkündet.
Mehr Infos:
www.mayers-waldhorn.de
» Alle Rezepte im Wein Heimat-Blog
Der passende Wein
Lembergerland Kellerei Rosswag eG, Vaihingen-Rosswag
401 Rosé trocken, 2019
Dieser Rosé überrascht durch seine würzige Leichtigkeit und spiegelt die Sonnenseite der terrassierten Steillage wider.
Preis: 6,90 Euro | www.lembergerland-shop.de
Tipp 2
Gourmet-Essig aus Bad Cannstatt
Als die Urgroßeltern von Marc Boehringer vor rund 120 Jahren geheiratet haben, wussten sie noch nicht, dass sie an diesem Tag die Zukunft ihres Urenkels beeinflussen würden. Am Hochzeitstag haben sie traditionell eine Essigkultur angesetzt. Die damals entstandene Kultur gibt es noch heute – sie wurde über Generationen geteilt. Um die gallertartige Masse aus Essigsäurebakterien zu sichten, muss man sich tief unter die Cannstatter Erde begeben. Hier reifen im optimalen Klima teilweise schon 25 Jahre lang besondere Aperitif-Essig-Kreationen in ganz unterschiedlichen und sehr raren Barrique-Fässern.
Lecker!
Wie macht man aus einem besonderen Apfel-Essig ein Gourmet-Highlight? Marc Boehringer und Frank Schäfer verfeinern ihn mit erstklassigen Gewürzen und Früchten. Produkte von allerbester Qualität, möglichst aus der Region. Da werden auch mal Kiwis und Khakis auf dem Schmiedener Feld angebaut, um Gourmets aus aller Welt zu begeistern, die auf SPHÄRENKLÄNGE als Geschmacksunterstützer nicht mehr verzichten wollen.
Alle Äpfel für die Kreationen der GOURMERIE stammen von Streuobstwiesen rund um Cannstatt. Schon beim Pflücken sortiert Marc knallhart aus. Denn nur die besten Äpfel von alten Hochstamm-Sorten sind gut genug. Gepresst wird direkt nach der Ernte mit einer Bandpresse. Die Fermentation findet im Fass nach dem traditionellen Orléans-Verfahren statt. Neben Geduld braucht man als Essig-Bauer gute Nerven. Die hat der ehemalige Investmentbanker Marc. Ebenso wie sein Partner Frank Schäfer. Er hat sich der Leidenschaft Gewürze verschrieben. Wenn er nicht gerade seltene Pfeffersorten entdeckt und importiert, veredelt er nach acht Jahren Reifezeit mit Marc die Aperitif-Essige mit feinsten Zutaten. Daraus werden die Stuttgarter SPHÄRENKLÄNGE. Dabei genügt oftmals ein Sprühstoß, um aus einem besonderen Gericht das absolute kulinarische Highlight zu machen. Essig made in Bad Cannstatt – eine echte Rarität für Feinschmecker aus aller Welt.
Mehr Infos:
www.einfach-essig.com
» Zum «Tatar vom Saibling» Rezept
Der passende Wein
Weinfactum Bad Cannstatt
Riesling** trocken, 2019
Ein Riesling mit Charakter! Ausgeprägte Fruchtaromatik mit einer knackig, frischen Säure macht den auf der Vollhefe gelagerten Riesling mit Citrus- und Apfelaromen komplett. Schön gekühlt ein wahrer Genuss.
Preis: 9,90 Euro | www.weinfactum.de
Tipp 3
Feinstes Öl – made in Erlenbach
Wenn Stefan Kerners Familie morgens das Müsli zusammenmixt, ist klar: Das wird lecker. Und gesund. Schließlich wird die Frühstückskreation mit einem großzügigen Esslöffel Leinöl gekrönt. Dieses flüssige Superfood enthält richtig viele wichtige Omega-3-Fettsäuren und verfeinert geschmacklich jedes Müsli.
Wie gut, dass Familie Kerner keinerlei Öl-Beschaffungsprobleme zu befürchten hat. Schließlich wird das Öl in der hauseigenen Öl-Mühle nur wenige Meter vom Frühstückstisch entfernt schonend kalt gepresst.
Lecker!
Skandal in Erlenbach? Wächst da tatsächlich Hanf? Na klar, denn schließlich presst Stefan Kerner aus der Hanf-Saat feinstes Öl. Das ist eines der gesündesten Öle überhaupt, weil es das beste Fettsäure-Muster aller Speiseöle enthält. Und dass auch gesundes Öl richtig lecker schmecken kann, wissen viele Spitzenköche, die mit dem kostbaren Hanf-Öl vor allem Salat-Kreationen verfeinern ...
Seit 2006 hat Stefan Kerner den landwirtschaftlichen Familien-Betrieb um eine Ölmühle erweitert. Nach dem Studium der Agrarwirtschaft war für ihn klar: Der Anbau eigener Saaten auf über 30 Hektar Land und die selbständige Verarbeitung zu hochwertigen Ölen sind die Zukunft. Mittlerweile hat die Erlenbacher Ölmühle acht verschiedene kaltgepresste Öl-Sorten im Angebot, die über den Onlineshop und im Hofladen verkauft werden.
Ein besonderes Highlight im Sortiment ist definitiv das Walnussöl – für Stefan Kerner die «Königin» unter den Nussölen. Für dieses besondere Öl wird kein Aufwand gescheut. Nuss für Nuss werden die Walnüsse aus der Region im Rahmen von Arbeitstherapien umliegender Einrichtungen von Hand geknackt und sortiert. In der Erlenbacher Ölmühle wird daraus Walnussöl gepresst. Das verfeinert mit seinem feinen Aroma im Frühjahr vor allem Spargel-Gerichte. Stefan Kerner hat zum Glück auch dafür den passenden Wein im Keller: Schließlich gehören zum Hof auch jede Menge Weinberge!
Infos & Onlineshop:
www.erlenbacheroelmuehle.de
» Zum «Spargelsalt mit Walnüssen» Rezept
Der passende Wein
Genossenschaftskellerei Heilbronn eG
Kerner JUSTINUS K. QbA trocken, 2019
Kraftvoll, ausdrucksvolle Frucht, sauber eingebundene Säure mit einem leicht unterstützenden Muskatton.
Preis: 7,90 Euro | www.wg-heilbronn-shop.de