Host scho was gess'n? • Dossier Österreich 2022
Reisen und Genuss in Österreich
Text: Eva Maria Dülligen, Fotos: Hans Schubert, Cathrine Stukhard, Herbert Lehmann, Sabine Jackson, Bjørn Willerth z.V.g.
Jeder Wiener hat ein zweites Wohnzimmer. Seinen Mokka nimmt er nämlich gern in altwienerischen Kaffeehäusern – mitunter bis es dämmert. Auch dem Veltliner oder dem Gemischten Satz ist er nicht abgetan und einem saftigen Grammelknödel schon gar nicht. Hier kommen Wiens beste Wein-, Schlemmer- und Schlafadressen.
Weingut Mayer am Pfarrplatz
Zur Rechten der Wiener Wald, links unten die Donau und zum Greifen nah der Stephansdom: So schaut’s aus, wenn man von der Ried Preussen blickt, hoch über der einzigen Hauptstadt der Welt, die unter Reben steht. Hier, in einer von 140 exakt abgegrenzten Rieden Wiens, gedeihen Gewürztraminer, Riesling und Traminer auf konzentriertem Muschelkalk für den Gemischten Satz von Mayer am Pfarrplatz. Im Glas verströmt der 2019er Jasminblüten- und Bittermandelduft. Würze vom Grünen Veltliner und Säurebogen vom Riesling finden sich im Gemischten Satz vom Nussberg DAC: unser Favorit von Mayer am Pfarrplatz!
www.weingut-mayer-am-pfarrplatz.at
Wiener Gästezimmer
Im ersten Stock der Wiener Essigbrauerei hat Ernst Gegenbauer ehemalige Kabinett-Wohnungen in Gästezimmer umgestalten lassen, für die er angeblich fünf Architekten verschlissen hat. An Cidre, Bier, Kaffee und Lebensmitteln aus eigener Herstellung können die Gäste sich bedienen und im Ambiente-Mix aus Industriecharme und Landleben geniessen: Betten aus Lärchenholz, Waschbecken aus Wiener Emaille, hängende Duschen, weder PC noch TV. Innenpool und Sauna sind für alle zugänglich.
www.gegenbauer.at
Steirereck im Stadtpark
Dass das «Steirereck» im Herzen von Wien und nicht in der österreichischen Provinz liegt, beschert der zweifach Michelin-besternten und vierfach «Gault&Millau»-behaubteten Institution eine internationale Klientel. Maître Heinz Reitbauer weiss die globetrottenden Feinschmecker mit kulinarischen Glanznummern lückenlos zu beglücken: Vom Alb-Saibling, dessen Beilagen sich aus Heidelbeere, Birke und Walnussblatt rekrutieren und der mit einer 2018er Weisswein-Cuvée aus dem Burgenland serviert wird – die cremige Textur des Chardonnays umschmeichelt die maritimen Nuancen im Lachsgericht –, bis zum affinierten Käse der hauseigenen Meierei zur 2006er Auslese von Loimer.
www.steirereck.at
Winzer Fritz Wieninger
«Wir sind eh schon biodynamisch, aber wir könnten mehr Viecher in unsere Weingärten holen», sagt Fritz Wieninger, einer der international bekanntesten Wiener Winzer. So kokettiert er damit, ein paar Zwergschafe der Rasse Ouessont zum Düngen in den Rieden grasen zu lassen. Seine Rebgärten in den Rieden Nussberg, Ulm und Falkenberg bringen mit ihren kalkreichen Böden leichte Meersalznoten, mediterrane Würze, Zitrusfruchtaspekte und ätherische Nuancen in die DAC Gemischten Sätze. Die verkauft der 56-jährige Pionier der Wiener Spezialität und Mitgründer von WienWein, der sechsköpfigen Winzerspeerspitze der Region, bis nach Südkorea, Japan oder in die USA.
www.wieninger.at
Buschenschank in Residence
Abgesehen davon, dass die ehemalige Designerin aus dem Burgenland richtig guten Wein aus den Wiener Weingärten herausholt, tischt sie den auch noch in ihrem Heurigen auf. «Wir planen Ende Mai aufzusperren, und zwar pünktlich zur VieVinum», so Jutta Ambrositsch. Und wenn’s einmal ausg’steckt ist im 19. Bezirk, jagt eine Jause die nächste, kommen zum rosmarinduftenden Gemischten Satz Ringelspiel, aus einer einzelnen Parzelle, Presswurst und Plinsen. Das Wiener Publikum hat den Gemischten Satz im Blut und kann sich ein Heurigenmahl ohne ihn partout nicht vorstellen. Wir auch nicht.
www.jutta-ambrositsch.at
Weingärtnerei Peter Uhler
Heuer war schmerzhaft, da is er fuffz’g g’woarn, der Peter Uhler, seines Zeichens Primgeiger beim ORF-Sinfonie-Orchester und Bio-Winzer. Geschafft hat er immerhin einiges in diesem halben Jahrhundert. Ein Vierteljahrhundert ist es her, da hat er seinen ersten Weingarten gepachtet, ganze 0,2 Hektar, der ist ihm mehr so in den Schoss gefallen, lag direkt gegenüber von seinem Haus. Mittlerweile ist seine Rebfläche auf drei Hektar angewachsen, mit Weingärten rechts und links der Donau. Goldglänzend sein 2020er Grüner Veltliner aus dem Ried Reisenberg mit Frühlingswiesenduft und Samtteppichtextur. Hellgolden sein Gemischter Satz aus dem Nussberg, verhalten im Duft, aber umso eleganter am Gaumen. Im Sommer stellt er Tische in den Weinberg. Dann gibt es Heurigenbuffets, kalten Schweinebraten, Grammelschmalz, Uhlers edle Tropfen und, wenn man Glück hat, Schrammelmusik vom Biowein-Geiger.
www.weinuhler.at
Vinodea
Hundert Weine von insgesamt 40 Winzerinnen finden sich bei Vinodea – zusammengesetzt aus den lateinischen Wörtern für Wein und Göttin. Die Schweizerin Madlaina Sladecek wollte, dass vor allem junge unbekannte Weinmacherinnen eine Plattform bekommen. Die Frauenweine kommen ausschliesslich aus Österreich, von Tirol bis ins Burgenland. Es finden regelmässig Verkostungen statt, die Besitzerin Madlaina gern mit Live-Musik untermalt: Sie ist gelernte Geigerin.
www.vinodea-weinhandlung.at
Restaurant Ludwig Van
Historisches Biedermeier im 6. Bezirk gefällig? Nicht nur das Odeur von Beethoven, der hier einige Monate verweilte, scheint verströmt: Das Weinkonzept im «Ludwig Van» ist ähnlich genial wie der Meister der Klassik es war. Hier wird nachgeschenkt, solange der Gast einen Gang isst. Mit diesem «All you can drink» in stilvoller Manier hat Weinprofi und Geschäftsführer Oliver Jauk zu Kreativkost wie Pulpo mit Roggenbrot und Grammel, Kaninchen-Niere in Polenta oder Secreto vom Ötscherblickschwein 65 Weinpositionen, die allesamt glasweise geordert werden dürfen: «Wir sind net zu fei’, auch teure Flaschn aufz’machn, wenn’s passt.» Das Bistrowirtshaus auf Drei-Hauben-Niveau nimmt den Gast mit, hier will ihm keiner mit einem Naturalwine beim ersten Gang vor den Kopf hauen. Die flexible Weinbegleitung für 29 Euro zum Vier-Gänge-Menü garantiert eine gelungene Genuss-Sinfonie im «Ludwig Van».
www.ludwigvan.wien
Hengl Hasenbrunner
Im Stadtheurigen «Hengl Hasenbrunner» geht musikalisch die Post ab. Interpreten des Wienerlieds alias Soyka Stirner verströmen ein Stück Melancholie der «Wödstadt» zu Wiener Wein der eigenen Rieden, etwa dem hochdekorierten Nussberg. Brettl-Jausen kann man vor oder nach dem musikalischen Hochgenuss verzehren. Wenn aufg’spielt wird, bitte nur trinken.
www.hengl-haselbrunner.at
Café Jelinek
An alle Kaffee-Besessenen: Verpasst nicht, dieses entzückende Wiener Café zu frequentieren, in einer Stadt, dessen Kaffeehaus-Kultur von der UNESCO zum immateriellen Weltkulturerbe geadelt wurde. Ganze 15 verschiedene Varianten – vom Mokka bis zum Fiaker – aus reinsortigen Bohnen einer privaten Rösterei werden angeboten.
www.cafejelinek.steman.at
Boutique-Hotel Altstadt Vienna
Wer wohnen will wie waschechte Wiener, checkt hier ein. Hinter der Gründerzeit-Fassade im siebten Bezirk wohnen bis heute Wiener zur Miete. Die restlichen 58 Zimmer und Suiten sind internationalen Gästen vorbehalten, die es speziell mögen: Egg-Chairs, barocke Tapeten, 50er-Jahre-Aktfotografie und Wiener Zinshausböden sind einige der Raum-Accessoires.
www.altstadt.at
Glacis
Das beste Wiener Schnitzel in der gleichnamigen Metropole auf den Teller zu bekommen, ist kein leichtes Unterfangen. Wir haben die Schnitzel-Goldmedaille ans «Glacis» – zwischen Volkstheater und Museumsquartier – vergeben. Nicht nur ob der Qualität dieser brettdünnen Kalbsfleisch-Sensation. Die Wein-Offerten umspannen die gesamte Republik, vom Burgenland bis Wien.
www.glacisbeisl.at
Vinothek & Weinbar Eulennest
Nicht weit von der Wiener Staatsoper liegt diese Vinothek, die auch gleich als Weinbar dient. So kann man nach Mozarts «Zauberflöte » aus einem Sortiment mit Herzblut wählen. 500 Positionen aus Österreich und dem Rest der Welt haben Imogen und Stephan Friedenreich zusammengestellt, 20 davon kann man sich glasweise gönnen. Als Grundlage gibt es Schmankerl in Form spanischer Tapas und fein zubereiteter Pastagerichte.
www.eulennest.at
Weingut Jutta Ambrositsch
Als ehemalige Designerin aus dem Burgenland hat sich Jutta Ambrositsch zu einer respektablen Winzerin der Wiener Wine-Community gemausert. Ihre Gemischten Sätze aus den Vorzeigerieden rechts und links der Donau verkauft sie mittlerweile bis nach New York. Da der Wiener diese Spezialität am liebsten selbst bechert, schenkt Jutta sie auch in ihrem Heurigen aus.
www.jutta-ambrositsch.at