Drei Weinmacher

I tre tenori

Fotos: gettyimages / selimaksan, z.V.g., Mauro Puccini

Drei Weinmacher, die das Bild des toskanischen Weines in den vergangenen zwei Jahrzehnten geprägt haben, stehen dieses Mal im Fokus: Einertrug massgeblich zum Erfolg der Wein-Ikone Masseto bei, der zweite steht wie kaum ein anderer für die Weine Antinoris und der dritte ist dertoskanische Flying Winemaker schlechthin, der inzwischen auch Topweine unter eigenem Namen kreiert.

Axel Heinz

Adieu Herr Masseto

Axel Heinz trat in grosse Fussstapfen: Lodovico Antinori erfand einst Ornellaia und Masseto, später waren es Mondavi und schliesslich die Marchesi Frescobaldi, die beide Kultweine produzierten. Aber seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte der Masseto ohne Zweifel unter dem Weinmacher Axel Heinz.

Aber die vergangenen 17 Jahre wurden von Axel Heinz geprägt, dem Önologen, der 2005 nach dem Studium in Bordeaux an die toskanische Küste kam. Und das nicht ohne Grund: Bordeaux war seit den Tagen, als Ende der 1960er Jahre der Sassicaia entstand, die Blaupause für die Weine dieses gerade mal 13 Kilometer langen Stücks toskanischer Küste. Axel Heinz wurde Direktor der Tenuta dell’Ornellaia und später auch des eigens für den Wein geschaffenen Gutes Masseto. Nicht nur das: Er wurde zum Mr. Masseto (mehr noch als Mr. Ornellaia), war der wichtigste Botschafter dieses Kultweines. Mit der Loslösung des Masseto aus dem Ornellaia-Sortiment im Jahr 2019 und dem Bau einer eigenen Kellerei für den berühmtesten Merlot Italiens war sein Meisterstück perfekt. Bis im heurigen Frühsommer seine Karriere eine andere Wendung nahm: Er verliess die Toskana und übernahm die Weinmacherposition auf Château Lascombes in Margaux.

Aber Axel Heinz blickt mit Genugtuung auf seine Zeit in Bolgheri zurück: «Ich hatte die Gelegenheit, ein unglaubliches Erbe an Weinbergen und zwei hochmodernen Kellern zu verwalten», sagt er, «was es uns ermöglichte, die Früchte eines Terroirs abzufüllen, das mediterrane Eleganz auf höchstem Niveau zum Ausdruck bringt.» Aber nun sei es allerdings «an der Zeit, nach Frankreich zurückzukehren. Bolgheri, Ornellaia und Masseto werden stets in meinem Herzen bleiben, und Italien ist nach all den Jahren meine dritte Heimat geworden, nach Deutschland, wo ich geboren wurde, und Frankreich, wo ich den grössten Teil meines Lebens verbracht habe. Es war mir eine sehr grosse Ehre, im Laufe der Jahre zum Erfolg von Ornellaia und Masseto beizutragen und es ist mir wichtig, Giovanni Geddes und der Familie Frescobaldi für diese wertvolle Zeit zu danken.»

Die Weinherstellung bei Masseto sei «stets ein Abenteuer und gleichzeitig eine ewige Entdeckungsreise» gewesen, hat er einmal gesagt: Es sei ein Ort, an dem die Intuition alles ist, wo niemand an den Erfolg des fragilen Merlots geglaubt hätte, obwohl der blaue Lehm des Pliozäns ein Anhaltspunkt gewesen wäre: «Das verblüffende Ergebnis dieses Experiments liess uns schnell erkennen, dass der Wein für sich allein stehen muss, mit diesem unverwechselbar starken Charakter, der ihm schon seit der ersten Ernte im Jahr 1986 ganz eigen war. Eine Kombination aus üppiger Reife und nobler Konzentration, deren Komplexität und Frische auf überraschende Weise erhalten bleiben. Die Herstellung des Masseto ist ein Balanceakt, bei dem man wie auf einem Hochseil ständig am Rande des Abgrunds wandelt.»


Axel Heinz

Önologe, in Deutschland geboren,in Bordeaux ausgebildet

Weingüter: Ornellaia, Masseto (beide bis 2023), Château Lascombes

Topweine: Ornellaia, Masseto


 

Carlo Ferrini

Toscana DOC

Carlo Ferrini ist ein autochthoner Toscano DOC oder besser noch: Fiorentino DOC. In seiner Heimatstadt Florenz wohnt er auch – mit Terrassenblick auf den Arno. Seine Weine produziert er allerdings im Rest Italiens, wo er seit Jahrzehnten als Flying Winemaker tätig ist.

Wenn auch sein Schwerpunkt in der Toskana liegt: Von der Tenuta di Ghizzano über Castello di Brolio bis zu Talenti in Montalcino reicht die Palette der von Carlo beratenen Güter. Viele zählt der renommierte Önologe seit Jahrzehnten zu seinen Freunden, und das nicht ohne Grund: Sie sind unisono der Meinung, dass Carlo den Weinen nicht seinen Stempel aufdrückt, sondern das Terroir sprechen lässt. Das hat er unter anderem auch auf Castello di Brolio bewiesen: Dort hat er die Ergebnisse der Zonation der Sangiovese in einer engen Kooperation mit dem Besitzer Francesco Ricasoli zu einer exzellenten Selektion verschiedener Chianti Classico Gran Selezione gemeisselt. Dieser Gout de Terroir ist ihm auch in seinem eigenen Betrieb sehr wichtig, in dem er Eigentümer, Önologe und Marketingmann in einem ist: Podere Giodo im Süden von Montalcino bei Castelnuovo dell’Abate.

Vor ein paar Jahren erst hat er dort einen modernen Keller fertiggestellt, von dessen Terrasse der Blick weit über das Orciatal zum Monte Amiata reicht. Damit hat sich der Weinmacher einen Traum verwirklicht, den nicht nur Önologen träumen: einen eigenen Weinberg zu besitzen. Und das im Herzen eines der wichtigsten Anbaugebiete der Sangiovese, der Traube, die ihn sein Leben lang begleitet hat, seit er einst im Konsortium Chianti Classico arbeitete. Sangiovese steht auch sehr oft im Mittelpunkt der Güter, die er berät. In erster Linie natürlich der toskanischen und da gibt es kaum eine Anbauzone, in der er nicht bereits Erfahrungen gesammelt hat.

Der Name seines Gutes Giodo ist eine Hommage an seine Eltern Giovanna und Donatello. Ein Hektar war 2002 das erste Puzzleteil des Gutes, und mit der Bepflanzung zweier angrenzender Parzellen wurden daraus zweieinhalb. Carlo Ferrini : «Allesamt mit mittelschweren, gesteinsreichen Böden – ein Rohdiamant, der nur bearbeitet werden musste, um zum Weinberg zu werden.» 

Carlo und seine Tochter Bianca produzieren in der modernen Kellerei dabei möglichst schonend und nachhaltig. Das Ergebnis sind der Brunello di Montalcino Giodo und ein Toscana IGT namens Quinta (weil seine Trauben vom fünftgepflanzten Rebberg stammen). Und natürlich nicht zu vergessen – vom Ferrini-Weingut am Ätna – ein feinziselierter Bianco aus Carricante und ein edler Rosso aus Nerello Mascalese unter dem Namen Alberelli (so heissen die traditionellen Buschbäumchen des Mittelmeerraumes, auf denen die Trauben gezogen werden).

Nach getaner Arbeit fährt er dann aber meist zurück nach Florenz: Die Stadt am Arno ist sein Lebensmittelpunkt. Und wer kann sich schon auf der eigenen Terrasse am Arno erholen – natürlich mit Blick auf den Ponte Vecchio?


Carlo Ferrini

Jahrgang 1954, ausgebildeter Önologe

Weingüter: Podere Giodo, Castello di Brolio, Tenuta di Ghizzano

Weine: Brunello di Montalcino Giodo, ­Casalferro, Veneroso


 

Renzo Cotarella

Einer für Antinori

Selten ist die Beziehung eines Weinmachers so eng mit dem Eigentümer einer Kellerei verknüpft wie im Falle von Renzo Cotarella mit Marchese Piero Antinori. Aus dieser fruchtbringenden Verbindung entstanden einige der besten Weine der Toskana.

Renzo Cotarella wurde 1954 in Castel Vis­cardo in der umbrischen Provinz Terni geboren und war zunächst als Agronom tätig. Nach Abschluss seines Studiums der Agrarwissenschaften an der Universität Perugia wurde er bereits mit 23 Jahren Direktor des Konsortiums zum Schutz der Orvieto-Weine, eine Funktion, die er bis 1981 innehatte.

Seine Karriere bei Antinori begann auf Castello della Sala, dem umbrischen Weingut der Marchesi Antinori, er übernahm aber bald die Rolle des Chefönologen für alle Antinori-Güter. 2005 wurde er CEO von Marchesi Antinori Spa, und noch heute ist er als Generaldirektor und Önologe aller Weingüter tätig (alleine in der Toskana werden rund 1750 Hektar Rebfläche bewirtschaftet). Renzo ist somit für alle grossen Weine des Hauses Antinori mitverantwortlich: Tignanello, Solaia, aber auch die Chianti-Classico-Weine, Vino Nobile, Brunello di Montalcino, die Maremma und die Weine von Bolgheri – um nur die Weine der Besitzungen in der Toskana zu nennen.

Auf dem Gut Guado al Tasso bei Bolgheri frönt er auch seinem Hobby, der Jagd. Eng ist seine Beziehung zu seinem Bruder Riccardo, einem der bekanntesten Flying Winemaker Italiens und Präsident von Assoenologi, dem italienischen Önologenverband. Beruflich gehen die beiden allerdings getrennte Wege, die sich nur am Familienweingut Falesco in Umbrien beziehungsweise in der familieneigenen Brunello-Kellerei Le Macioche in Montalcino treffen. «Wenn auch kein Tag vergeht, an dem wir uns nicht mindestens zwei-, dreimal hören», erzählt Riccardo. Das gemeinsame Weingut Falesco schweisst natürlich zusammen: Aus einem speziellen Merlot-Klon schufen sie dort den Montiano, einen Meilenstein für diese Rebsorte in Italien. 1999 wurden darüber hinaus 260 Hektar rund um das Gut Marciliano bei Montecchio in Umbrien erworben, wo auch die heutige Kellerei errichtet wurde. Und unter dem Namen Famiglia Cotarella wird auch seit 2016 auf Le Macioche in Montalcino Wein produziert. Die Idee dahinter war natürlich, für die nächste Generation der Familie vorzusorgen – das sind die Töchter von Renzo und Riccardo: Dominga, Marta und Enrica. 

Auch für Marchese Piero Antinori ist Renzo Cotarella eine Säule des Unternehmens: Als er Antinori in eine Stiftung umgewandelt hat, übertrug er Renzo die Kontrolle. Mit dem modernen Weingut Antinoris in Barcino ist erst 2012 ein Aushängeschild für das Chianti Classico entstanden. Ganz zu schweigen von Weingütern in Montalcino, Montepulciano, der Maremma, Umbrien, der Lombardei, Apulien oder sogar Napa Valley.


Renzo Cotarella

1954 in Umbrien geboren, Agronom und Önologe

Weingut: Chefönologe und CEO von Antinori, gemeinsam mit seinen Bruder Riccardo Cotarella Gründer von Falesco

Weine: Tignanello, Solaia, Cervaro della Sala